Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Junge Katholiken kritisieren das Erzbistum
Das Jugendferienwerk fordert Reformen und die kompromisslose Aufarbeitung von Missbrauchsfällen.
GREVENBROICH Die Debatte um die Aufklärung von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche beschäftigt auch die jungen Ehrenamtler des Jugendferienwerks und der Katholischen Jungen Gemeinde (KJG) in Grevenbroich. Sie wollen sich abgrenzen – und beziehen klar Position. In einer Stellungnahme des 500 Mitglieder starken Jugendferienwerks heißt es, dass man „eine kompromisslose, schonungslose Aufklärung und einen transparenten Umgang mit Missbrauchsfällen und Fällen sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche“fordert: „Wir fordern, dass staatliche Rechtsund Strafverfolgungsorgane die weitere Untersuchung übernehmen. Darüber hinaus müssen die Bistumsleitung und weitere Amtsträger [...] endlich moralische Verantwortung für ihre Taten und die Vertuschung übernehmen.“
Auch in der Jugendarbeit sollen die Folgen des Vertrauensverlusts gegenüber der katholischen Kirche zu spüren sein. „Wir als Jugendliche, die sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich in der katholischen Kirche engagieren, fühlen uns nicht mehr wohl bei dieser Tätigkeit“, heißt es in dem zweiseitigen Papier, das alle Team-Mitglieder des Jugendferienwerks mittragen. Die pädagogische Leiterin, Johanna Giesa, fragt stellvertretend: „Wieso sollen wir unermüdliches Engagement in unsere Tätigkeit stecken, wenn in der katholischen Kirche an anderer Stelle Kindesmissbrauch toleriert und die Aufklärung erschwert wird?“
Klar Stellung beziehen und sich dadurch Gehör verschaffen: Dieses Ziel verfolgen die jungen Erwachsenen, die eine „Kirche für alle“wollen, in denen entsprechende Werte gelebt werden. Die Missbrauchsfälle und den Umgang damit durch Geistliche in der katholischen Kirche hätten auch die Mitglieder des Jugendferienwerks „fassungslos“gemacht. „Das wurde in den vergangenen Monaten auch in unseren Vorstandssitzungen und Leitungsrunden diskutiert“, sagt Giesa. Die Frage sei, inwieweit man sich trotz der Missbrauchsfälle und der schleppend laufenden Aufarbeitung noch mit der Kirche identifizieren könne. Sich abzuwenden, komme für die Grevenbroicher jedoch nicht in Frage. „Dann können wir noch weniger bewirken“, sagt Giesa. Das Jugendferienwerk wünscht sich neue Strukturen in der Kirche – eine offene, gerechte und vielfältige Kirche, in der sich Kinder und Jugendliche geschützt und respektiert einbringen können.
Die Initiative kommt auch beim leitenden Pfarrer der katholischen Kirche in Grevenbroich, Meik Schirpenbach, gut an: „Ich begrüße die Initiative sehr, weil sie zeigt, dass es auch jungen Menschen nicht egal ist, was in der Kirche passiert.“Das kürzlich veröffentlichte Gutachten zum Umgang des Erzbistums Köln mit Fällen sexualisierter Gewalt sei ein erster Schritt, die Aufarbeitung stehe jedoch noch am Anfang. „Es ist wichtig, nicht locker zu lassen“, sagt Schirpenbach. Die Stellungnahme des Jugendferienwerks soll nun in den Kirchen ausgelegt werden.
Das Ferienwerk ist Teil der Katholischen Jungen Gemeinde und bietet Ferienlager und Ausflüge für Kinder unterschiedlichen Alters. Die Kirche spielt bei den Aktivitäten keine gewichtige Rolle, gehört aber dazu: So gestalten die Kinder Wortgottesdienste mit und singen gemeinsam.