Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Vor 100 Jahren wütete die Spanische Grippe
Vor rund 100 Jahren starben Millionen Menschen an der höchst ansteckenden Krankheit. Heute behaupten viele, sie sei gefährlicher als das Coronavirus.
Die Schulen sind geschlossen. Die Straßenbahnen fahren nicht. Das ist ausnahmsweise mal kein Bericht über das Coronavirus und die Einschränkungen, die es deshalb gibt. Vor rund 100 Jahren gab es so etwas schon mal. Damals wütete in vielen Teilen der Welt die sogenannte Spanische Grippe, an der viele Millionen Menschen starben. Zwei Jahre lang dauerte diese Krise. Dann erst ebbte sie ab. Während heute ständig über das Coronavirus berichtet wird, sah das vor rund 100 Jahren ganz anders aus. „Man fand in den Zeitungen fast nichts darüber“, erzählt der Forscher Philipp Osten. Er kennt sich mit der Geschichte der Spanischen Grippe bestens aus. Dass sie zumindest in den deutschen Zeitungen keine große Rolle spielte, hatte einen Grund: Als die Krankheit im Mai 1918 ausbrach, war der Erste Weltkrieg noch in vollem Gange. Der Bevölkerung ging es schlecht, es gab nicht genug zu essen, viele waren bettelarm und krank. „Das Gesundheitssystem war durch den Krieg komplett zusammengebrochen – und dann kam auch noch die Spanische Grippe“, sagt der Fachmann. Berichte darüber wurden deshalb unterdrückt, die Mächtigen wollten Panik verhindern. Vor allem im Ursprungsland, den USA, wurden besondere Maßnahmen ergriffen, die uns heute bekannt vorkommen: Maske tragen, Menschenansammlungen meiden, Quarantäne.
Und war die Spanische Grippe tatsächlich gefährlicher als das Coronavirus? Das lässt sich schwer vergleichen. Die Ausgangssituation war damals ganz anders. Die Menschen waren durch Krieg und Hunger geschwächt. Und: Heute haben wir sehr viel bessere Krankenhäuser und Medikamente. Und wir wissen viel mehr über Viren. Doch warum endete die Spanische Grippe dann überhaupt? „Viele Menschen wurden gegen die Grippe immun. Sie erkrankten also nicht noch einmal daran“, so Philipp Osten. dpa