Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Ein „Blitzmarathon“für Hundehalter?
Mit einer ungewöhnlich klingenden Maßnahme will die Stadt gegen Herrchen und Frauchen vorgehen, die die Hinterlassenschaften ihrer Tiere nicht entsorgen. In der Politik regt sich Widerstand, doch es gibt auch Zuspruch.
NEUSS 342 Euro. So viel hat die Stadt Neuss nach eigenen Angaben seit Anfang 2020 mit Bußgeldern für die Nichtentfernung von Hundekot eingenommen. Lediglich fünfmal schritt die Verwaltung in diesem Zeitraum ein – doch die Zahl der Bußgelder könnte sich in Zukunft erhöhen. Denn: Die Stadt strebt nach eigenen Angaben „öffentlichkeitswirksame Schwerpunktkontrollen“an – vergleicht die Aktion selbst mit einem „Blitzmarathon“. Mit den gezielten Einsätzen könne die Sensibilität bei den Hundehaltern eventuell erhöht werden. Zudem solle die „soziale Kontrolle“weiter verstärkt werden.
Doch die Thematik, in der der „Blitzmarathon“für Herrchen und Frauchen eingebettet ist, ist eigentlich eine andere: Hundekotbeutel. Anfang März war die Stadt im Finanzausschuss von der Kooperation „Rot-Grün plus“nämlich beauftragt worden, neben den Planungen
„Stärkere Kontrollen und Bußgelder könnten für weitere Verbesserungen sorgen“
Arno Jansen SPD-Fraktionsvorsitzender zur Aufstellung von neuen und vogelsicheren Mülleimern auch die Errichtung weiterer Hundekotbeutelspender im Stadtgebiet zu prüfen. Die Stadt rechnet vor, wie aus den Unterlagen für den kommenden Umweltausschuss hervorgeht: Für die Installation von 50 Mülleimern und Hundekotbeutelspendern würden zunächst Kosten in Höhe von 86.245 Euro entstehen; hinzu kämen jährliche Unterhaltungsaufwendungen von rund 70.000 Euro. Allerdings: Das Personal zur regelmäßigen Kontrolle der Spender stünde in der Verwaltung nicht zur Verfügung. Daher sollten nur dort Spender aufgestellt werden, wo sich Paten bereit erklären, die regelmäßige und dauerhafte Kontrolle sicherzustellen.
Die Argumentation der Verwaltung ist für Carsten Thiel (UWG) ein Widerspruch. „Wenn man angeblich kein Personal hat, um die Versorgung der Beutelspender zu übernehmen, dann hat man auch kein Personal für einen ,Blitzmarathon'“, sagt der Vorsitzende. Er fordert: Dort, wo sich keine Paten finden, müsse die Stadt die Versorgung übernehmen.
Als „Schikane“bezeichnet Thomas Schwarz von der Partei „Tierschutz hier!“, die angestrebten Schwerpunkt-Kontrollen. Seine Beobachtung: „Der Großteil der Halter ist bereit, den Kot eigenständig aufzusammeln.“Wenn es zusätzliche Kotbeutelspender gäbe, könne sich diese Bereitschaft nochmal steigern.
Thomas Kaumanns von der CDU hält die angekündigte „Nadelstich-Taktik“hingegen für den richtigen Schritt, um uneinsichtige Hundehalter abzuschrecken und eine Veränderung in ihrem Verhalten herbeizuführen. „Es ist wichtig, dass die Stadt zeigt: ,Wir sind da, gucken hin und greifen durch'“, sagt er. Momentan beschränke sich die Vorgehensweise des Kommunalen Serviceund Ordnungsdienstes (KSOD) weitestgehend auf Worte, was sich auch in der Anzahl der erhobenen Bußgelder widerspiegele. „Dadurch setzt sich ein Gefühl in der Bevölkerung fest, dass keiner so richtig darauf achtet“, sagt Kaumanns.
Für Arno Jansen ist die Mission klar: „Wir wollen, dass Neuss sauberer wird“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende. durch Hundekotbeutel auf ein Minimum reduziert werden müsse, sei zudem in jedem Fall auf alternative, biologisch zumindest weitgehend abbaubare Produkte auszuweichen, auch wenn diese in der Anschaffung deutlich teurer seien. Das Argument der Verwaltung: „Wenn die Stadt Neuss bei Veranstaltungen Plastikgeschirr verbietet, ist auch die Verwaltung gehalten, diese Vorgaben konsequent zu beachten und einzuhalten.“
Nachdem man in den vergangenen Jahren mehr Personal für die Pflege der Grünflächen eingestellt habe, wolle man nun in den Grünflächen und in den neuen Hundeauslaufflächen weitere Mülleimer und Hundekotbeutelspender errichten. „Stärkere Kontrollen und Bußgelder für achtlos weggeworfenen Müll könnten natürlich für weitere Verbesserungen sorgen. Aus diesem Grund hat die Stadt 2019 auf Wunsch der Bevölkerung auch den Bußgeldkatalog überarbeitet“, sagt Jansen.
Was Jansen anschneidet, bedeutet im Detail: Vor rund zwei Jahren hat die Stadt die Strafen für Ordnungswidrigkeiten zum Teil mehr als verdoppelt. Am Beispiel „Nichtentfernung von Hundekot“bedeutete dies: Waren es zuvor lediglich bis zu 35 Euro, galten nach der Anpassung bis zu 75 Euro. Pressereferent Tobias Spange macht jedoch darauf aufmerksam, dass die tatsächliche Höhe der Summe von unterschiedlichen Faktoren abhänge – unter anderem von der Einsicht des Angesprochenen. Wenn die Betroffenen das Verwarngeld nicht akzeptieren und daraus ein Bußgeld wird, könne die Summe von 75 Euro – wegen hinzukommender Auslagen – auf mehr als 100 Euro ansteigen.