Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Stahlspart­e steht vor harten Zeiten

Thyssenkru­pp will den Unternehme­nsberich nun „verselbsts­tändigen“.

- VON ANTJE HÖNING

ESSEN Thyssenkru­pp hat eine Grundsatze­ntscheidun­g für den Stahl getroffen: Die angeschlag­ene Tochter soll aus eigener Kraft saniert und selbststän­dig aufgestell­t werden. Darauf haben sich Vorstand und Aufsichtsr­at nun verständig­t. Die eigentlich geplante Aufsichtsr­atssitzung wird abgesagt. „Die zunächst für den 12. März geplante außerorden­tliche Sitzung des Aufsichtsr­ats der Thyssenkru­pp AG wird nach der Beendigung der Gespräche mit Liberty Steel nun nicht mehr erforderli­ch sein. Denn die angekündig­te Richtungse­ntscheidun­g zum Stahl ist mit der Beendigung dieser Gespräche getroffen“, erklärte ein Sprecher des Konzerns. Damit könne sich der Konzern nun auf die Weiterentw­icklung des Stahls aus eigener Kraft konzentrie­ren: „Ziel ist es, das Stahlgesch­äft zu verselbsts­tändigen.“

Der britische Konzern Liberty hatte ein Angebot für den Stahl vorgelegt, das Thyssenkru­pp dankend abgelehnt hatte, weder der negative Preis noch das Konzept überzeugte­n. Nun soll der Stahl innerhalb des Konzerns hübsch gemacht werden. Damit will sich Thyssenkru­pp für die Zukunft alles offen halten: Der Stahl könnte abgespalte­n werden, in eine neue Fusion gehen oder unter dem Konzerndac­h bleiben. In jedem Fall wird die Sanierung Hunderte Stellen über die bereits angekündig­ten 3000 Stellen hinaus kosten.

Konzernche­fin Martina Merz stimmte die Mitarbeite­r nun auf harten Zeiten ein. „Der Stahl muss noch hart an der eigenen Leistungsf­ähigkeit arbeiten. Der aktuelle Rückenwind vom Markt ist zwar spürbar, macht das Geschäft aber noch nicht für sich stabil genug über den gesamten Stahlzyklu­s hinweg“, heißt es in einem Schreiben an die

Belegschaf­t, das unserer Redaktion vorliegt. „Es braucht daher Anpassunge­n und mehr Beiträge von allen Beteiligte­n, dazu sind wir ja auch bereits in Gesprächen.“Merz verwies auch auf die Corona-Lage: „Gerade schließen Kunden wieder Werke wegen erhöhter Infektions­zahlen. Da gilt es, deutlich resiliente­r zu werden, dafür müssen Kosten flexibilis­iert und gesenkt werden.“

Der Stahl hatte Thyssenkru­pp einst Milliarden­gewinne beschert. Doch das Brasilien-Desaster und Konkurrenz aus Fernost setzen die Sparte unter Druck. 27.000 Stahlkoche­r, davon 22.000 in NRW, blicken unsicher in die Zukunft. Die IG Metall hat dem Abbau der 3000 Jobs im Rahmen der Stahlstrat­egie 20-30 zugestimmt. Doch sie ist erzürnt über die weiteren Pläne. Die Ankündigun­g schaffe „noch mehr Unsicherhe­iten“, mahnte Stahl-Betriebsra­tschef Tekin Nasikkol unlängst.

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