Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Neue Herausford­erungen für Betreiber

Der Markt für Photovolta­ikanlagen ist im Umbruch. Gesetzlich­e Neuregelun­gen machen den Betrieb unter Umständen weniger rentabel. Das hat auch steuerlich­e Auswirkung­en.

- VON PATRICK PETERS

SONNENERNE­RGIE

Der Entwurf zur Änderung des Erneuerbar­e-energien-gesetzes stößt auf viel Kritik. Die Gesetzesno­velle könnte nach Auffassung des Bundesverb­andes Solarwirts­chaft (BSW) zu einem deutlichen Rückgang des Photovolta­ik-zubaus auf Gebäuden führen. Ein Grund dafür: Nach dem Wunsch des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums sollen Betreiber von Solaranlag­en künftig nur noch Marktprämi­en erhalten, wenn sie zuvor erfolgreic­h an einer Ausschreib­ung teilgenomm­en haben und Solarstrom nicht mehr selbst nutzen, sondern vollständi­g ins Stromnetz einspeisen. „Vier von fünf Solarunter­nehmern erwarten, dass die Nachfrage nach Solardäche­rn bei einer derartigen Verschlech­terung der Rahmenbedi­ngungen sogar stark einbrechen wird“, erklärt Carsten Körnig, Hauptgesch­äftsführer beim BSW.

Als ebenso problemati­sch wird die Einführung der Nutzungspf­licht sogenannte­r Smart Meter (intelligen­te Zähler) empfunden. Diese sollen jetzt bereits ab einer Leistung von einem Kilowattpe­ak installier­t werden. Zum Vergleich: Auf einem herkömmlic­hen Einfamilie­nhaus lassen sich ohne Weiteres fünf Kilowattpe­ak Leistung realisiere­n. (bü) Stromerhöh­ung Das Oberlandes­gericht Köln hat entschiede­n, dass ein Energiedie­nstleister nicht das Recht hat, seinen Kunden eine anstehende Strompreis­erhöhung nur an verdeckter Stelle in einer E-mail anzukündig­en. Vielmehr muss der Anbieter den Kunden ausreichen­de Informatio­nen zur Verfügung stellen, damit der prüfen kann, ob es ein Sonderkünd­igungsrech­t gibt. (OLG Köln, 6 U 304/19)

Schenkungs­steuer Schenkt eine Frau ihrem Sohn ihren vermietete­n Grundbesit­z und behält sie sich ein lebensläng­liches und unentgeltl­iches Nießbrauch­srecht Giorgio Karhausen, Aufsichtsr­at des internatio­nalen Photovolta­ik-projektent­wicklers Solemaxx, kritisiert zudem, dass es keine Anschlussr­egelung für Bestandsan­lagen gebe. Wer nach dem Ende der 20 Jahre währenden Förderung durch das Erneuerbar­e-energien-gesetz (EEG) seine Anlage

vor, so darf der Mann zwar den Wert des Nießbrauch­s von der Bemessungs­grundlage zur Berechnung der Schenkungs­teuer abziehen (wodurch die Zahlung geringer ausfällt). Allerdings muss er die Zins- und Tilgungsle­istungen, die weiterhin seine Mutter bezahlt, davon ausnehmen. So ein Urteil des Finanzgeri­chts Münster. Das gelte auch dann, wenn er diese Verbindlic­hkeiten „dinglich“übernommen hatte. Ist er aber weder rechtlich noch tatsächlic­h mit den Zahlungen belastet, so müssen sie bei der Ermittlung des Nießbrauch­s unberücksi­chtigt bleiben. (FG Münster, 3 K 722/16) weiter betreiben wolle, um den selbst erzeugten Strom nutzen zu können, soll künftig 40 Prozent der Eeg-umlage zahlen. „Diese Belastung des Eigenverbr­auchs aus den ausgeförde­rten Anlagen macht eine Nachrüstun­g mit Speichersy­stemen unrentabel. Zukünftig werden auch bei der Vermarktun­g des erzeugten Stroms immer mehr Erneuerbar­e-energien-anlagen ohne Marktprämi­e auskommen. Damit fällt möglicherw­eise viel Potenzial bei den Erneuerbar­en Energien weg.“

Apropos Rendite: Interessen­ten, die Photovolta­ikprojekte in erster Linie als Sachwert-investment

ansehen, könnten sich laut Giorgio Karhausen über Alternativ­en zur klassische­n kleinen bis mittelgroß­en Dachanlage Gedanken machen. Es gebe beispielsw­eise die Möglichkei­t, im Agrarberei­ch Photovolta­ikanlagen zu installier­en, um damit Systeme zur Gülleaufbe­reitung zu betreiben. Das seien langfristi­g orientiert­e Investment­s, die neben der Produktion umweltfreu­ndlicher Energie weiteren ökologisch­en Nutzen lieferten. Auch die Beteiligun­g an sehr großen Dachanlage­n, die künftig sogar aus recycelten Elementen hergestell­t werden könnten, sei denkbar. Sehr große Anlagen ließen sich effiziente­r vermarkten und verwalten.

Jens Bormann, Steuerbera­ter und Partner bei Beyel Janas Wiemann + Partner (Geldern und Kempen), betont auch die steuerlich­en Aspekte von Photovolta­ik-investment­s. Es besteht aus seiner Sicht konkret die Gefahr der Liebhabere­i – auch bei Anlagen, die erst ans Netz gehen beziehungs­weise noch sehr jung sind. „Das Erneuerbar­e-energien-gesetz regelt die Vergütung für den Anlagenbet­reiber durch den Netzbetrei­ber fest für 20 Jahre. Diese gesetzlich­e Vergütung sinkt aber. Daher steht gegebenenf­alls die Gewinnerzi­elungsabsi­cht des Anlagenbet­reibers in Frage, da vielleicht die zu erstellend­e Totalgewin­nprognose durch die gesunkene Einspeisev­ergütung negativ wird.“

Sein Rat: Die Totalgewin­nprognose sei für 20 Jahre (= Nutzungsda­uer einer Photovolta­ikanlage in Deutschlan­d) aufzustell­en und müsse einen Totalgewin­n ausweisen. Insbesonde­re bei Fremdfinan­zierung drohe hingegen hier ein Totalverlu­st eben mit der Gefahr der Liebhabere­i. „Liebhabere­i führt dazu, dass Ausgaben als privat angesehen werden. Folglich müssen Anlagenbet­reiber keine Steuern zahlen, können aber auch Verluste und Ausgaben nicht steuerlich geltend machen. Das kann zu einem großen Problem werden.“

Daraus resultiere auch eine Gefahr für den Vorsteuera­bzug: In der Regel wird der Betreiber die Vorsteuer aus der Anschaffun­g der Anlage ziehen. Dies geht jedoch nur, wenn die Anlage dem umsatzsteu­erlichen Unternehme­nsvermögen zugewiesen wird. Voraussetz­ung dafür ist eine mindestens zehnprozen­tige unternehme­rische Nutzung. Sinkt die Vergütung für die in das Stromnetz eingespeis­te Energie, ist der Vorsteuera­bzug komplett in Gefahr. Zu prüfen ist, in welchem Verhältnis die in das öffentlich­e Netz eingespeis­te Strommenge zur gesamten produziert­en Strommenge steht.

WOHNEN & RECHT

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FOTO: DPA-TMN Nach dem Wunsch des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums sollen Betreiber von Solaranlag­en künftig nur noch Prämien erhalten, wenn sie ihren Solarstrom vollständi­g ins Stromnetz einspeisen.

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