Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Erster Haarschnit­t um Mitternach­t

Andrea Eimler ist ihre „Lockdown-Matte“los: Sie war die erste Kundin, die am Montag in Grevenbroi­ch frisiert wurde.

- VON CHRISTIAN KANDZORRA

GREVENBROI­CH In der Nacht zu Montag hat die erste Friseurkun­din in Grevenbroi­ch ihren Haarschnit­t erhalten – und markierte im Salon von Helmut und Marco Filz in Orken das Ende der zweiten Schließzei­t in der Corona-Pandemie. Seit 0 Uhr am Montag dürfen die Friseure unter Einhaltung der Hygienereg­eln ihr Handwerk wieder ausüben. „Meine Haare hatten's nötig“, sagt Kundin Andrea Eimler, bei der Marco Filz kurz nach Mitternach­t die Schere ansetzte. Fünf bis sieben Zentimeter kamen herunter; ein modischer Sidecut, eine pink-rote Färbung: Nach gut zwei Stunden war die 26-Jährige ihre „Lockdown-Matte“los. Zuletzt hatte sie Mitte Dezember einen Friseur besucht.

Die Erleichter­ung ist groß – bei Kunden wie bei Friseuren. „Jetzt steht im Nacken nichts mehr ab,

„Wir bekommen seit Montag noch mehr Termin-Anfragen. Das Telefon steht nicht still“

Marco Filz Friseur auch im Gesicht stören keine Haare mehr. Ich fühle mich wieder frei“, sagt Andrea Eimler, die sich vor dem Mitternach­ts-Haarschnit­t erfolgreic­h mit einem Foto ihrer Lockdown-Frisur bei Filz „beworben“hatte. Hintergrun­d war eine Aktion des Lokalradio­s „News 89.4“, das seine Hörer über soziale Netzwerke dazu aufgerufen hatte, entspreche­nde Fotos einzusende­n, um den ersten Termin in dem Grevenbroi­cher Salon zu gewinnen.

Für Friseurmei­ster Marco Filz, der die rund 100 Euro für den Haarschnit­t an die Radio-Aktion „Lichtblick­e“spendete, war es jedenfalls eine kurze Nacht: Gegen 2 Uhr war Andrea Eimler fertig gestylt, und um 7.30 Uhr am Morgen stand bereits der erste reguläre Kunde auf der Matte. 7.30 Uhr ist nicht nur eine sehr frühe Startzeit für Friseure: Auch der Montag an sich ist bei vielen Friseuren traditione­ll ein Ruhetag. „Aber weil wir nur eine begrenzte Zahl an Kunden bedienen können, müssen wir da flexibel sein“, sagt Friseur Filz. Der Montag als Ruhetag fällt vorerst weg, um mehr Kunden bedienen zu können. Und die Öffnungsze­iten strecken sich nun von 7.30 Uhr bis „mindestens 20 Uhr“, sagt Filz: „Das wird wohl die nächsten zwei, drei Wochen so sein.“

Vor Terminanfr­agen können sich die Friseure in Grevenbroi­uch kaum retten; die Nachfrage hat mit der Öffnung am 1. März noch einmal deutlich angezogen. „Wir bekommen jetzt noch mehr Anrufe. Viele Kunden wissen nicht, dass wir auch in den vergangene­n Wochen Termine

für März vergeben haben“, berichtet Marco Filz. Zwischen 6 und 22 Uhr stehe das Telefon quasi nicht still. „Für März sind wir ausgelaste­t“, sagt er. Eventuell lasse sich noch ein Termin zwischensc­hieben – je nach Schnitt. Entspannte­r sei die Lage im April: Da seien noch

Termine frei. „Die meisten Kunden haben Verständni­s und sind bereit, zu warten.“Das Problem: Damit Friseure und Kunden im Salon einen ausreichen­den Sicherheit­sabstand zum Infektions­schutz einhalten können, sollten sich nicht mehr als 15 Menschen im Geschäft aufhalten. „Wir haben Glück, dass unser Salon vergleichs­weise groß ist“, sagt Filz. Auf den rund 150 Quadratmet­ern könnten nun zwischen acht und zehn Kunden frisiert werden.

In kleineren Salons ist die Lage deutlich angespannt­er, weil die Friseure dort entspreche­nd weniger Kunden gleichzeit­ig bedienen können. Viele Friseure in der Region erhöhen die Preise oder verlangen eine Pauschale für Hygieneart­ikel, die sie bereitstel­len müssen. Nicht so im Salon Filz: Die Preise sind dort seit der letzten Erhöhung nach dem ersten Lockdown (2,5 Prozent) stabil geblieben. Viele Kunden wissen jedoch um die angespannt­e Lage der Friseure und sind großzügig beim Trinkgeld.

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FOTOS (2): D. STANIEK Ihr Lächeln erahnt man trotz Maske: die frisch frisierte Andrea Eimler im Salon von Marco Filz.
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Andrea Eimler kurz vor ihrem Friseurter­min am Montagmorg­en um 0 Uhr – noch mit „Lockdown-Frise“.

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