Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
TZG-Chef Norbert Kothen sagt „Adieu“
Am Donnerstag wird der Geschäftsführer des Technologiezentrums Glehn in einer Videoschalte in den Ruhestand verabschiedet – nach 19 Jahren Einsatz für berufliche Weiterbildung und Neu-Orientierung.
RHEIN-KREIS Manchmal war es die beste Wahl, einfach ganz unkonventionell, sozusagen aus dem Bauch heraus, zu handeln, um zu helfen. So zum Beispiel, als er einer jungen Auszubildenden im Friseurhandwerk, die im dritten Lehrjahr abgebrochen hatte, zu einem neuen Job verhalf. „Ich habe einfach meinen Friseur angerufen und gesagt, ich komme morgen zum Haareschneiden und bringe jemanden mit“, erzählt Norbert Kothen. Die junge Frau durfte dann direkt zeigen, was sie bereits konnte, schnitt Kothen die Haare – und zack hatte sie einen Salon, in dem sie ihre Ausbildung beenden konnte.
Derart „hemdsärmelig“funktioniert das natürlich selten. Das weiß Norbert Kothen nur zu gut. 19 Jahre war er Geschäftsführer des Technologiezentrums Glehn, einer Tochtergesellschaft des Rhein-Kreises, die als Bildungsträger Unternehmen und Arbeitnehmer fit für die sich ständig wandelnden Anforderungen des Arbeitsmarktes macht. Dabei gibt es Bildungsangebote für jedes Alter, und ständig stellen sich die Mitarbeiter neuen Herausforderungen. So hat sich als erfolgreiches Format die „Blitzbewerbung24“etabliert: Bewerbungskarten mit QRCode, hinter dem alle bewerbungsrelevanten Daten wie Lebenslauf, Arbeitsproben, Zeugnisse und ein Imagevideo hinterlegt sind. Dafür gab es 2018 sogar den Innovationspreis der Zeitschrift „Die deutsche Wirtschaft“.
Noch erfolgreicher, weil mittlerweile übernommen von 20 Gesundheitsämtern deutschlandweit, darunter München, und mit weiteren 30 laufen die Vertragsverhandlungen, ist die Hygienebelehrung im
Online-Format. Klingt nicht sexy, ist aber ein Muss für alle, die mit Lebensmitteln arbeiten und muss alle zwei Jahre erneuert werden – auch in Corona-Zeiten. Das Format, inhaltlich entwickelt von Kothen, seinem Nachfolger Raimund Franzen,
Michael Dörr, Ex-Gesundheitsamtleiter, und IT-Fachleuten macht das TZG in Fachkreisen nun bekannt.
Dass Kothen, der in Mönchengladbach studiert hat, in Willich lebt und zwei erwachsene Söhne hat, sein „liebgewonnenes Baby“ in guten Händen weiß, macht den Abschied leichter. Bereits seit neun Monaten gehört Raimund Franzen (56), davor stellvertretender Unternehmenssprecher bei der Sparkasse Neuss, zum TZG-Team. Er möchte die Entwicklung der Einrichtung zum digitalen Weiterbildungsspezialisten für Kommunen und die Verwaltung weiter forcieren. Und er will verstärkt auf den Pflegebereich setzen und Umschulungen in den Mittelpunkt rücken, um dem Fachkräftemangel dort zu begegnen. Norbert Kothen ist sich sicher: „Viele wissen gar nicht, dass sie für diesen Berufszweig geeignet sind.“Wie er überhaupt der Ansicht ist, dass junge Leute sich auch mit Ausbildungen beschäftigen sollten, und nicht nur ein Studium in Betracht ziehen.
Haus und Garten, weiter Sport machen, seinen Lieblingsort Domburg öfter besuchen – das sind nur einige Dinge, die auf der „To-Do-Liste“des 65-Jährigen stehen. Und für die, die digital an seiner Verabschiedung teilnehmen, hat er eine Tüte vorbereitet. Inhalt: Süßes, Salziges, eine Handy-Halterung aus Holz und eine Flasche Willicher Pils. Zuprosten zum Abschied via Bildschirm – auch das macht Schule in Corona-Zeiten.