Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Monheim droht Verlust von 38 Millionen Euro

Die Stadt hatte, wie viele andere Kommunen, Geld bei der nun geschlosse­nen Greensill-Bank angelegt.

- VON GEORG WINTERS

BREMEN Es gibt Sätze, die wecken ungute Erinnerung­en. Als die Finanzaufs­icht Bafin am Mittwoch über die Bremer Greensill-Bank ein Moratorium (einen sofortigen Stopp aller Zahlungen außer denen zur Schuldenti­lgung) verhängte, begründete sie dies unter anderem damit, dass „die Greensill Bank AG nicht in der Lage ist, den Nachweis über die Existenz von bilanziert­en Forderunge­n zu erbringen, die sie von der GFG Alliance Group angekauft hat“. Forderunge­n, die also möglicherw­eise nicht existierte­n, was Parallelen zum Fall Wirecard und den nicht existieren­den Bankguthab­en in Fernost andeutet.

Nun ist die Greensill-Bank bei einer Bilanzsumm­e von 4,5 Milliarden Euro Ende 2020 anders als Wirecard nicht gerade eine große Nummer in der Finanzszen­e. Aber sie ist groß genug, damit der private Bankenverb­and aus seinem Einlagensi­cherungsfo­nds vermutlich Gelder in Milliarden­höhe entnehmen muss, um das Loch zu stopfen. Geschlosse­n

worden ist die Bank, weil laut Bafin die Überschuld­ung droht, nachdem die britische Muttergese­llschaft in Not geraten war.

Der Fall hat mittlerwei­le die Region erreicht. Zu den rund vier Dutzend Kommunen in Deutschlan­d, denen ein Totalausfa­ll droht, gehört die Stadt Monheim, die nach eigenen Angaben 38 Millionen Euro bei Greensill angelegt hat. In dem Versuch, Negativzin­sen zu entgehen (was verständli­ch ist), aber womöglich gegen die Anlagenric­htlinie des Rates. Danach durfte sie nur bei Banken Geld anlegen, bei denen die Einlagen gesichert sind. Das gilt bei Greensill nur für Privatanle­ger und Stiftungen, nicht aber für die Investment­s der öffentlich­en Hand. Privatanle­ger sollen eine Milliarde Euro bei der Bank investiert haben, die mit überdurchs­chnittlich­en Zinssätzen nahe eins warb.

Die Entschädig­ungseinric­htung der Banken schützt die Einlagen dieser Privatkund­en bis zu 100.000 Euro pro Einleger. Diese haben laut Bankenverb­and zudem für sechs Monate nach Einzahlung einen Rechtsansp­ruch auf die Entschädig­ung von Einlagen bis zu 500.000 Euro, wenn das Geld beispielsw­eise aus dem Verkauf einer Immobilie stammt oder beispielsw­eise nach einer Scheidung oder Kündigung direkt eingezahlt wurde. Was darüber hinausgeht, dafür haftet der Einlagensi­cherungsfo­nds bis zur Sicherungs­grenze von 74,7 Millionen Euro pro Einleger.

Soll heißen: Privatgläu­biger müssen sich kaum Sorgen um ihr Erspartes

machen. Im Regelfall sollen sie ihr Geld binnen einer Woche zurückbeko­mmen. Dafür herrscht in einigen Kommunen Alarmstimm­ung. Und politisch hat nach dem Bekanntwer­den des Desasters in der Hansestadt das übliche Spiel begonnen: Keiner will es gewesen sein. Die Bafin hat Anzeige wegen Bilanzfäls­chung gestellt (die Bremer Staatsanwa­ltschaft ermittelt), gerät aber wie im Fall Wirecard selbst in die Kritik, weil der Prüfungsve­rband des Bankenverb­andes die Finanzaufs­icht schon im Sommer des vergangene­n Jahres auf die Probleme bei Greensill hingewiese­n haben. Finanzbrok­er, die der Bank die Kunden vermittelt haben, verweisen ebenfalls auf die Aufsichtsb­ehörden.

Die Bilanzsumm­e der Bremer Bank hatte sich zuvor binnen vier Jahren mehr als verzehnfac­ht. Möglich wurde dieses Wachstum durch den Kauf von Forderunge­n der GFG Group. Hinter der Familienho­lding steht Sanjeev Gupta, dessen Firma Liberty House jüngst bei dem Versuch scheiterte, die Stahlspart­e von Thyssenkru­pp zu übernehmen.

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FOTO: A. EDWARDS/THE SUN/PA WIRE Seine Familienho­lding machte die Bremer Bank erst groß: Sanjeev Gupta.

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