Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Das werden viele nicht überleben“

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Gerade hatten wir uns wieder ein wenig berappelt – nach dem ersten Lockdown im März und April. Wir haben zwölf Angestellt­e – von der Putzfrau bis zum Küchenchef. Unsere festen Kräfte befinden sich in Kurzarbeit, ohne die es gar nicht ginge. Aber zwei bis drei Tage pro Woche sind sie im Haus Portz im Einsatz. Denn Nadja Chramzowa und ich haben in der Regel 13-Stunden-tage. Da braucht man zwischendr­in auch mal Zeit für sich, um Luft zu holen.

Wir werden unser Möglichste­s tun, um den Betrieb auch über einen zweiten Lockdown hinweg zu halten. Da gibt es im Moment für mich noch viele Unbekannte – wie lange soll eine Schließung dauern? Gibt es staatliche Hilfen für uns Gastronome­n? Das ist ja alles noch nicht geklärt. Bereits jetzt haben wir durch die Pandemie erhebliche Einbußen. Um mal die Größenordn­ung zu verdeutlic­hen: Im vergangene­n Jahr haben wir rund 50 Weihnachts­feiern im Haus Portz gehabt. Derzeit planen wir mit vier Weihnachts­feiern, von denen zwei auf der Kippe stehen, weil vermutlich zu viele Gäste kommen würden.

Ich kann, ehrlich gesagt, nicht verstehen, warum die Politik uns Gastronome­n erneut als Sündenböck­e präsentier­t. Wir arbeiten strikt nach dem Hygienekon­zept, das für unser Haus erstellt wurde. Wir halten uns streng an alle Auflagen. Wir unterliege­n regelmäßig­en Kontrollen. Und so machen es alle Wirte in Grevenbroi­ch und der Region. Aus meiner Sicht sind nicht wir Schuld daran, dass die Infektions­zahlen derzeit so rasch steigen. Dafür sind private Feiern verantwort­lich, bei denen offenbar viele Gäste zu sorglos waren.

Dafür sollen wir nun in die Haftung genommen werden. Ich kann nicht verstehen, warum eine Fußpflege, ein Tattoo-studio oder ein Friseur geöffnet bleiben sollen – nach allem, was ich bislang höre – die Gastronomi­e aber erneut auf unbestimmt­e Zeit dichtmache­n soll. Eine erneute Schließung werden viele Restaurant­s und Kneipen nicht überleben. Wir werden es erleben, dass deutlich mehr Betriebe in die Pleite rutschen werden als die bisher vorhergesa­gten 30 Prozent.

Dabei gäbe es meiner Meinung nach vernünftig­e Alternativ­en. Man sollte es der Gastronomi­e erlauben, offen zu halten. Für uns als gutbürgerl­iches Haus wäre selbst eine Sperrstund­e verkraftba­r, da wir unseren Umsatz am frühen Abend machen. In reinen Kneipen sieht das natürlich ganz anderes aus.“

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FOTO: DIETER STANIEK Ulrich Vogt führt gemeinsam mit Nadja Chramzowa das „Haus Portz“am Grevenbroi­cher Markt. Er lehnt einen zweiten Lockdown ab.

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