Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
„Ich wünsche mir Normalität“
Der Erste Beigeordnete spricht im Interview über die aktuelle Corona-Lage in der Stadt Kaarst.
KAARST Seit dem Frühjahr ist das Corona-Virus das beherrschende Thema – auch in der Stadt Kaarst. Und seit Beginn der Pandemie kümmert sich der Erste Beigeordnete Sebastian Semmler als Leiter des Stabes für außergewöhnliche Ereignisse (SAE) – eine Art städtischer Krisenstab – um die Bekämpfung und Eindämmung des Virus in der Stadt. Semmler kann die Stunden, die er mit dem Thema Corona verbracht hat, kaum mehr zählen. Im Interview mit unserer Redaktion spricht Semmler über die aktuelle Corona-Situation in Kaarst, die Erfahrungen des städtischen Ordnungsamtes und die Lage in den Schulen und Kitas. Und Semmler verrät, ob er sich impfen lassen würde.
Herr Semmler, Sie sind seit Beginn der Pandemie Leiter des Stabes für außergewöhnliche Ereignisse (SAE), der in besonderen Situationen hochgefahren wird. Wie viele Stunden in der Woche beschäftigt Sie das Virus und die möglichen Folgen für die Bürger?
SEBASTIAN SEMMLER Das Thema Corona beschäftigt uns seit März in eigentlich allen Aufgabenbereichen der Verwaltung und muss daher überall mit bedacht werden. In Stunden kann man das kaum fassen. Im Stab für außergewöhnliche Ereignisse wurden bis Mitte Juni mindestens einmal am Tag Lagebesprechungen durchgeführt, derzeit gibt es diese Besprechungen zweimal in der Woche.
Wie sehr nervt Sie das Virus? SEMMLER Die Pandemie ist eine Herausforderung, der wir uns alle gemeinsam stellen müssen und die wir auch gemeinsam als Stadtgesellschaft meistern werden. Ich wünsche mir Normalität und Unbeschwertheit für die Kinder.
Wie groß ist der Krisenstab? SEMMLER Derzeit besteht der Stab aus acht Personen. Er kann aber jederzeit größer werden.
Wie viele Schutzverordnungen haben Sie schon studiert?
SEMMLER Ich habe aufgehört, sie zu zählen…
Mit wie vielen Leuten wurde das Ordnungsamt aufgestockt? Aus wie vielen Leuten bestand es vorher? SEMMLER Der Außendienst besteht aus fünf festen Mitarbeitern. Hinzu kommen weitere sieben Kollegen, die den Außendienst verstärken.
Wie viele Verstöße gab es seit Beginn der Pandemie bis jetzt? SEMMLER Sehr wenige. Deutliche Verstöße gab es nur vereinzelt, meist im gewerblichen Bereich. Beim Thema „Maskenpflicht“und „Abstand halten“habe die meisten Menschen sofort auf das Ansprechen des Ordnungsamtes reagiert.
Wie ist die Lage an den Schulen, Kitas und im Offenen Ganztag? SEMMLER Im Vergleich zu anderen Kommunen ganz gut. Die Zusammenarbeit mit allen Einrichtungen funktioniert reibungslos. Im Moment treten dort Infektionen nur vereinzelt auf und wir können auf Empfehlungen des Kreisgesundheitsamtes sehr schnell reagieren.
An der Katholischen Grundschule (KGS) soll es mehrere Fälle gegeben haben, im Familienzentrum an der Büdericher Straße auch. Wieso werden diese Einrichtungen nicht geschlossen?
SEMMLER Wie gesagt, bisher hatten wir nur wenige Infektionsfälle in den Schulen, im Offenen Ganztag und an den Kindertagesstätten. Wenn ein Fall auftritt, dann konnte bisher sehr schnell der Kreis der Kontaktpersonen bestimmt werden, die dann sofort in Quarantäne geschickt wurden. Deshalb wird so sehr darauf geachtet, dass sich die Gruppen nach Möglichkeit nicht mischen. Die Kontaktnachverfolgung und -eingrenzung ist extrem wichtig.
Halten sich die Schüler an die vorgegebenen Corona-Regeln? SEMMLER Meistens. Ich habe den Eindruck, dass die jüngeren Schüler sogar etwas besser mit der Situation klarkommen.
Wie kontrollieren Sie die Schüler? SEMMLER Wir haben mit den Schulleitungen abgestimmt, dass der Ordnungsdienst vor dem Schulgelände Präsenz zeigt. Wir setzen bei Verstößen auf direkte Ansprache und Verständnis.
Sie haben das Rathaus kürzlich wieder auf Schichtbetrieb umgestellt. Was heißt das für die städtischen Mitarbeiter?
SEMMLER Wir handhaben das Schichtsystem sehr flexibel. In der Phase des ersten Lockdowns haben wir die Verwaltung wirklich in zwei Schichten aufgeteilt. Seit November steht die Kontaktvermeidung im Vordergrund. Die einzelnen Bereiche haben Konzepte entwickelt. Wochen- oder tageweise Homeoffice, Vor- und Nachmittagsschichten, teilweise auch nur Kontaktreduzieren zu Mitarbeitern. Es muss sichergestellt werden, dass wir in allen Bereichen trotz Infektion handlungsfähig bleiben.
Wo gilt aktuell die Maskenpflicht in der Stadt?
SEMMLER Vereinfacht gesagt: Rund um das und innerhalb des Maubiscenters und entlang der Westseite der Rathausarkaden bis zur Einmündung La-Madelaine-Allee.
Gab es unangemeldete Corona-Partys, bei denen das Ordnungsamt einschreiten musste? SEMMLER Nein, zum Glück nicht. Wir mussten uns aber mehrmals mit den Folgen verantwortungslosen Feierns befassen.
Wie reagieren die Menschen darauf, wenn sie auf ihre fehlenden Masken angesprochen werden? Aggressiv oder eher verständnisvoll? SEMMLER Mit der zunehmenden Dauer der persönlichen Einschränkungen der Menschen beobachten wir auch eine deutliche Steigerung von Unverständnis und vereinzelt auch aggressives Verhalten. Insgesamt verhalten sich die Kaarster Bürger aber vorbildlich.
Was macht die Stadt Kaarst im Vergleich zu anderen Kommunen anders – oder besser?
SEMMLER Wir sind nicht besser, oder schlechter als andere Kommunen. Seit Beginn der Pandemie gibt es eine noch viel intensivere und sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Kommunen im Kreis und dem Rhein-Kreis Neuss selbst. In Kaarst haben wir das Glück, dass schon vor der Pandemie zwischen Schulen, Betreuungseinrichtungen, Pflegeheimen, Politik, Verwaltung und allen andere Beteiligten ein sehr gutes Arbeitsklima geherrscht hat.
Glauben Sie persönlich, dass es mit einem Impfstoff besser wird? SEMMLER Das hoffe ich sehr.
Würden Sie sich impfen lassen? SEMMLER Ja.