Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
So facettenreich wie ein Orchester
Die Orgel ist Instrument des Jahres. Kirchenmusiker Carsten Wüster erzählt von seiner Leidenschaft für das Instrument.
DORMAGEN Sie wird oft als „Königin der Instrumente“bezeichnet und trägt in diesem Jahr den Titel „Instrument des Jahres 2021“: Die Orgel. „Sie wird deshalb zurecht als Königin bezeichnet, weil sie in einem einzigen Instrument die Klänge eines großen Orchesters in sich vereinen kann“, erklärt Carsten Wüster, Organist der Pfarrgemeinde Sankt Michael. „Streicher, Posaunen, Flöten, Trompeten oder auch sogar Trommeln kann man hören. Kein anderes Instrument ist so facettenreich, so farbenreich und hat so viele Nuancen“, schwärmt er. „Die Orgel kann ganz zart und leise sein, aber auch mächtig und gewaltig und hat eine so große Bandbreite, das ist faszinierend.“
Seit dem 1. April vergangenen Jahres ist Carsten Wüster als hauptamtlicher Kirchenmusiker zusammen mit seinem Kollegen Horst Herbertz für „den guten Ton“in den Gottesdiensten zuständig. Neben der Organistentätigkeit leiten beide Musiker die Erwachsenenchöre am Chorhaus Sankt Michael.
Der Wunsch, Orgel spielen zu lernen, entstand bei Carsten Wüster schon im Kindesalter. „In Schulgottesdiensten und als Messdiener habe ich regelmäßig dem Orgelspiel in der Kirche zugehört und hatte schnell auch den Wunsch, dieses Instrument zu lernen“, erzählt er. Aufgewachsen in Kempen am Niederrhein, haben ihn die Instrumente in seinem Heimatort schon immer beeindruckt. Mit Orgeln in drei katholischen, einer evangelischen sowie einer ehemaligen Franziskanerkirche (Paterskirche) habe die Stadt eine Orgellandschaft, die ihresgleichen suche, meint Wüster. Der Organist in seiner Gemeinde ließ Wüster, der schon ein bisschen Klavier spielen konnte, dann mal an die Kirchenorgel, als er mit den Füßen an die Pedale kam. „Es ist wichtig, gerade Kindern zu zeigen, dass dieses Instrument etwas ganz Besonderes ist“, findet der Musiker. Auch, weil man das Instrument mit zwei Händen und zwei Füßen spiele.
Carsten Wüster begann mit 10 Jahren, Orgelunterricht zu nehmen. Nach dem Abitur und anschließendem Zivildienst studierte er Kirchenmusik an den Musikhochschulen in Köln und Düsseldorf. Das Studium der Orgel ist dabei ein verpflichtendes Hauptfach, aber auch Klavier, Dirigieren, Gesang und Orchester und Chorleitung sind weitere Hauptfächer, die bis zum Abschluss belegt werden müssen. Bereits während des Studiums arbeitete Wüster als Assistent in einer Gemeinde in Düsseldorf. Nach seinem Examen hatte er einige Stellen
als Kirchenmusiker in verschiedenen Gemeinden. Er arbeitete aber auch als Dirigent am Schauspiel Köln, gleichzeitig mit einer halben
Stelle als Kantor in Rommerskrichen. Mit der Zeit empfand er die Arbeit als Freelancer auf verschiedenen Stellen als zunehmend anstrengend und wenig familienfreundlich, sodass er sich entschied, die Stelle als Kirchenmusiker in Dormagen anzutreten. Mit seinem Kollegen Horst Herbertz verstand er sich auf Anhieb. „Das passt ganz toll und auch mit allen anderen Kollegen, den Pfarrern, Ehrenamtlern und Helfern ist es ein sehr schönes und kollegiales Arbeiten“, so Carsten Wüster. „Das Gesamtpaket ist toll. Die Liturgen schätzen, was die Musiker tun und die Musiker schätzen die Zelebranten.“Man spiele nicht zum Selbstzweck, sondern weil man etwas verkündigen müsse und um die Menschen näher zu Gott zu bringen. „Dabei hilft die Orgel.“
In der Stadtkirche Sankt Michael wird in diesem Jahr die Orgel renoviert und erweitert. Unter anderem entspricht die alte Technik nicht mehr den Brandschutzvorgaben und wird erneuert. Im späten Frühjahr wird ein Orgelbauer aus Kevelaer die Orgel zerlegen und alle Pfeifen abbauen - und das sind nicht wenige, denn: „Für jeden Ton gibt es mindestens eine Pfeife.“Und das sind bei kleineren Orgeln schon rund 1000 Pfeifen, bei großen deutlich mehr. Wer gerne hören möchte, wie das Instrument des Jahres klingt, muss nicht weit fahren. In Sankt Martinus Zons gibt es regelmäßig Orgelvespern, die nächste am 14. März um 16 Uhr. Anmeldung über die Homepage.