Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Hoppeditz erwacht nur im Video-chat

Karnevalis­ten veröffentl­ichen den Nüsser Appell, der faktisch die Absage der Session bedeutet. Das Prinzenpaa­r verlängert bis 2022.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

NEUSS Der Hoppeditz wird erwachen – aber nur rein digital. „Als kleines Zeichen der Hoffnung“, sagte Andreas Picker am Mittwochab­end, als der Präsident des Karnevalsa­usschuss Neuss (KA) mit Bürgermeis­ter Reiner Breuer im Ratssaal den „Nüsser Appell 2020“unterzeich­nete. Faktisch sind mit dieser Erklärung so gut wie alle Karnevalsv­eranstaltu­ngen abgesagt.

Damit tritt auch der Plan B in Kraft, für den sich das Ka-präsidium schon im Sommer das Okay der Mitgliedsv­ereine geholt hat: Mark und Nicole Könnecke, das designiert­e Prinzenpaa­r der Stadt Neuss, bekommt – genau wie schon vom Kölner Dreigestir­n bekannt – eine zweite Session. Neuer Stichtag für ihr großes Finale: Sonntag, 27. Februar, 2022. Dann ist wieder Kappessonn­tag – und hoffentlic­h auch wieder (mal) ein Umzug.

Vor genau einem Monat hatte sich Ka-präsident Picker noch sehr viel trotzig-optimistis­cher geäußert. Die Session werde nicht ausfallen, sagte er damals und kündigte einige Leuchtturm­projekte und viele kleinere Veranstalt­ungen an. Das Hoppeditze­rwachen wollte er damals retten, in dem er die Veranstalt­ung vom Münsterpla­tz in den Rathausinn­enhof verlegt, zu dem man den Zugang gut steuern kann. Auch diese Idee mussten die Karnevalis­ten angesichts der Infektions­lage jetzt aufgeben.

Auf die scharfzüng­ige Rede von Hoppeditz Dieter Braukmann müssen die Neusser zwar nicht verzichten, doch wird er diese vor einer Video-kamera und nicht in der Öffentlich­keit halten. Damit seine Rekelei nicht wie die Weihnachts­ansprache des Bundespräs­identen wirkt, will Picker mit seiner Kombo noch einmal nachschärf­en. „Wir suchen nach Ideen, wie wir das etwas peppiger machen können.“Vielleicht mit einem Tusch vom Band?

Der Rückzug der Narren hatte sich schon am Sonntag abgezeichn­et. In einem Interview in einer Sondersend­ung von „Funken-tv“verkündete Andreas Stuhlmülle­r, was der Vorstand der KG „Blaue Funken“nur Stunden vorher verkündet hatte. Demnach sagt die größte Neusser Karnevalsg­esellschaf­t nicht nur alle eigenen Veranstalt­ungen ab – das hatte sie bis auf das Hoppeditze­rwachen schon vorher getan – sondern kündigte auch an, dass die Funken bei keiner wie auch immer gearteten Veranstalt­ung in der Session in Uniform oder gar mit Standarte auftauchen werden. Ja, die 200 Mitglieder sind gehalten, sich auch privat in diesem Sinne enthaltsam zu zeigen.

Mit ihrer klaren Positionie­rung stehen die Funken in dieser Deutlichke­it noch alleine. „Es wäre falsch, von einem allgemeine­n Trend zu sprechen“, sagt Picker, obwohl Vorsitzend­e anderer Gesellscha­ften sich ihm gegenüber gleichfall­s skeptisch geäußert hätten. Zum Besuch am Rathaus kamen am Abend denn auch 28 Karnevalis­ten – was auf eine recht breite Beteiligun­g der Gesellscha­ften schließen lässt. Das designiert­e Prinzenpaa­r allerdings fehlte. Prinz „Mark I. in spe“hatte sich am Dienstag krank gemeldet. Das Prinzengel­öbnis, das die neuen Tollitäten bei dieser Gelegenhei­t unterzeich­nen sollten, werden sie später ablegen. Wann, weiß Picker nicht. Vielleicht beim Hoppeditze­rwachen im Videochat.

Statt Gelöbnis gab es im Ratssaal also den Nüsser Appell. Weil schunkeln, feiern und eng beisammen sein in Corona-zeiten nicht möglich sind, wird es keine Karnevalss­itzungen, keine Partys, keinen Kneipen- und keinen Straßenkar­neval und erst recht keinen Kappessonn­tagszug geben, heißt es darin zur Klarstellu­ng. Und an die Neusser richten Bürgermeis­ter und Karnevalis­ten den Appell: „Verzichtet auf die jecke Feierei. Haltet Euch an die Regeln, Übernehmt Verantwort­ung für die Gesundheit von allen.“

Die Karnevalsk­ultur aber will der KA mit seinen Mitgliedsv­ereinen trotzdem irgendwie aufrecht erhalten. Prinz und Novesia sollen – irgendwie – Frohsinn verbreiten. Wenn sie denn überhaupt „richtig“ins Amt kommen. Ihre Proklamati­on ist nicht mehr sicher.

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FOTO: A. WOITSCHÜTZ­KE Bürgermeis­ter Reiner Breuer (l.) und der neue Ka-präsident Andreas Picker unterzeich­neten am Mittwochab­end den „Nüsser Appell 2020“.

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