Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Stadt fehlt Lüftungsko­nzept für Schulen

- VON KIRA BAYER

Ein Unternehme­n wirft der Stadt Dormagen vor, „untätig“zu sein und nicht für Kinder und Jugendlich­e einzustehe­n. Auch der Schulleite­r des Bettina-von-Armin-Gymnasiums ist verärgert und unzufriede­n.

DORMAGEN Das Lüftungsko­nzept in Schulen und Kitas ist seit Beginn der Corona-Krise ein immer wiederkehr­endes Streit-Thema. Die erneute Schließung der Schulen und Kindertage­sstätten Mitte Dezember vergangen Jahres nahm der Stadt vorerst den Druck, doch nun sind die Schulen wieder geöffnet und ein richtiges Konzept scheint immer noch nicht zu stehen. Nicht nur Eltern und Schüler machen der Politik Vorwürfe, wie die Redaktion in dieser Woche bereits berichtete, auch das in Dormagen ansässige Unternehme­n Helot findet scharfe Worte.

Die Firma Helot ist spezialisi­ert auf mobile Heizungs-, Klima- und Stromverso­rgungssyst­eme und entwickelt­e eine temporäre Lüftungste­chnik, die für einen Luftwechse­l in Gebäuden sorgen soll. Ende letzten Jahres sollten diese sogenannte­n Frischluft­heizungen in der Turnhalle des Leibniz-Gymnasiums in Hackenbroi­ch von der Stadt getestet werden. Seit der Schließung liegt dieses Projekt jedoch brach. Helot-Geschäftsf­ührer Marius Stoffels hat kein Verständni­s für das „fehlende Verständni­s der Dringlichk­eit“der Stadt. „Unsere Systeme sind bereits deutschlan­dweit im Einsatz, aber hier in Dormagen rechne ich nicht damit, dass etwas passiert.“Stoffels sei es zu anstrengen­d sich weiterhin mit der Politik auseinande­rzusetzen. „Schüler und Kinder haben in Deutschlan­d offensicht­lich eine schlechter­e Lobby als viele andere. Auch in anderen öffentlich­en Einrichtun­gen haben wir unsere Technik schon verbaut. Überall problemlos, nur in Schulen ist das dann auf einmal nicht wirtschaft­lich“, ärgert er sich. Der Erste Beigeordne­te Robert Krumbein (SPD) erklärt: „Leider können wir noch kein Ergebnis zu dem Pilotproje­kt in Hackenbroi­ch vermelden, da die Turnhallen kurz nach der Installati­on der Lüftungsge­räte im Rahmen des Lockdowns geschlosse­n wurden.“Die Messungen in Halle könne man erst wieder bei „Regelbetri­eb“durchführe­n.

Die Stadt scheint sich offenbar auf den wärmeren Temperatur­en der vergangene­n Tage auszuruhen, denn Stadtsprec­her Nils Heinichen sagt: „Von 18 Schulen haben wir nur einen Standort in dem wir zwei Räume ohne Fenster haben, ansonsten haben wir bis dato gute Erfahrunge­n mit dem Lüften durch geöffnete Fenster gemacht. Richtung Sommer

wird das dann ja auch nochmal besser.“

Theodor Lindner, Schulleite­r des Bettina-von-Armin Gymnasiums, ist nicht zufrieden mit der momentanen Situation: „Wir können zwar lüften, aber damit haben wir den Aerosolen den Kampf noch nicht angesagt. Alleine das häufig empfohlene Querlüften ist bei uns gar nicht möglich.“Lindner habe bei der Stadt bereits angeregt, in mobile Lüftungsge­räte zu investiere­n. „Ich habe so eins in meinem Büro stehen, selbst gekauft, und mit Messgeräte­n kann ich an den Werten sehen, dass die definitiv etwas bringen“, erklärt er. Insbesonde­re bei kleinen Klassenräu­men oder bei mehrstündi­gen Klausuren sei technische Unterstütz­ung wichtig. Das „Schön-Wetter-Argument“der Stadt könne er nicht nachvollzi­ehen: „Wir haben immer noch Februar. Im März und April kann es noch einmal richtig kalt werden, das scheint nicht bedacht zu werden. Man hatte lange genug Zeit, um alternativ­e Lösungen zu finden, da bin ich schon geneigt zu sagen, dass mich das verärgert.“

Auch Michael Kirbach, stellvertr­etender Fraktionsv­orsitzende­r der Zentrumspa­rtei Dormagen, macht der Verwaltung schwere Vorwürfe. Bereits im letzten Jahr hatte das Zentrum Hepa-Filter für Präsenzunt­erricht gefordert. „Wir bissen damals auf Granit, der Verwaltung war die Anschaffun­g zu teuer. Dabei hatten wir ein Leasingmod­ell vorgeschla­gen, das würde pro Kind einen Euro am Tag kosten.“Kirbach erklärt, dass in Büroräumen viele solcher Filter genutzt werden. „Es ist ja wissenscha­ftlich bewiesen, dass das sinnvoll ist. Das hat sich ja niemand ausgedacht und ich halte die Kosten für übersichtl­ich. Ich finde, es fehlt hier klar der Einsatz für die Kinder und Jugendlich­en.“

 ?? FOTOS: DPA, HELOS ?? Die Stadt empfiehlt weiterhin, durch das Öffnen von Fenstern zu lüften. Die Firma Helot ist davon nicht überzeugt. Eine Kita in Pulheim arbeitet bereits mit den temporären Lüftungssy­stemen des Unternehme­ns.
FOTOS: DPA, HELOS Die Stadt empfiehlt weiterhin, durch das Öffnen von Fenstern zu lüften. Die Firma Helot ist davon nicht überzeugt. Eine Kita in Pulheim arbeitet bereits mit den temporären Lüftungssy­stemen des Unternehme­ns.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany