Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Gladbach droht ein Europa-trauma
Wie in Mailand hat Borussia Mönchengladbach gegen Real Madrid einen Vorsprung kurz vor Schluss abgegeben. Auch in der vergangenen Saison kam so das internationale Aus. Das droht wegen der Last-minute-gegentore wieder.
MÖNCHENGLADBACH So langsam gehen die internationalen Erfahrungen von Borussia Mönchengladbach in eine traumatische Richtung. Im zweiten Spiel der diesjährigen Saison in der Champions League gab es für die Mannschaft von Marco Rose gegen ein absolutes Top-team nur ein 2:2. „Nur“, weil in beiden Fällen bis kurz vor Schluss Gladbach der Sieger gewesen wäre. Doch wie schon beim Unentschieden bei Inter Mailand, als Romelu Lukaku in der 90. Minute noch traf, hat es auch gegen Real Madrid nicht ganz gereicht. Casemiro glich in der 93. Minute aus. Und so stehen anstatt der möglichen sechs Punkte lediglich zwei Zähler auf dem Konto der Borussen – denen nach der vergangenen Saison die nächste bittere Europa-erfahrung droht.
Die Geschichte startete nicht erst mit dem Spiel in Mailand. Gladbach ging in die neue Saison mit dem Auftrag, auf internationalem
Parkett Wiedergutmachung betreiben zu wollen. In der vergangenen Spielzeit, der ersten unter Rose als Trainer, war das Ausscheiden aus der Gruppenphase in der Europa League der enttäuschendste Moment. Gegen die AS Rom, den Wolfsberger AC und Basaksehir FK reichte es nur zu Platz drei. Und auch in diesem Fall waren die Schlussminuten am Ende entscheidend für die Enttäuschung der Borussen.
Im finalen Spiel gegen Basaksehir hätte Gladbach ein Unentschieden gereicht. Roses Mannen verspielten eine 1:0-Führung, sahen dennoch bis kurz vor Schluss wie das Team aus, das an diesem Abend weiterkommen würde. Dann kamen aber die 91. Minute und Enzo Crivelli, der Borussia mit seinem Treffer aus dem Wettbewerb schoss.
Dreimal in Folge hat Gladbach nun saisonübergreifend kurz vor dem Abpfiff einen großen Erfolg auf europäischer Ebene verpasst. Zwar ist die Dimension der Enttäuschung heute eine andere als damals, denn in der vergangenen Saison musste man mindestens den Punkt gegen Basaksehir von Gladbach erwarten, Siege gegen Mailand und Madrid dagegen wären nahezu sensationell. Wenn man bis kurz vor Schluss führt, gegen Real sogar bis zur 87. Minute mit 2:0, ist ein Sieg dann aber eben ein Muss. Es darf zwar mal passieren, dass ein Team in der Schlussphase noch Punkte verspielt, aber nicht in der Häufigkeit.
„Wir bekommen zum zweiten
Mal so einen späten Ausgleich. Wir hätten jetzt sechs oder vier Punkte haben können, wenn wir darüber nachdenken, dann wird es ganz bitter“, sagte Rose nach dem Spiel gegen Madrid. „Aber ich mache da kein großes Thema daraus. Wer den Jungs gerne einen Vorwurf machen möchte, kann das machen, aber ich mache ihnen gar keinen. Weil wir in der Summe so viel von dem umgesetzt haben, was wir uns vorgenommen haben. Wir haben Real da weh getan, wo wir bei ihnen vorher auch Schwächen erkannt haben.“
Doch Real hat auch – zumindest die statistische – Schwäche Borussias erkannt und in den letzten Minuten des Spiels seine Chance ergriffen. So gibt es für Gladbach zwar zurecht viel Applaus für die Leistungen in der Königsklasse, die verspielten vier Punkte erhöhen aber die Gefahr auf das Ausscheiden. Ebenfalls bitter könnte in der Hinsicht sein, dass Schachtjor Donezk, der vermeintlich machtbarste Gegner in der Gruppe, bereits vier Punkte hat. Die Ukrainer konnten im ersten Spiel Madrid noch schlagen, weil sie noch das dritte Tor machten und Real es nicht mehr schaffte, einen 0:3-Rückschlag zu egalisieren, 3:2 gewann Donezk schließlich.
Gegen das muss Borussia nun in den nächsten beiden Partien der Champions League ran. Am 3. November geht es für den Gladbach-tross in die Ukraine, am 25. November gibt es das Rückspiel im heimischen Borussia-park. Es wäre eine sehr entspannte Situation gewesen, mit sechs Punkten in diese Spiele zu gehen. Dass das möglich gewesen wäre, hätte im Vorfeld kaum einer geglaubt, doch es war zum Greifen nah.
Nun sind Rose und seine Spieler in den Duellen gegen Donezk in der Pflicht. Weitere Last-minute-gegentore darf es nicht mehr geben. Ansonsten droht nach viel gerechtfertigtem Lob vor allem die Erkenntnis, dass Europa für Gladbach wieder ein traumatisches Erlebnis gewesen sein wird.