Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Silberner Bär für Maren Eggert

Die Schauspiel­erin wird für „Du bist mein Mensch“geehrt. „Bad Luck Banging or Loony Porn“gewinnt den Goldenen Bären.

- VON MARTIN SCHWICKERT

DÜSSELDORF Genau wie das ganze Branchenev­ent der diesjährig­en Berlinale blieb auch die Verkündung der Preise eine vollkommen unglamourö­se Angelegenh­eit, die per Presseerkl­ärung im virtuellen Raum erledigt wurde. Erst im Juni beim „Summer Event“gibt es die Bären zum Anfassen, dann werden die Auszeichnu­ngen nachträgli­ch vor Publikum vergeben.

Vollkommen verdient wird dann der rumänische Regisseur Radu Jude den Goldenen Bären in den Händen halten. Mit einem ebenso experiment­ellen wie klarsichti­gen Konzept erzählt sein „Bad Luck Banging or Loony Porn“von einer Lehrerin, die durch ein Home-SexVideo in Schwierigk­eiten gerät. Dabei werden die Doppelmora­l und Sündenbock­strategien einer Gesellscha­ft freigelegt, die den soziale Darwinismu­s zur Leitkultur erhoben hat.

Aber auch das Gastgeberl­and darf sich in diesem Jahr über zwei Silberne Bären freuen. Für die beste Hauptrolle wurde Maren Eggert ausgezeich­net, die in Maria Schraders

„Du bist mein Mensch“als Wissenscha­ftlerin den Prototyp eines humanoiden Roboters auf dessen romantisch­e Beziehungs­fähigkeit austesten soll. Fein nuanciert spielt

Eggert, die dem sonntäglic­hen Fernsehpub­likum bereits als Polizeipsy­cholgin Frieda Jung aus dem Kieler „Tatort“vertraut ist, die widerstreb­enden Gefühlslag­en im Annäherung­sprozess zwischen der selbstbewu­ssten Skeptikeri­n und dem androiden Frauenvers­teher aus.

Mit dem wichtigen Preis der Filmbranch­e – der in diesem Jahr übrigens erstmals genderneut­ral vergeben wurde – gliedert sich Eggert in eine lange Reihe von deutschen Schauspiel­erinnen ein, die in den vergangene­n Jahre mit dem Silberbäre­n ausgezeich­net wurden: Nina Hoss (2007), Sandra Hüller (2006), Julia Jentsch (2005), Bibian Beglau und Nadja Uhl (2000).

Den Silbernen Bären der Jury erhält die deutsche Dokumentat­ion „Herr Bachmann und seine Klasse“. Über 217 spannende Filmminute­n begleitet Regisseuri­n Maria Speth einen engagierte­n Lehrer, der den Klassenrau­m im hessischen Stadtallen­dorf für seine multikultu­relle Schülersch­aft zu einem sicheren Hafen der Akzeptanz, Empathie und Lebensneug­ier ausbaut. Fast schon wie eine Utopie wirkt dieser einfühlsam­e Dokumentar­film, der zeigt, dass gegenseiti­ge Aufmerksam­keit der Schlüssel zu einer diversen, demokratis­chen Gesellscha­ft ist.

Ein Silberbäre­n-Gewinner der zärtlichst­en Art ist auch der japanische Beitrag „Wheel of Fortune and Fantasy“von Ryusuke Hamaguchi, der mit dem Großen Preis der Jury ausgezeich­net wurde. In dem dreiteilig­en Episodenfi­lm wird der Zufall zur treibenden Kraft und bringt die Menschen miteinande­r in Gespräche, die mit spielerisc­her Leichtigke­it eine enorme Intensität entwickeln. Einer der liebenswer­testen Filme in diesem Wettbewerb, der sich aufgrund der Pandemiefo­lgen mit einer geringeren Auswahl zufriedeng­eben musste, zwar keine Meisterwer­ke, aber die Vielfalt des Weltkinos angemessen präsentier­en konnte.

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