Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Der Waffenstillstand von Compiègne
Millionen Menschen hatten auf diesen Augenblick gewartet: Am 11. November 1918 beendete der Waffenstillstand von Compiègne den Ersten Weltkrieg. Endlich schwiegen die Waffen in den Schützengräben, endlich waren die mehr als vier Jahre lang erbittert geführten Kämpfe vorbei. Der Krieg, der mit der Kriegserklärung Österreich-ungarns an Serbien begonnen hatte, hatte mehr als neun Millionen Soldaten und sechs bis sieben Millionen Zivilisten das Leben gekostet. Schon Ende September 1918 hatte die Oberste Heeresleitung angesichts der aussichtslosen Lage gefordert, Waffenstillstandsverhandlungen einzuleiten. Nach wochenlangen Vorgesprächen reiste der Zentrums-politiker Matthias Erzberger als Bevollmächtigter der Reichsregierung in den Wald von Compiègne nördlich von Paris. Erst zwei Tage zuvor war in Deutschland die Republik ausgerufen worden. Die Militärs ließen dem Zivilisten Erzberger wohl nicht ungern den Vortritt, als es um das Eingeständnis der militärischen Niederlage ging. Als Vorsitzender der Waffenstillstandskommission unterzeichnete er am frühen Morgen den Vertrag, der einer Kapitulation gleichkam. Deutschland musste seine Truppen aus Lothringen und aus Belgien zurückziehen, fast alle schweren Waffen aushändigen, das Rheinland wurde besetzt. Während in den siegreichen Ländern gefeiert wurde, empfanden viele in Deutschland das Kriegsende als demütigend. Kaum jemand hatte die so umfassende Niederlage erwartet. Konservative und radikale Kräfte machten die Demokraten verantwortlich und brachten die Legende von der im Felde unbesiegten deutschen Armee auf den Weg. Die „Dolchstoß“-kampagne hetzte auch gegen Erzberger. Er wurde 1921 Opfer eines Attentats.