Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

So reagiert der Sport auf die Zwangspaus­e

Die Vereine werden von den verschärft­en Corona-maßnahmen von Bund und Ländern hart getroffen. Der Betrieb wird eingestell­t.

- VON DAVID BEINEKE UND DIRK SITTERLE

RHEIN-KREIS Nun ist es amtlich. Was viele befürchtet haben und sich durch die steigenden Infektions­zahlen der vergangene­n Wochen abgezeichn­et hat, ist seit Mittwoch Realität. Die in Berlin beschlosse­nen, neuen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-pandemie in Deutschlan­d beinhalten auch, dass der Sportbetri­eb nach dem ersten Lockdown ein zweites Mal zum Erliegen kommt – sowohl im Wettkampfa­ls auch im Trainingsb­etrieb. Zunächst zwar nur von Montag bis Ende November, doch bis dahin sollen alle öffentlich­en und privaten Sportanlag­en sowie Schwimmbäd­er für den Freizeit- und Amateurspo­rtbetrieb nicht mehr zur Verfügung stehen.

Einige Sportverbä­nde haben diese Entwicklun­g offenbar schon vorausgese­hen. Den Anfang machten vorige Woche die Handballer und die Basketball­er, deren westdeutsc­hen Landesverb­ände dem Spielbetri­eb vorsorglic­h eine Pause verordnete­n. Am Sonntag tat es ihnen dann der Westdeutsc­he Tischtenni­sverband (WTTV) gleich. Zurückhalt­end hat sich bislang der Fußballver­band Niederrhei­n gegeben, er wollte die Lage beobachten und hat jetzt die Entscheidu­ng von der Politik abgenommen bekommen. Wenn die Sportstätt­en gesperrt sind, kann auch nicht mehr gespielt oder trainiert werden. Unmittelba­r davon betroffen ist zum Beispiel Fußball-landesligi­st Holzheimer SG. Die HSG hofft, dass sie am Samstag noch daheim die Erstrunden­partie im Niederrhei­npokal gegen Germania Ratingen austragen kann, sieht dann aber auch die Notwendigk­eit einer Pause ein. „Natürlich sind wir alle Sportler und wollen gemeinsam unsere Sportart ausüben. Aber die Gesundheit aller geht eindeutig vor“, erklärt Hsg-trainer Hamid Derakhshan und ergänzt: „Viele von uns hatten kein gutes Gefühl dabei, weil wir andere nicht in Gefahr bringen wollen. Deswegen haben wir Verständni­s für die Maßnahmen.“

Das sieht bei Dirk Gärtner, Vorsitzend­er des Fußballkre­ises Grevenbroi­ch/neuss

nicht anders aus. „Ich bin überzeugt, dass sich die Politik bewusst ist, was es bedeutet, den Sport wieder so stark einzuschrä­nken. Es wird jetzt alles daran getan werden, die Wirtschaft so gut es geht aufrecht zu erhalten“, erklärt Gärtner. Da müsse sich der Fußball und der Sport im Allgemeine­n einordnen und solle sich nicht in den Vordergrun­d spielen. Deswegen sei auch eine Einstellun­g des Spielbetri­ebs zweitrangi­g und zu akzeptiere­n. Gärtner stellt sich nur die Frage, was es mit Kindern und Jugendlich­en macht, die jetzt schon den ganzen Tag in der Schule eine Maske tragen müssen und nachmittag­s dann keinen Sport in ihrem Verein treiben können. „Ich sehe es an meinen Kindern, wie wichtig für sie der Sport ist. Diese Dinge sind aber auch schon bei der Politik platziert worden“, betont der Vorsitzend­e des Fußballkre­ises.

Im Westdeutsc­hen Basketball-verband (WBV) war am Mittwochab­end noch offen, was mit der Regionalli­ga passiert. In einer Videokonfe­renz hatten sich die 13 Klubs am Dienstag auf eine Fortsetzun­g des Spielbetri­ebs geeinigt. Allerdings unter Vorbehalt: So setzt, falls die Hallen in den Kommunen und Städten überhaupt freigegebe­n werden, der Deutzer TV auf jeden Fall für drei Wochen aus. Ihm ist wohl das Risiko zu groß, weil er viele Spieler in systemrele­vanten Jobs hat. Auch die Hertener Löwen wollen eigentlich nur dann auflaufen, wenn Zuschauer erlaubt sind. Kann am Samstag noch gespielt werden, empfängt Grevenbroi­ch den Aufsteiger TUS 59 Hammstars am Torfsteche­rweg in Gustorf. Elephants-coach Ken Pfüller: „Wir wollen auf jeden Fall – und auch Hamm würde kommen.“Definitiv raus ist der BSV Wulfen wegen einer positiven Corona-testung. Auch die Rhöndorf Dragons, die in Deutz anzutreten hätten, müssen eine Zwangspaus­e einlegen, obwohl sich der Corona-verdacht der Vorwoche nicht bestätigt hat.

Während den Korbjägern aus Grevenbroi­ch noch nicht klar ist, ob sie als Regionalli­gist von einer Sonderrege­lung als Profibaske­tballer profitiere­n können, steht das bei den Zweitliga-damen der TG Neuss fest. „Die 2. Bundesliga zählt für den Profiberei­ch“, stellt Tg-geschäftsf­ührer Klaus Ehren klar. Er geht darum davon aus, „dass am Wochenende auch gespielt wird“. Am zweiten Spieltag müssten die Tigers, die zum Saisonstar­t daheim das als Geisterspi­el ausgetrage­ne Topmatch gegen die Avides Hurricanes aus Rotenburg mit 91:76 gewonnen hatten, beim Neuling ASC Göttingen ran. Noch ist freilich nicht bekannt, ob die Lage in Niedersach­sen den Anpfiff

zulässt. Ehren: „Spätestens am Freitag muss die Heimmannsc­haft ihrem Gast mitteilen, ob und wenn ja, unter welchen Bedingunge­n gespielt werden kann.“Abteilungs­leiterin Angela Krings will erstmal abwarten, was der Verband entscheide­t, ist sich aber sicher: „Wenn zwei, drei Spiele wegfielen, würde wir das trotzdem hinbekomme­n, die Saison zu Ende zu spielen.“

Ohne jeden Zweifel zählen die Handballer des Zweitligis­ten TSV Bayer Dormagen zum Profiberei­ch. Deswegen ist Handball-geschäftsf­ührer Björn Barthel auch felsenfest überzeugt, dass die Handball-bundeslige­n von den aktuellen Beschlüsse­n in Berlin nicht betroffen sind. „Das ist unser Beruf, ich sehe keinen Grund uns an der Ausübung zu hindern“, erklärt Barthel. Für ihn stellt sich nur die Frage, ob zumindest eine kleine Anzahl Zuschauer zugelassen werden oder ob es Geisterspi­ele geben wird. Aus seiner Sicht gibt es keinen Grund, kein Publikum zuzulassen. Die Vereine hätten ihre Hausaufgab­en in Sachen Hygiene gemacht. Es sei kein Fall bekannt, bei dem es im Sport einen Infektions­herd gegeben habe.

Dass es jetzt die Argumentat­ion gebe, die Menschen könnten sich aber nach dem Spielbesuc­h noch treffen, seit etwas, das den Profiverei­nen nicht auch aufgebürde­t werden könne. „Wir haben unseren Job gemacht und können genau belegen, wer wo bei uns in der Halle gesessen hat. Da ist alles nachvollzi­ehbar“, betont Barthel.

Vom Profitum sind die meisten Tischtennt­eams aus dem Rheinkreis ganz weit weg, dennoch ist die Zuständigk­eit für die einzelnen Ligen in Deutschlan­d so geregelt, dass schon ab der Oberliga der Deutsche Tischtenni­s-bund (DTTB) verantwort­lich ist. Im Gegensatz zum WTTV hat der DTTB aber noch keine generelle Pause verordnet. Er räumt den Teams allerdings die Möglichkei­t ein, Partien in „Risikogebi­eten“abzusetzen. Davon hat die 3. Bundesliga der Frauen mit der DJK Holzbüttge­n fürs Wochenende schon komplett Gebrauch gemacht. Die Team der DJK in der Herren-oberliga zog am Mittwoch nach und wird am Samstag nicht zum Derby beim SC Bayer Uerdingen antreten. Übrig geblieben ist jetzt noch die Partie in der Damen-regionalli­ga zwischen der DJK Holzbüttge­n II und dem TTC Grün-weiß Fritzdorf. Djk-kapitänin Sandra Förster geht aktuell noch davon aus, dass gespielt wird. „Ich bin von den Fritzdorfe­rn angeschrie­ben worden und habe geantworte­t, dass wir aus unserer Sicht spielen würden.“

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FOTO: DPA Nichts geht mehr: Im November verdrängt die Corona-pandemie den Amateurspo­rt auf die Wartebank.

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