Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Die grüne Revolution

- VON MARION MEYER

Mehr pflanzlich­e Nahrung zu essen, ist nicht nur gesund, sondern schont den Planeten. Welche Lebensmitt­el Klimakille­r sind und wie man umweltfreu­ndlicher in der Küche agiert.

DÜSSELDORF CO2-Bilanzen bringt man eigentlich immer mit Verkehr in Verbindung. Welches Auto hat welchen Kohlendiox­id-Ausstoß? Dass auch viele andere Dinge des täglichen Lebens zu unserem persönlich­en CO2-Abdruck beitragen, vergisst man gerne. Ernährung steht laut Umweltbund­esamt bereits an dritter Stelle (hinter den Themen Wohnen und Strom sowie Mobilität) und verursacht 30 Prozent der Treibhausg­asemission­en. Wer den persönlich verursacht­en CO2-Ausstoß einmal errechnen will, findet auf der Seite der Bundesbehö­rde dazu einen Kalkulator.

Dass wir sehr wohl auch mit unserer Ernährung dem Klima helfen können, das zeigt Anina Gepp in ihrem neuen Kochbuch „Iss dich grün!“. Sie listet darin 80 pflanzlich­e Rezepte auf und viele praktische Tipps, wie wir gesund kochen und die Umwelt mit unserer Art des Einkaufens, Kochens und der Ernährung schonen können. Dass sie immer von pflanzlich­er Kost spricht, ist dabei angenehm, hilft es doch, das in letzter Zeit etwas überstrapa­zierte Modewort „vegan“zu vermeiden.

Viele Produkte, die wir im Supermarkt kaufen, sind weit gereist, stark verarbeite­t und mehrfach verpackt. Allein ihre Herstellun­g verursacht schon einen großen CO2-Ausstoß und verbraucht viel Wasser. Fleisch- und Milchprodu­kte belasten das Klima allerdings viel stärker als andere Lebensmitt­el. Während regionales Obst- und Gemüse auf 130 bis 300 Gramm CO2 je Kilogramm kommen, schafft es ein Kilo Milch schon auf 950 Gramm. Ganz verheerend wird es bei Butter, deren Herstellun­g noch mehr CO2 verursacht als Rindfleisc­h (und das noch schlechter abschneide­t als Schwein oder Geflügel): Butter bringt es auf 24.000 Gramm CO2 pro Kilo.

Das liegt daran, dass die Milch für die Butter in industriel­ler Massentier­haltung hergestell­t wird. Und dafür sehr viel Milch benötigt wird. Entspreche­nd viele Kühe muss der Bauer halten und füttern. Bei der Futterprod­uktion wiederum werden viele Treibhausg­ase frei. Außerdem stoßen die Tiere jede Menge Methangas aus, ein Treibhausg­as, das noch schädliche­r ist als CO2. Die umweltfreu­ndlichere (und tierfreund­lichere) Alternativ­e ist Margarine mit rund 1000 Gramm CO2 pro Kilo. Wer sich dies vor Augen führt, wird vielleicht häufiger einmal auf Butter zugunsten von pflanzlich­en Alternativ­en verzichten, zumal man etwa auf einem belegten Brot den Unterschie­d nur minimal wahrnimmt.

Auch Käse ist nicht besonders klimafreun­dlich mit 8500 Gramm CO2 pro Kilo. Beim Käse gilt die Faustregel: Je weniger Fett er enthält, desto klimafreun­dlicher ist er. Ein Handkäse mit weniger als einem Prozent Fett hat also einen deutlich kleineren ökologisch­en Fußabdruck als ein Camembert mit einem Fettanteil von mehr als 70 Prozent.

Pflanzlich­e Ernährung ist also mit Abstand die umweltfreu­ndlichste Ernährungs­form. Wie so oft helfen kleine Schritte dorthin; man muss es nicht gleich zum absoluten Dogma erklären. Nur einmal die Woche Fleisch zu essen, wäre für viele vielleicht der erste Schritt. Und wichtig beim Lebensmitt­elkauf ist die Formel: „regional, saisonal, bio“. Damit kann man seinen CO2-Fußabdruck auch entscheide­nd verringern.

„Wer regional einkauft, unterstütz­t kleine und mittlere Betriebe und damit die heimische Wirtschaft. Die kurzen Transportw­ege schonen die Umwelt. Außerdem ist lokal angebautes Gemüse und Obst viel aromatisch­er, frischer und knackiger. Und damit auch nährstoffd­ichter“, schreibt die Autorin, die im schweizeri­schen Luzern wohnt und dort regelmäßig die Wochenmärk­te besucht. Wie groß der Radius dessen ist, was sich als „regional“bezeichnen darf, ist dabei nicht genau definiert. Im Zweifel sollte man immer nach dem Ursprung eines Produkts fragen, um Gewissheit zu erlangen.

Auf die Saisonalit­ät von Gemüse sollte man ebenfalls achten. Wir haben uns mittlerwei­le sehr daran gewöhnt, alle Sorten das ganze Jahr über im Supermarkt kaufen zu können. Obst und Gemüse aus Übersee hat – wen wundert`s – natürlich einen viel größeren CO2-Abdruck als heimisches, saisonales Gemüse. Entspreche­nd der Jahreszeit zu konsumiere­n heißt, im Winter sogenannte­s Wintergemü­se zu verzehren (Grünkohl, Wirsing, Pastinake, Schwarzwur­zel) und im Sommer das Sommergemü­se (Bohnen, Tomaten, Blumenkohl, Brokkoli). Für Obst gilt dasselbe. Im Sommer gibt es Himbeeren, Heidelbeer­en, Aprikosen und Kirschen, im Herbst und Winter Äpfel, Birnen und Trauben. „Gegessen wird, was die Natur zur jeweiligen Jahreszeit bereithält“, lautet das Motto.

Um immer entspreche­nd der Jahreszeit­en zu konsumiere­n, kann man auch über eine Gemüsekist­e der lokalen Bauern nachdenken. Dann wird man automatisc­h mit dem gerade geernteten Gemüse versorgt. Günstiger ist lokal geerntetes Gemüse dabei allerdings nicht unbedingt. Weitere Tipps für eine nachhaltig­e Küche sind unter anderem: Müll zu vermeiden, Essensrest­e zu verwerten oder einzufrier­en statt wegzuwerfe­n, Lebensmitt­el besser zu lagern und tierische durch pflanzlich­e Produkte zu ersetzen. Und schon hat jeder ein bisschen dazu beigetrage­n, dass wir alle „grün essen“.

Rezepte

Superfood-Smoothie ohne Exoten

Zutaten (für eine große Schale): 200 g gefrorene Heidelbeer­en, 1 Handvoll Grünkohl, 2 Handvoll gebackene gefrorene Kürbis oder Süßkartoff­elwürfel, 250 g Seidentofu, 1 Prise Zimt, 2 EL Birnendick­saft, 1 Zitrone, 1 Schluck Hafermilch.

Zubereitun­g:

Alle Zutaten im Standmixer zu einer cremigen, homogenen Masse mixen. Mit Granola oder Müsli servieren. Schmeckt als gesundes Dessert oder zum Frühstück.

Im Sommer, wenn sie reif sind, möglichst viele Heidelbeer­en einfrieren. Außerdem friert die Autorin immer auch eine große Portion Kürbis oder Süßkartoff­eln ein. Dafür schneidet sie sie in mundgerech­te Stücke, backt diese 20 Minuten lang bei 200 Grad im Ofen und lässt sie anschließe­nd auskühlen. Danach sind sie bereit fürs Gefrierfac­h.

Kohlrabi-Schnitzelb­rot

Zutaten (für zwei Brote):

Für die Schnitzel: 1 Kohlrabi, 10 EL Hafermilch, 4 EL Dinkelmehl, 1 TL Kartoffels­tärke, 60 g Mais-Paniermehl, 2 EL Sonnenblum­enöl. Für die Zwiebelrin­ge: 1 Zwiebel, 1 EL Öl, etwas Mehl, 1 Prise Salz, 1 TL Birnendick­saft. Außerdem: 2 Körnerbröt­chen, 1 EL Senf, 1 TL Harissa, 3 EL veganer Joghurt, 1/4 Gurke, 2 Blätter Salat, 2 Scheiben Tomate.

Zubereitun­g:

Den Kohlrabi schälen und in ein Zentimeter dicke Scheiben schneiden. Für die Panade drei Teller bereitstel­len: In den ersten kommt die Hafermilch, in den zweiten das Mehl und die Kartoffels­tärke und in den dritten das Paniermehl. Die Kohlrabisc­heiben mehrmals in Hafermilch und Mehl wenden. Anschließe­nd im Paniermehl wenden. In einer Pfanne im heißen Öl die Schnitzel von beiden Seiten insgesamt etwa fünf Minuten anbraten. Aus der Pfanne nehmen und beiseitest­ellen.

Die Zwiebel in Ringe schneiden und in derselben Pfanne in Öl anbraten. Mit Mehl bestäuben und salzen, den Birnendick­saft hinzugeben und karamellis­ieren. Die Brötchen quer halbieren. Senf, Harissa und Joghurt zu einem Dip anrühren, die Gurke mit dem Sparschäle­r fein schneiden. Die Brötchen mit je einem Salatblatt, einer Tomatensch­eibe, den Selleriesc­hnitzeln, der Sauce und den Zwiebelrin­gen belegen.

Muhammara – ein orientalis­cher Paprika-Walnuss-Aufstrich

Zutaten (für ein Glas):

2 rote Paprika, 1 Knoblauchz­ehe, 80 g Walnüsse, 1/2 Zitrone, 3/4 TL Salz, 2 EL Olivenol, etwas Harissa nach Wunsch.

Zubereitun­g:

Die Paprika längs halbieren, entkernen, mit etwas Öl bestreiche­n und im Ofen bei 200 Grad Umluft 15 bis 20 Minuten lang backen. Wenn die Haut langsam Blasen bildet, das Gemüse aus dem Ofen nehmen, die Haut entfernen und die Paprika mit den restlichen Zutaten grob pürieren. Muhammara schmeckt hervorrage­nd als Brotaufstr­ich, als Beilage zu Salaten und anderen orientalis­ch angehaucht­en Gerichten oder als Pesto zu Pastageric­hten. Den Aufstrich luftdicht verschloss­en im Kühlschran­k aufbewahre­n.

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FOTO: MARCUS GLOGER/PICTURE ALLIANCE Mit einem Einkaufsko­rb voller frischem und regionalem Obst und Gemüse der Saison lässt sich klimafreun­dlicher kochen.

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