Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Städte appellieren an Moscheevereine
Wegen der Corona-Pandemie stehen Muslime während des Ramadans vor besonderen Herausforderungen. Größere Zusammenkünfte sind untersagt. Manche treffen sich deshalb auf digitalen Plattformen zum Fastenbrechen.
DÜSSELDORF Als am Dienstagabend die Sonne unterging, nahmen viele Muslime nur im kleinsten Familienkreis eine Mahlzeit ein – und brachen das Fasten nicht im großen Kreis. Wegen der Pandemie sind größere Zusammenkünfte auch während des Ramadans untersagt. „Aufgrund der allgemeinen pandemischen Situation und ihrer vielen Einschränkungen werden wir dieses Jahr tagsüber nicht nur auf das Essen, Trinken und andere körperliche Genüsse verzichten, sondern auch auf die gemeinschaftliche Spiritualität, die uns der Ramadan durch gemeinsamen allabendlichen Iftar (das Fastenbrechen) und andachtsvolle Predigten ermöglicht“, so der Bundesvorstand der Ditib.
Zum zweiten Mal begehen die Muslime den Ramadan während der Pandemie. Ob sie derzeit neben Essen und Trinken auch aufs Impfen verzichten sollen, ist unter Experten strittig. „Diese Frage wurde in den letzten Wochen von muslimischen Gelehrten stark diskutiert. Die absolute Mehrheit sieht im Impfen kein Hindernis zum Fasten, da es sich hier nicht um ein Nahrungspräparat handelt“, sagt der Münsteraner Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide.
Viele Städte in Nordrhein-Westfalen appellieren an die muslimischen Gemeinden, sich auch wirklich an die Corona-Schutzverordnung zu halten, wie eine Umfrage unserer Redaktion ergeben hat. „Wir sprechen über die Migrantenvereine und -verbände die Community an. Es wird dazu eine Videobotschaft von unserem Oberbürgermeister geben sowie eine Ansprache der unterschiedlichen Verbände und Vereine durch das Kommunale Integrationszentrum“, sagt etwa eine Sprecherin der Stadt Essen.
In Mettmann hat es entsprechende Gespräche der Ordnungsbehörde mit den örtlichen Gemeinden gegeben. Der Bürgermeister der Stadt Moers hat den örtlichen Moschee-Vereinen einen Brief mit Grüßen zum Ramadan geschickt und darum gebeten, dass die Vorstände die Gläubigen sensibilisieren. „Zwei Gemeinden hatten direkt zurückgemeldet, dass sie das gemeinsame Fastenbrechen untersagt und die Mitglieder gebeten haben, auch im privaten Bereich die Kontakte stark einzuschränken“, erklärt ein Sprecher der Stadt Moers.
Auch Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) hat einen Brief an die örtlichen Gemeinden geschickt. Darin heißt es: „Wir bitten darum, auch in der vor uns liegenden Zeit wie in den letzten Wochen und Monaten verantwortungsvoll und vorsichtig zu sein und die Gesundheit aller zu schützen. Dann ist es wirklich möglich, dass es der letzte Ramadan mit Corona ist.“
Die Stadt Bonn steht in Kontakt mit den Moschee-Gemeinden und hat in einer E-Mail noch einmal auf die Erfordernisse zur Durchführung von Gottesdiensten hingewiesen. „In der Mail wird unter anderem empfohlen, Teilnehmende an den Gottesdiensten zu einem Schnelltest zu veranlassen und grundsätzlich verantwortungsvoll zu prüfen, ob die Gemeinschaftsgebete überhaupt angeboten werden sollen“, sagt eine städtische Sprecherin.
Nach Einschätzung des Münsteraner Islamwissenschaftlers Khorchide besteht die große Herausforderung für die meisten Muslime im Verzicht auf das gemeinschaftliche Fastenbrechen am Abend. „Es ist üblich, dass in den Moscheen solche gemeinsamen Fastenbrechen, aber auch zusätzliche Gebete in der Nacht, abgehalten werden. Diese müssen nun wegen der Pandemie ausfallen, und somit geht eine gewisse soziale Dimension verloren“, erklärt Khorchide. Einige Muslime würden sich deshalb auf digitalen Plattformen treffen. „So isst zwar jeder allein, aber man versucht dennoch, sich beim Essen zu unterhalten und das Beste aus der Situation zu machen.“
Auf zusätzliche Kontrollen während des Ramadans wollen die Kommunen weitestgehend verzichten. „Kontrollen in den Moscheen werden wir nicht durchführen, weil wir davon ausgehen, dass die Moerser Gemeinden die Vorgaben verantwortlich umsetzen“, sagt der Sprecher der Stadt Moers. Davon geht man auch in Mettmann aus. „Gezielte Kontrollen wird es nicht geben. Eine Sicherstellung, dass sich große Familienverbände dennoch treffen, kann allerdings genauso wenig erfolgen wie an Weihnachten oder zuletzt zum Osterfest“, so ein Sprecher
der Stadt Mettmann. In Bonn werden Kontrollen stattfinden, soweit dies erforderlich ist. „Im privaten Bereich wäre das nur denkbar, wenn Hinweise bei der Stadt eingehen“, so die Sprecherin der Stadt.
In Dormagen wird die Einhaltung der Regeln stichprobenartig kontrolliert. „Das Ordnungsamt kann nicht sicherstellen, dass Zusammenkünfte im privaten Bereich tatsächlich stattfinden. Bei Zusammenkünften im öffentlichen Bereich wäre das Ordnungsamt innerhalb der Dienstzeiten auch auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen, um tätig werden zu können“, wie die Stadt auf Anfrage schriftlich mitteilt. In Münster werde konsequent kontrolliert – unabhängig von religiösen Feiertagen. „Um diesem Auftrag auch weiterhin gerecht zu werden, wurden die personellen Ressourcen kurzfristig auch noch einmal aufgestockt“, so eine Sprecherin.
In kreisfreien Städten und Landkreisen mit Inzidenzwerten von über 200 wird es aufgrund von Ausgangssperren (21 Uhr abends bis 5 Uhr morgens) weitere Einschränkungen geben – wie beispielsweise in Remscheid und im Märkischen Kreis. „In der Zeit darf man nicht auf die Straße und natürlich auch nicht zur Moschee gehen“, sagt eine Sprecherin der Stadt Remscheid.