Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Trauer um den König der Fackelbauer
Georg Martin, 2017/18 Schützenkönig der Stadt Neuss, ist im Alter von 62 Jahren gestorben.
NEUSS Georg Martin war schon lange krank. Doch für den Schützenkönig des Jahres 2017/18 war das nie ein Grund zum Jammern oder zum Verstecken. Er machte weiter Motorradtouren, reiste gerne, blieb Mittelpunkt seiner Familie und machte noch am Freitag mit seinem Oberleutnant vom Schützenlustzug „Die Oberjä(h)rigen“Pläne – aus denen nichts mehr werden kann. Am frühen Sonntagmorgen ist Georg Martin im Alter von nur 62 Jahren gestorben.
Die Beisetzung soll am kommenden Montag auf dem Neusser Hauptfriedhof erfolgen. In welchem Rahmen? Wer weiß das schon in Pandemie-zeiten. Fest steht nur: In der Basilika St. Quirin, in dessen Schatten Martin aufwuchs, wird nicht das Seelenamt für ihn gehalten werden können. Das wäre sein großer Wunsch gewesen.
Georg Martin wurde im Mai 1958 im linksrheinischen Düsseldorf geboren, machte 1977 Abitur am Quirinus-gymnasium, studierte Jura in Bonn und war lange für die Allianz-versicherung tätig, die ihn auch nach Berlin und Hamburg delegierte. Mit 59 Jahren trat er in den Vorruhestand. Das sind die Eckdaten zu einem Leben, die wenig preisgeben von seiner Art. Die beschreibt selbst seine Lebensgefährtin Angelika Kunz nicht anders als „mitunter schrullig“. Aber in dem kauzigen Kerl steckte ein Gutmensch.
Tatkräftig, unternehmenslustig, lebensmutig: So bezeichnet ihn Rudolf Koch, der Oberleutnant der „Oberjä(h)rigen. Zu deren Gründungsmitgliedern gehörte 1978 auch Georg Martin. Er war der mitunter strenge Spieß seines Zuges, verpasste – obwohl ihn seine berufliche Karriere auch in andere Städte führte – nur ein einziges Schützenfest und ließ sich nur einmal als Spieß vertreten. Das war im Jahr 2017/18, als er Schützenkönig von Neuss war.
Gegen drei Mitbewerber konnte sich Georg Martin an der Vogelstange durchsetzen. Die Möglichkeit, diesen Wettstreit antreten zu können, verdankte Martin damals auch dem kameradschaftlichen Miteinander im Zug. Denn auch Kurt Koemann, der derzeitige Schützenkönig, hatte damals schon Ambitionen, ließ aber seinem Spieß den Vortritt.
Das sei richtig gewesen, sagte Koenemann einmal in der Rückschau. Denn sein Kamerad wurde krank und hätte diese Chance vielleicht nie wieder bekommen oder nutzen können.
Als Schütze war Georg Martin wie im Leben: Er hatte Prinzipien, beanspruchte Freiräume. Dass er seine Mitbewerber noch am Abend nach dem Vogelschuss einen Schluck aus „seinem“Königspokal trinken ließ, war dabei vielleicht schon ein erster Bruch mit dem Üblichen. Beim Schützenvolk kam so etwas gut an.
Dass der König einen eigenen Kopf hatte, merkten die Schützen und ihr Komitee schnell. 1111 Königsorden ließ Martin anfertigen, die nur an Marschierer ausgegeben wurden. Das zog er durch – auch wenn sich Prominenz mit „Ordens-abo“dadurch düpiert fühlen könnte. Und weil er der Überzeugung war, dass ein Königsorden erst am Königsehrenabend vorgestellt wird, war ihm auch egal, dass seiner dann eben nicht auf dem Titelbild des Programmheftes erschien. „Authentisch“nannte das Schützenpräsident Martin Flecken.
Zur volkstümlichen Art von Georg Martin gehörte seine Begeisterung für den Fackelbau, den er immer nach Kräften förderte. „Fackel-georg“war daher sein Spitznahme im Regiment. Ein Ehrentitel.