Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Dawn Fraser schwimmt Weltrekord
Den ersten offiziellen Weltrekord im Schwimmen über 100 Meter hielt eine deutsche Sportlerin. Die Magdeburgerin Martha Gerstung schwamm die Strecke bei den Deutschen Meisterschaften 1908 in 1:35 Minuten. In den folgenden Jahrzehnten stellten Schwimmerinnen aus aller Welt immer neue Bestmarken auf und näherten sich den 60 Sekunden. Doch die 100 Meter in weniger als einer Minute zu schwimmen schien für Frauen lange Zeit unmöglich. Dann kam die Australierin Dawn Fraser. Die Schwimmerin wird in ihrem Heimatland noch heute als Sportikone verehrt. Sie gewann bei drei Olympischen Spielen vier Goldmedaillen und holte ebenso oft Silber. Über 100 Meter Freistil stellte sie einen Rekord nach dem anderen auf. Am 27. Oktober 1962 war es so weit: Fraser trat bei einem Ausscheidungsrennen für die Commonwealth Games an. Dort musste sie 110 Yards schwimmen, das entspricht 100,584 Meter. Sie schaffte die Strecke in 59,9 Sekunden und hielt damit den neuen Weltrekord für Frauen. Sie unterbot diesen Rekord noch mehrfach, zuletzt schaffte sie 58,9 Sekunden. Fraser war bei den australischen Fans sehr beliebt, bei Sportfunktionären jedoch weniger. Sie gab offen zu, auf Partys zu gehen, Bier zu trinken und Zigaretten zu rauchen. Bei den Olympischen Spielen in Tokio eskalierte der Konflikt. Sie ging zur Eröffnungsfeier, obwohl den Schwimmern dies untersagt worden war, und wurde später festgenommen, als sie eine olympische Flagge als Souvenir zu stehlen versuchte. Der Streit mit den Funktionären bedeutete schließlich ihr Karriereende: Nach den Spielen wurde sie für zehn Jahre gesperrt. Sie klagte dagegen, erreichte aber erst fünf Jahre später die Aufhebung – zu spät für ein Comeback.