Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Monheim droht Verlust von 38 Millionen Euro
Die Stadt hatte, wie viele andere Kommunen, Geld bei der nun geschlossenen Greensill-Bank angelegt.
BREMEN Es gibt Sätze, die wecken ungute Erinnerungen. Als die Finanzaufsicht Bafin am Mittwoch über die Bremer Greensill-Bank ein Moratorium (einen sofortigen Stopp aller Zahlungen außer denen zur Schuldentilgung) verhängte, begründete sie dies unter anderem damit, dass „die Greensill Bank AG nicht in der Lage ist, den Nachweis über die Existenz von bilanzierten Forderungen zu erbringen, die sie von der GFG Alliance Group angekauft hat“. Forderungen, die also möglicherweise nicht existierten, was Parallelen zum Fall Wirecard und den nicht existierenden Bankguthaben in Fernost andeutet.
Nun ist die Greensill-Bank bei einer Bilanzsumme von 4,5 Milliarden Euro Ende 2020 anders als Wirecard nicht gerade eine große Nummer in der Finanzszene. Aber sie ist groß genug, damit der private Bankenverband aus seinem Einlagensicherungsfonds vermutlich Gelder in Milliardenhöhe entnehmen muss, um das Loch zu stopfen. Geschlossen
worden ist die Bank, weil laut Bafin die Überschuldung droht, nachdem die britische Muttergesellschaft in Not geraten war.
Der Fall hat mittlerweile die Region erreicht. Zu den rund vier Dutzend Kommunen in Deutschland, denen ein Totalausfall droht, gehört die Stadt Monheim, die nach eigenen Angaben 38 Millionen Euro bei Greensill angelegt hat. In dem Versuch, Negativzinsen zu entgehen (was verständlich ist), aber womöglich gegen die Anlagenrichtlinie des Rates. Danach durfte sie nur bei Banken Geld anlegen, bei denen die Einlagen gesichert sind. Das gilt bei Greensill nur für Privatanleger und Stiftungen, nicht aber für die Investments der öffentlichen Hand. Privatanleger sollen eine Milliarde Euro bei der Bank investiert haben, die mit überdurchschnittlichen Zinssätzen nahe eins warb.
Die Entschädigungseinrichtung der Banken schützt die Einlagen dieser Privatkunden bis zu 100.000 Euro pro Einleger. Diese haben laut Bankenverband zudem für sechs Monate nach Einzahlung einen Rechtsanspruch auf die Entschädigung von Einlagen bis zu 500.000 Euro, wenn das Geld beispielsweise aus dem Verkauf einer Immobilie stammt oder beispielsweise nach einer Scheidung oder Kündigung direkt eingezahlt wurde. Was darüber hinausgeht, dafür haftet der Einlagensicherungsfonds bis zur Sicherungsgrenze von 74,7 Millionen Euro pro Einleger.
Soll heißen: Privatgläubiger müssen sich kaum Sorgen um ihr Erspartes
machen. Im Regelfall sollen sie ihr Geld binnen einer Woche zurückbekommen. Dafür herrscht in einigen Kommunen Alarmstimmung. Und politisch hat nach dem Bekanntwerden des Desasters in der Hansestadt das übliche Spiel begonnen: Keiner will es gewesen sein. Die Bafin hat Anzeige wegen Bilanzfälschung gestellt (die Bremer Staatsanwaltschaft ermittelt), gerät aber wie im Fall Wirecard selbst in die Kritik, weil der Prüfungsverband des Bankenverbandes die Finanzaufsicht schon im Sommer des vergangenen Jahres auf die Probleme bei Greensill hingewiesen haben. Finanzbroker, die der Bank die Kunden vermittelt haben, verweisen ebenfalls auf die Aufsichtsbehörden.
Die Bilanzsumme der Bremer Bank hatte sich zuvor binnen vier Jahren mehr als verzehnfacht. Möglich wurde dieses Wachstum durch den Kauf von Forderungen der GFG Group. Hinter der Familienholding steht Sanjeev Gupta, dessen Firma Liberty House jüngst bei dem Versuch scheiterte, die Stahlsparte von Thyssenkrupp zu übernehmen.