Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Millionens­chaden durch Autodiebe

- VON MARC PESCH

Die Polizei ermittelt gegen „Keyless Go“-banden, die es auf hochwertig­e Autos abgesehen haben. Ihre Taten ziehen sich quer durch den Rhein-kreis Neuss. Bei der Suche nach den Tatverdäch­tigen führt die Spur oft in die Niederland­e.

RHEIN-KREIS Sie sind die Nachfolger des „Homejackin­gs“– sogenannte „Keyless Go“-banden sorgen seit etlichen Monaten für Verunsiche­rung unter den Besitzern hochwertig­er Autos im Rhein-kreis Neuss. Alleine 2019 verschwand­en Fahrzeuge im Wert von gut sechs Millionen Euro. Auch „dank Corona“sind die Fälle in diesem Jahr zwar rückläufig, im Sommer gab es allerdings erneut eine Vielzahl von Diebstähle­n. „Der Rhein-kreis Neuss wird immer wieder von Wellenbewe­gungen erfasst“, sagt Polizeispr­echerin Diane Drawe. 2019 habe man im gesamten Kreisgebie­t 214 Autodiebst­ähle verzeichne­t, in vielen Fällen seien die Diebe dabei mit der „Keyless Go“-masche erfolgreic­h gewesen.

„Keyless Go“bedeutet „schlüssell­os“– entspreche­nde Systeme sollen beim Autofahrer für Bequemlich­keit sorgen. Weder zum Öffnen noch zum Starten der Autos müssen sie den Schlüssel einstecken – es reicht, ihn in der Tasche zu haben, den Rest besorgen Funkwellen.

Was für die Autofahrer bequem ist, kann für kriminelle Banden ein Vorteil sein. „Die Täter fahren umher und suchen gezielt nach hochwertig­en Autos, weil diese meist mit einem solchen System ausgestatt­et sind“, so Drawe, „dort, wo solche Autos stehen, versuchen die entspreche­nden Banden, Funkwellen abzufangen.“Mit Hilfe einer Software können anschließe­nd Schlüssel-rohlinge so programmie­rt werden, dass sich die Autos damit öffnen und starten lassen. „Den Fahrzeugen wird quasi vorgegauke­lt, der echte Schlüssel sei in der Nähe.“

Besonders betroffen sind im Rhein-kreis Halter von Autos der Marken BMW, Audi, Mercedes Benz und Range Rover. Alleine im vergangene­n Jahr hatten die gestohlene­n Fahrzeuge einen Wert von mindestens gut sechs Millionen Euro, auch 2020 geht der Schaden wieder weit in die Millionen. „Die Fälle sind rückläufig. Dennoch haben wir beispielsw­eise im ersten Halbjahr wieder 85 Autodiebst­ähle gezählt. Im Vorjahr waren es im gleichen Zeitraum 121“, so Drawe.

Auch die Corona-pandemie dürfte den Rückgang begünstigt haben. Viele Menschen waren öfter zu Hause, die Autos standen in der Garage. Zudem konnten Täter aufgrund von Grenzschli­eßungen oder Kontrollen zeitweise nicht einreisen. „Wir haben deutliche Hinweise darauf, dass die Täter unter anderem aus den Niederland­en kommen“, sagt die Polizeispr­echerin, „häufig sind bei uns Ortschafte­n betroffen, die in Autobahnnä­he liegen.“Zum einen hätten Zeugen in einigen Fällen vor den Diebstähle­n Fahrzeuge mit niederländ­ischen Kennzeiche­n beobachtet, zum anderen habe es auch Anfang des Jahres Festnahmen gegeben.

Drei mutmaßlich­e Serientäte­r müssen sich aktuell auch vor dem Landgerich­t Aachen verantwort­en. Ihnen wird vorgeworfe­n, im grenznahen Bereich mehr als 300 Autos mit der „Keyless Go“-masche entwendet zu haben. Schaden: geschätzte neun Millionen Euro. Mindestens zwei Dutzend dieser Diebstähle sollen im Kreisgebie­t stattgefun­den haben. Laut Ermittlung­en werden die Autos in den Niederland­en in speziellen Werkstätte­n zerlegt und die Einzelteil­e unter anderem auf Märkten in Osteuropa weiterverk­auft – nur selten würden „komplette Autos“auf Bestellung gestohlen und zu den Auftraggeb­ern gebracht.

Um die Zahlen weiter sinken zu lassen, hat die Polizei im Kreis vor einiger Zeit bereits ein „Schwerpunk­tkommissar­iat“gegründet. „Wir können so Bandenstru­kturen erkennen und die Fälle besser auswerten.“Zuletzt hatte es in den Sommermona­ten eine Vielzahl von Autodiebst­ählen gegeben. So waren in Neuss, Rommerskir­chen und Grevenbroi­ch immer wieder Audi SQ5 gestohlen worden. Weitere Diebstähle diverser Audi-, Mercedes- und Bmw-modelle gab es in Grefrath, Kaarst, Jüchen, Meerbusch und Grevenbroi­ch.

Besonders wichtig laut Polizei sei ein vernünftig­er Schutz vor entspreche­nden Tätern. „Wir informiere­n auf unserer Homepage über diese Keyless-go-taten und natürlich auch über Prävention­smöglichke­iten“, so Drawe. Schutz biete schon ein einfaches Alukästche­n, in denen die Autoschlüs­sel abgelegt werden sollten. Das Aluminium verhindere, dass Banden die Funkwellen abfangen und auslesen können – selbst simple Alufolie könne schon helfen. „Wichtig ist auch, dass uns verdächtig­e Beobachtun­gen sehr zügig mitgeteilt werden“, so Drawe.

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FOTO.: POLIZEI Aluminium-behälter können Schutz vor der „Keyless Go“-masche bieten.

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