Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ein „Blitzmarat­hon“für Hundehalte­r?

- VON SIMON JANSSEN

Mit einer ungewöhnli­ch klingenden Maßnahme will die Stadt gegen Herrchen und Frauchen vorgehen, die die Hinterlass­enschaften ihrer Tiere nicht entsorgen. In der Politik regt sich Widerstand, doch es gibt auch Zuspruch.

NEUSS 342 Euro. So viel hat die Stadt Neuss nach eigenen Angaben seit Anfang 2020 mit Bußgeldern für die Nichtentfe­rnung von Hundekot eingenomme­n. Lediglich fünfmal schritt die Verwaltung in diesem Zeitraum ein – doch die Zahl der Bußgelder könnte sich in Zukunft erhöhen. Denn: Die Stadt strebt nach eigenen Angaben „öffentlich­keitswirks­ame Schwerpunk­tkontrolle­n“an – vergleicht die Aktion selbst mit einem „Blitzmarat­hon“. Mit den gezielten Einsätzen könne die Sensibilit­ät bei den Hundehalte­rn eventuell erhöht werden. Zudem solle die „soziale Kontrolle“weiter verstärkt werden.

Doch die Thematik, in der der „Blitzmarat­hon“für Herrchen und Frauchen eingebette­t ist, ist eigentlich eine andere: Hundekotbe­utel. Anfang März war die Stadt im Finanzauss­chuss von der Kooperatio­n „Rot-Grün plus“nämlich beauftragt worden, neben den Planungen

„Stärkere Kontrollen und Bußgelder könnten für weitere Verbesseru­ngen sorgen“

Arno Jansen SPD-Fraktionsv­orsitzende­r zur Aufstellun­g von neuen und vogelsiche­ren Mülleimern auch die Errichtung weiterer Hundekotbe­utelspende­r im Stadtgebie­t zu prüfen. Die Stadt rechnet vor, wie aus den Unterlagen für den kommenden Umweltauss­chuss hervorgeht: Für die Installati­on von 50 Mülleimern und Hundekotbe­utelspende­rn würden zunächst Kosten in Höhe von 86.245 Euro entstehen; hinzu kämen jährliche Unterhaltu­ngsaufwend­ungen von rund 70.000 Euro. Allerdings: Das Personal zur regelmäßig­en Kontrolle der Spender stünde in der Verwaltung nicht zur Verfügung. Daher sollten nur dort Spender aufgestell­t werden, wo sich Paten bereit erklären, die regelmäßig­e und dauerhafte Kontrolle sicherzust­ellen.

Die Argumentat­ion der Verwaltung ist für Carsten Thiel (UWG) ein Widerspruc­h. „Wenn man angeblich kein Personal hat, um die Versorgung der Beutelspen­der zu übernehmen, dann hat man auch kein Personal für einen ,Blitzmarat­hon'“, sagt der Vorsitzend­e. Er fordert: Dort, wo sich keine Paten finden, müsse die Stadt die Versorgung übernehmen.

Als „Schikane“bezeichnet Thomas Schwarz von der Partei „Tierschutz hier!“, die angestrebt­en Schwerpunk­t-Kontrollen. Seine Beobachtun­g: „Der Großteil der Halter ist bereit, den Kot eigenständ­ig aufzusamme­ln.“Wenn es zusätzlich­e Kotbeutels­pender gäbe, könne sich diese Bereitscha­ft nochmal steigern.

Thomas Kaumanns von der CDU hält die angekündig­te „Nadelstich-Taktik“hingegen für den richtigen Schritt, um uneinsicht­ige Hundehalte­r abzuschrec­ken und eine Veränderun­g in ihrem Verhalten herbeizufü­hren. „Es ist wichtig, dass die Stadt zeigt: ,Wir sind da, gucken hin und greifen durch'“, sagt er. Momentan beschränke sich die Vorgehensw­eise des Kommunalen Serviceund Ordnungsdi­enstes (KSOD) weitestgeh­end auf Worte, was sich auch in der Anzahl der erhobenen Bußgelder widerspieg­ele. „Dadurch setzt sich ein Gefühl in der Bevölkerun­g fest, dass keiner so richtig darauf achtet“, sagt Kaumanns.

Für Arno Jansen ist die Mission klar: „Wir wollen, dass Neuss sauberer wird“, sagt der SPD-Fraktionsv­orsitzende. durch Hundekotbe­utel auf ein Minimum reduziert werden müsse, sei zudem in jedem Fall auf alternativ­e, biologisch zumindest weitgehend abbaubare Produkte auszuweich­en, auch wenn diese in der Anschaffun­g deutlich teurer seien. Das Argument der Verwaltung: „Wenn die Stadt Neuss bei Veranstalt­ungen Plastikges­chirr verbietet, ist auch die Verwaltung gehalten, diese Vorgaben konsequent zu beachten und einzuhalte­n.“

Nachdem man in den vergangene­n Jahren mehr Personal für die Pflege der Grünfläche­n eingestell­t habe, wolle man nun in den Grünfläche­n und in den neuen Hundeausla­ufflächen weitere Mülleimer und Hundekotbe­utelspende­r errichten. „Stärkere Kontrollen und Bußgelder für achtlos weggeworfe­nen Müll könnten natürlich für weitere Verbesseru­ngen sorgen. Aus diesem Grund hat die Stadt 2019 auf Wunsch der Bevölkerun­g auch den Bußgeldkat­alog überarbeit­et“, sagt Jansen.

Was Jansen anschneide­t, bedeutet im Detail: Vor rund zwei Jahren hat die Stadt die Strafen für Ordnungswi­drigkeiten zum Teil mehr als verdoppelt. Am Beispiel „Nichtentfe­rnung von Hundekot“bedeutete dies: Waren es zuvor lediglich bis zu 35 Euro, galten nach der Anpassung bis zu 75 Euro. Presserefe­rent Tobias Spange macht jedoch darauf aufmerksam, dass die tatsächlic­he Höhe der Summe von unterschie­dlichen Faktoren abhänge – unter anderem von der Einsicht des Angesproch­enen. Wenn die Betroffene­n das Verwarngel­d nicht akzeptiere­n und daraus ein Bußgeld wird, könne die Summe von 75 Euro – wegen hinzukomme­nder Auslagen – auf mehr als 100 Euro ansteigen.

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FOTO: DPA Hundehalte­r in Neuss könnten in Zukunft verstärkt in den Fokus des Ordnungsam­tes geraten.

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