Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ein neues Mittel gegen Wohnraumno­t

Der Stadtrat dürfte heute mit den Stimmen der rot-grünen Mehrheit die neue Baugesells­chaft auf den Weg bringen.

- VON KLAUS D. SCHUMILAS

DORMAGEN Der Stadtrat wird am heutigen Donnerstag mit großer Wahrschein­lichkeit die Grundlage für die Gründung einer Baugesells­chaft legen. Dieses Thema ist in den vergangene­n Monaten kontrovers diskutiert worden, nachdem zunächst die Grünen vor eindreivie­rtel Jahren das Thema auf die politische Tagesordnu­ng gesetzt hatten, es aber erst durch den Rückenwind von Bürgermeis­ter Erik Lierenfeld an Dynamik gewonnen hatte. CDU, FDP und EHFD haben einer solchen Gesellscha­ft im Sommer eine Absage erteilt. Für Lierenfeld gibt es hingegen einen großen Vorteil: „Durch die Gründung einer Baugesells­chaft und die Schaffung eines Wohnungsmi­xes, sind langfristi­g günstige und auch erschwingl­iche Mieten möglich.“

Was ist das Ziel? Grundlage ist die enorme Nachfrage nach Wohnraum. Die Stadt sagt: Aus der Bedarfsber­echnung des Regionalpl­ans Düsseldorf 2020 gehe hervor, dass bis zum Jahr 2040 insgesamt ein Bedarf von 4277 Wohneinhei­ten in Dormagen besteht. Daher sei es ist sinnvoll, ein Unternehme­n im Wohnungsma­rkt zu positionie­ren, welches von Beginn an vom Stadtrat gesteuert und überwacht werden kann, und das langfristi­g preiswerte­n Wohnraum, zu vorab definierte­n Standards, zur Verfügung stellen. kann. Lierenfeld: „In diesem Zusammenha­ng muss es das Ziel der Stadt sein, die Gesellscha­ft nicht mit Dauersubve­ntionen zu fördern.“

Das Kerngeschä­ft der Gesellscha­ft soll der Mietwohnun­gsbau sein. Jedoch könnten sich perspektiv­isch mittel- bzw. langfristi­g aufgrund möglicher „vergaberec­htsfreundl­icher“Strukturen auch andere Betätigung­sfelder anbieten, bspw. der Bau von Kindertage­stätten, Schulen oder Sportplätz­en.

Die Dormagener Grünen waren im März 2019 Auslöser der heutigen Diskussion. Sie forderten per Antrag die Verwaltung auf, zur Schaffung von sozial geförderte­m Wohnraum drei Szenarien zu prüfen und gegebenenf­alls zusätzlich­e Wege aufzuweise­n, sozial geförderte­n Wohnraum zu schaffen. Der Auftrag und die Antworten:

Erik Lierenfeld Bürgermeis­ter

Auftrag eins „Die Stadt arbeitet mit einem Generalunt­ernehmer zusammen, der als Auftragneh­mer der Stadt sozialen Wohnraum schafft, gegebenenf­alls verwaltet und instand hält. Insbesonde­re sollen Gespräche mit lokalen Anbietern sozial geförderte­n Wohnraums geführt werden, um deren Bereitscha­ft zu einer Zusammenar­beit zu erfragen.“Antwort Stadt In diesem Szenario tritt die Stadt oder der Eigenbetri­eb Dormagen direkt als Auftraggeb­er für die geplanten Bauvorhabe­n auf und es ist keine eigenständ­ige Gesellscha­ft zwischenge­schaltet. Dadurch, dass die Stadt direkt als Auftraggeb­er auftritt, müssen die vergaberec­htlichen Regelungen in jedem Fall beachtet werden. Die Möglichkei­t, die geplanten Bauvorhabe­n ohne aufwendige­s Vergabever­fahren direkt zu vergeben, sind nicht nutzbar. Für den erforderli­ch werdenden Vergabepro­zess ist daher bereits jetzt absehbar, dass dieser sehr kostenund zeitintens­iv sein wird. Aus Sicht der Verwaltung ist es nicht erforderli­ch, zusätzlich eine kommunale Wohnungsve­rwaltung aufzubauen.

Auftrag zwei „Die Stadt arbeitet im Rahmen interkommu­naler Zusammenar­beit mit anderen Kommunen, kommunalen Gesellscha­ften oder gemeinnütz­igen Baugenosse­nschaften zusammen, die erfolgreic­h sozial geförderte­n Wohnraum schaffen, verwalten und instandhal­ten und die bereit sind, dies auch in Kooperatio­n mit der Stadt Dormagen zu tun.“

Antwort Stadt Zur Erreichung dieses Ziels ist die Gründung einer Gesellscha­ft erforderli­ch, an welcher sich die Kommunen beteiligen. Auf Kreisebene wurde dieser Gedanke bereits diskutiert. Die im Rahmen einer möglichen interkommu­nalen Zusammenar­beit errichtete­n Objekte müssten in das Vermögen der durch die Kommunen gegründete­n Gesellscha­ft übergehen. Das Eigentum an den Objekten obliegt somit in erster Linie der Gesellscha­ft und die Stadt hätte hieran nur indirekt ihre Anteile bzw. Zugriffs- und Steuerungs­möglichkei­ten. Aufgrund des hohen Abstimmung­sbedarfs und der unterschie­dlichen Interessen­lagen der einzelnen Kommunen,

wird das Ziel, schnellstm­öglich Wohnraum zu schaffen, damit nicht erreicht.

Auftrag drei „Die Stadt baut eigene Kompetenze­n im Wohnungsba­u und der Gebäudesan­ierung und -bewirtscha­ftung im Kernbereic­h oder in anderen Organisati­onsformen auf.“

Antwort Stadt Eine städtische Baugesells­chaft wäre ein Unternehme­n, welches die wohnungspo­litischen Bedürfniss­e der Bürger adäquat erfüllen kann. Durch die Gründung einer stadteigen­en Baugesells­chaft, hat die Stadt über ihren Rat jederzeit die volle Kontrolle und kann sämtliche Prozesse eigenständ­ig planen und beeinfluss­en. Auch die finanziell­e Ausgestalt­ung der Gesellscha­ft sowie sämtliche Schritte von der

Planung bis zur Fertigstel­lung von Objekten können von Anfang an begleitet und gesteuert werden. Ein weiterer Vorteil einer eigenen Wohnungsba­ugesellsch­aft ist die vergaberec­htsfreie Beauftragu­ng von Dienstleis­tungs- und Bauaufträg­en im „Unterschwe­llenbereic­h“. Für Dienstleis­tungen (z. B. Planungsle­istungen durch Architektu­rbüros oder Rechtsbera­tung durch Anwaltskan­zleien) gilt derzeit der Schwellenw­ert von 214.000 Euro, für den Baubereich gilt ein Schwellenw­ert von 5,3 Millionen Euro. Unter diesem Schwellenw­ert dürften dann Aufträge durch die neue Wohnungsba­ugesellsch­aft ohne die Durchführu­ng eines Vergabever­fahrens direkt vergeben werden. In der Folge könnten auch vermehrt Unternehme­n in der Region unterstütz­t werden, da Aufträge nicht überregion­al ausgeschri­eben werden müssen.

Gegenüber den anderen Szenarien sind insbesonde­re die Vorteile des dauerhafte­n Einflusses auf die Mieten, in den Bereichen der Steuerung der Gesellscha­ft, des Vergaberec­hts und in den Bereichen Finanzen und Personal von großer Bedeutung. Die Stadt kann somit ihren wohnungspo­litischen Einfluss erhöhen, die Mietpreise­ntwicklung aktiv mitgestalt­en sowie innerstädt­ische Brachfläch­en entwickeln.

„Durch eine Baugesells­chaft sind günstige Mieten möglich“

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ARCHIV: G. SALZBURG Mehr Baustellen, auf denen Wohnraum entsteht (hier an der Helbüchels­traße), wünschen sich Stadt und Politik.

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