Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Ein neues Mittel gegen Wohnraumnot
Der Stadtrat dürfte heute mit den Stimmen der rot-grünen Mehrheit die neue Baugesellschaft auf den Weg bringen.
DORMAGEN Der Stadtrat wird am heutigen Donnerstag mit großer Wahrscheinlichkeit die Grundlage für die Gründung einer Baugesellschaft legen. Dieses Thema ist in den vergangenen Monaten kontrovers diskutiert worden, nachdem zunächst die Grünen vor eindreiviertel Jahren das Thema auf die politische Tagesordnung gesetzt hatten, es aber erst durch den Rückenwind von Bürgermeister Erik Lierenfeld an Dynamik gewonnen hatte. CDU, FDP und EHFD haben einer solchen Gesellschaft im Sommer eine Absage erteilt. Für Lierenfeld gibt es hingegen einen großen Vorteil: „Durch die Gründung einer Baugesellschaft und die Schaffung eines Wohnungsmixes, sind langfristig günstige und auch erschwingliche Mieten möglich.“
Was ist das Ziel? Grundlage ist die enorme Nachfrage nach Wohnraum. Die Stadt sagt: Aus der Bedarfsberechnung des Regionalplans Düsseldorf 2020 gehe hervor, dass bis zum Jahr 2040 insgesamt ein Bedarf von 4277 Wohneinheiten in Dormagen besteht. Daher sei es ist sinnvoll, ein Unternehmen im Wohnungsmarkt zu positionieren, welches von Beginn an vom Stadtrat gesteuert und überwacht werden kann, und das langfristig preiswerten Wohnraum, zu vorab definierten Standards, zur Verfügung stellen. kann. Lierenfeld: „In diesem Zusammenhang muss es das Ziel der Stadt sein, die Gesellschaft nicht mit Dauersubventionen zu fördern.“
Das Kerngeschäft der Gesellschaft soll der Mietwohnungsbau sein. Jedoch könnten sich perspektivisch mittel- bzw. langfristig aufgrund möglicher „vergaberechtsfreundlicher“Strukturen auch andere Betätigungsfelder anbieten, bspw. der Bau von Kindertagestätten, Schulen oder Sportplätzen.
Die Dormagener Grünen waren im März 2019 Auslöser der heutigen Diskussion. Sie forderten per Antrag die Verwaltung auf, zur Schaffung von sozial gefördertem Wohnraum drei Szenarien zu prüfen und gegebenenfalls zusätzliche Wege aufzuweisen, sozial geförderten Wohnraum zu schaffen. Der Auftrag und die Antworten:
Erik Lierenfeld Bürgermeister
Auftrag eins „Die Stadt arbeitet mit einem Generalunternehmer zusammen, der als Auftragnehmer der Stadt sozialen Wohnraum schafft, gegebenenfalls verwaltet und instand hält. Insbesondere sollen Gespräche mit lokalen Anbietern sozial geförderten Wohnraums geführt werden, um deren Bereitschaft zu einer Zusammenarbeit zu erfragen.“Antwort Stadt In diesem Szenario tritt die Stadt oder der Eigenbetrieb Dormagen direkt als Auftraggeber für die geplanten Bauvorhaben auf und es ist keine eigenständige Gesellschaft zwischengeschaltet. Dadurch, dass die Stadt direkt als Auftraggeber auftritt, müssen die vergaberechtlichen Regelungen in jedem Fall beachtet werden. Die Möglichkeit, die geplanten Bauvorhaben ohne aufwendiges Vergabeverfahren direkt zu vergeben, sind nicht nutzbar. Für den erforderlich werdenden Vergabeprozess ist daher bereits jetzt absehbar, dass dieser sehr kostenund zeitintensiv sein wird. Aus Sicht der Verwaltung ist es nicht erforderlich, zusätzlich eine kommunale Wohnungsverwaltung aufzubauen.
Auftrag zwei „Die Stadt arbeitet im Rahmen interkommunaler Zusammenarbeit mit anderen Kommunen, kommunalen Gesellschaften oder gemeinnützigen Baugenossenschaften zusammen, die erfolgreich sozial geförderten Wohnraum schaffen, verwalten und instandhalten und die bereit sind, dies auch in Kooperation mit der Stadt Dormagen zu tun.“
Antwort Stadt Zur Erreichung dieses Ziels ist die Gründung einer Gesellschaft erforderlich, an welcher sich die Kommunen beteiligen. Auf Kreisebene wurde dieser Gedanke bereits diskutiert. Die im Rahmen einer möglichen interkommunalen Zusammenarbeit errichteten Objekte müssten in das Vermögen der durch die Kommunen gegründeten Gesellschaft übergehen. Das Eigentum an den Objekten obliegt somit in erster Linie der Gesellschaft und die Stadt hätte hieran nur indirekt ihre Anteile bzw. Zugriffs- und Steuerungsmöglichkeiten. Aufgrund des hohen Abstimmungsbedarfs und der unterschiedlichen Interessenlagen der einzelnen Kommunen,
wird das Ziel, schnellstmöglich Wohnraum zu schaffen, damit nicht erreicht.
Auftrag drei „Die Stadt baut eigene Kompetenzen im Wohnungsbau und der Gebäudesanierung und -bewirtschaftung im Kernbereich oder in anderen Organisationsformen auf.“
Antwort Stadt Eine städtische Baugesellschaft wäre ein Unternehmen, welches die wohnungspolitischen Bedürfnisse der Bürger adäquat erfüllen kann. Durch die Gründung einer stadteigenen Baugesellschaft, hat die Stadt über ihren Rat jederzeit die volle Kontrolle und kann sämtliche Prozesse eigenständig planen und beeinflussen. Auch die finanzielle Ausgestaltung der Gesellschaft sowie sämtliche Schritte von der
Planung bis zur Fertigstellung von Objekten können von Anfang an begleitet und gesteuert werden. Ein weiterer Vorteil einer eigenen Wohnungsbaugesellschaft ist die vergaberechtsfreie Beauftragung von Dienstleistungs- und Bauaufträgen im „Unterschwellenbereich“. Für Dienstleistungen (z. B. Planungsleistungen durch Architekturbüros oder Rechtsberatung durch Anwaltskanzleien) gilt derzeit der Schwellenwert von 214.000 Euro, für den Baubereich gilt ein Schwellenwert von 5,3 Millionen Euro. Unter diesem Schwellenwert dürften dann Aufträge durch die neue Wohnungsbaugesellschaft ohne die Durchführung eines Vergabeverfahrens direkt vergeben werden. In der Folge könnten auch vermehrt Unternehmen in der Region unterstützt werden, da Aufträge nicht überregional ausgeschrieben werden müssen.
Gegenüber den anderen Szenarien sind insbesondere die Vorteile des dauerhaften Einflusses auf die Mieten, in den Bereichen der Steuerung der Gesellschaft, des Vergaberechts und in den Bereichen Finanzen und Personal von großer Bedeutung. Die Stadt kann somit ihren wohnungspolitischen Einfluss erhöhen, die Mietpreisentwicklung aktiv mitgestalten sowie innerstädtische Brachflächen entwickeln.
„Durch eine Baugesellschaft sind günstige Mieten möglich“