Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Solingen schickt Schüler nach Hause
Die Inzidenz in der Stadt erreicht fast 280. Klassen und Gruppen werden geteilt. Im Landtag kritisiert die FDP den Gastro-lockdown.
DÜSSELDORF/SOLINGEN Als erste Kommune in NRW hat Solingen für einen Teil der Schüler von Mittwoch an die Rückkehr zum Unterricht auf Distanz angekündigt. Die Schulverwaltung traf die Entscheidung, weil in der Stadt 279,8 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche gezählt wurden.
„Ziel ist es, dass zeitgleich nur noch 50 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Kursen und Gruppen unterrichtet werden“, sagte Schuldezernentin Dagmar Becker (Grüne). Die andere Hälfte solle von zu Hause aus lernen und digital angebunden sein. Spätestens nach einer Woche soll zwischen Präsenz- und Distanzunterricht gewechselt werden. Grundund Förderschulen sowie die Abschlussklassen der Sekundarstufen I und II seien ausgenommen.
Ein solches Wechselmodell folgt den Empfehlungen des Robert-koch-instituts bei steigenden Infektionszahlen. Eine Sieben-tage-inzidenz von mehr als 200 erreichten in Nordrhein-westfalen am Freitag auch Remscheid (245,2), Duisburg (243,4) und Köln (202,6).
Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hatte den Wechsel zu Schichtmodellen bei bestimmten Inzidenzwerten bisher abgelehnt. Aus ihrem Ministerium hieß es am Freitag, die Behörden prüften derzeit, „ob und inwieweit das Vorgehen der Stadt Solingen den rechtlichen Vorgaben entspricht und aufgrund des Infektionsgeschehens
an den Schulen in Solingen angemessen ist“. Rechtzeitig vor Inkrafttreten am Mittwoch werde darüber entschieden.
Im Landtag erneuerte Vizeministerpräsident Joachim Stamp (FDP) das Versprechen einer Betreuungsgarantie für Schul- und Kita-kinder. In der Sondersitzung zu den neuen Corona-regeln, die Bund und Länder am Mittwoch beschlossen hatten, wertete es der Familienminister als Erfolg der FDP in der schwarz-gelben Landesregierung, dass Kitas und Schulen vom Lockdown ausgenommen seien. Gleichzeitig machte Stamp deutlich, dass er die Entscheidung zur „pauschalen Schließung von Gastronomie und Sport“kritisch sehe: „Wir tragen die Maßnahmen in staatspolitischer Verantwortung mit, um ein bundeseinheitliches Vorgehen zu ermöglichen.“Es müsse aber klar sein, dass die Maßnahmen zeitlich befristet seien. Auch Fdp-fraktionschef Christof Rasche distanzierte sich teilweise von den neuen Corona-regeln: „Wir hätten die Gastronomie nicht geschlossen.“In seiner Partei hielten viele das Vorgehen für überzogen und kontraproduktiv.
Die Opposition warf der FDP vor, unglaubwürdig zu sein, weil sie die Corona-regeln im Bundestag in ihrer Rolle als Oppositionspartei hart kritisiere, ihnen hier in NRW aber zustimme: „Der Auftritt der FDP hat wenig mit verantwortungsvoller Politik zu tun“, sagte Grünen-fraktionschefin Verena Schäffer. Spd-oppositionschef Thomas Kutschaty hielt Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) Führungsschwäche vor, weil er zu viel Zeit verstreichen lasse: „Die Gesundheitsämter hätten schon viel früher mehr Personal bekommen müssen.“Die Schulen seien auf einen Wechsel von Präsenz- und Distanzunterricht schlecht vorbereitet.
Gesundheitsminister Karl-josef Laumann (CDU) widersprach: Die Krankenhäuser verfügten jetzt über 35 Prozent mehr Intensivbetten als im März. NRW habe den Kliniken rund 100 Millionen Euro bereitgestellt. Laschet verteidigte die strengen neuen Regeln mit Hinweis auf knapper werdende Intensiv-kapazitäten: „Wir müssen diese Infektionswelle jetzt erst einmal brechen.“Leitartikel, Nordrhein-westfalen