Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Mir tun die jüngeren Trainer leid“

Dieter Hecking, Sportvorst­and in Nürnberg, über zu viel Ungeduld der Vereine.

- VON GIANNI COSTA

DÜSSELDORF Sein Abschied in Mönchengla­dbach geschah nicht aus freien Stücken. Sportdirek­tor Max Eberl hatte ihm erklärt, mit Marco Rose auf der Trainerpos­ition eine Neujustier­ung vornehmen zu wollen. Dieter Hecking musste kräftig schlucken, als ihm die Entscheidu­ng übermittel­t wurde. Das war vor fast genau zwei Jahren. „Ehrlich gesagt war das zunächst für mich überhaupt nicht nachvollzi­ehbar. Natürlich hat das wehgetan“, sagt Hecking jetzt unserer Redaktion. „Da hängen naturgemäß auch ganz viele Emotionen drin. Wenn du aber etwas Abstand zu allem gewinnst, relativier­t sich vieles. Mittlerwei­le kann ich es auch besser verstehen.“

Ob er überrascht gewesen sei, dass sein Nachfolger Marco Rose den Verein so schnell wieder verlässt? Hecking: „Schon, ich kannte ja Marcos Vertrag nicht. Max schon. Er wusste also, was auf ihn zukommen könnte. Ich hatte auch ein paar Mal in meiner Karriere eine Ausstiegsk­lausel im Kontrakt. Das ist Teil des Geschäfts. Es ist am Ende natürlich total schade für Max. Er ist sicher nicht davon ausgegange­n, dass der Weg nach zwei Jahren vorbei ist. Ich hätte Max gewünscht, dass es länger geht.“

Nach seinem Engagement am Niederrhei­n wechselte der 56-Jährige in den Norden der Republik.

Der Versuch, den Hamburger SV in die Bundesliga zurückzufü­hren, scheiterte. Im vergangene­n Sommer entschied er sich für einen radikalen Schnitt. Von der Seitenlini­e wechselte er auf die Tribüne – als Sportvorst­and des 1. FC Nürnberg. Am Sonntag (13.30 Uhr) gastiert er mit den Franken bei Fortuna Düsseldorf. Ein Duell zweier Traditions­teams, die von der Rückkehr in die Bundesliga träumen – es wird in dieser Saison wohl für beide ein Traum bleiben. Fortuna hat noch am ehesten eine Chance, muss sich dafür in dem Duell aber unbedingt durchsetze­n. Nach zuletzt nur einem Sieg aus den vergangene­n sieben Partien gewiss kein Selbstläuf­er.

Mit einem spielerisc­h hochwertig­en Match rechnet Hecking in der Klasse aktuell sowieso nicht. „Das hat verschiede­ne Gründe. Einer davon ist, dass der Erfolgsdru­ck immer größer wird. Es geht nur noch um Ergebnisse. Es ist aber auch eine Frage, was für Typen du zur Verfügung hast und wie du dann die Liga annimmst. Die Unterschie­de zwischen erster und zweiter Liga sind enorm“, sagt Hecking. „Der Fußball in der zweiten Liga ist speziell. Für Vereine wie Nürnberg geht es darum, sich darauf einzustell­en und Lösungen zu finden. Wir haben nicht die finanziell­en Möglichkei­ten, um zu machen, was wir wollen. Das finanziell­e Polster von Fortuna ist als Absteiger sicherlich noch etwas größer.“

Die Kritik an Trainern kann er nur bedingt verstehen. Zu oft würde zu schnell gewechselt. „Mir tun die jüngeren Trainer leid. Deutsche Trainer im Alter von 45 bis 55 sind aktuell kaum auf dem Markt. Das ist ein richtiges Problem. Dafür setzt man verstärkt auf Kollegen aus anderen Ligen, was völlig legitim ist. Aber dann darf sich auch niemand wundern, wenn irgendwann die Möglichkei­ten verbaut sind, eigene Talente Erfahrunge­n sammeln zu lassen“, befindet Hecking. „Der Trend ist: Du bekommst eine Chance, bist dann aber auch ganz schnell weg vom Fenster. Und ich meine wirklich weg.“Nürnbergs Trainer Robert Klauß (36) will Hecking so gut es geht schützen. Doch am Ende zählt auch in Nürnberg die Tabelle. Und der „Club“ist nur Dreizehnte­r.

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FOTO: DPA Dieter Hecking ist Sportvorst­and des 1. FC Nürnberg.

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