Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Neuss' bekanntester Politiker wird 60
Er war Minister und Generalsekretär in Berlin, doch für die Menschen in der Heimat bleibt er immer „der Hermann“.
NEUSS In seinem Berliner Büro hängen Bilder des früheren Landrats Dieter Patt, sonntags spaziert er mit der Familie durch Neuss und wenn am Wochenende TV-Teams ihn wegen einer politischen Stellungnahme anfragen, erkennt der ortskundige Zuschauer oftmals, dass er auf dem Drususplatz den Journalisten Frage und Antwort gestanden hat. Keine Frage, Hermann Gröhe ist ein Kind des Niederrheins und er will es auch sein. Heute wird der bundesweit einflussreichste und bekannteste Neusser Politiker 60 Jahre alt: Er war Bundesgesundheitsminister (2013 bis 2018), CDU-Generalsekretär der CDU (2009 bis 2013) und Staatsminister (2008/09) bei Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das war 2002, als er Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) den Vortritt lassen musste.
Hermann Gröhe sieht sich als Wertekonservativer mit liberalem Gesellschaftsbild. Er verzichtete lange aufs eigene Auto, trug Pulli statt Schlips, verfasste freche Beiträge für alternative Stadtzeitungen, schmuggelte Bibeln in die Tschechslowakei als der „Eiserne Vorhang“nur wenig durchlässig war – und wurde erwischt.
Der große Ärger, der folgte, hat ihn geprägt. Er setzt sich vehement für verfolgte Christen ein. Es überrascht nicht, dass er schon früh Kontakt zu den Grünen suchte („Pizza-Connection“) und bis heute pflegt. Überhaupt kennt Gröhe wenig Berührungsängste und es ist bekannt, dass er in allen demokratischen Parteien über vertraute Ansprechpartner verfügt.
Dieses Netzwerk hilft, wenn Hermann Gröhe nach dem Abschied aus dem Kabinett zu seinen parlamentarischen Wurzeln zurückkehrte. So leitet der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion heute gemeinsam mit Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat.
Mit sechzig Jahren ist noch lange nicht Schluss – geht es nach ihm. Wenn am 26. September der 20. Bundestag gewählt wird, dann will sich Hermann Gröhe erneut um ein Direktmandat werben. Dass er auch künftig in Berlin an den Schalthebeln der Macht sitzt, gilt Beobachtern als sicher – nicht nur, weil er ein gutes Verhältnis zu Armin Laschet pflegt. Gröhe ist längst eine eigene rheinische Marke in Berlin.