Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Freilaufende Hunde hetzen Rehe zu Tode
Jäger klären in ihrem Revier über Regeln auf, die Hundehalter beachten müssen. Aus gutem Grund: Immer wieder werden Wildtiere gehetzt. Alleine im Gustorfer Bend wurden 2021 schon acht von Hunden gerissene Rehe entdeckt.
GREVENBROICH Herbert Philipps und Thomas Gigowski sind leidenschaftliche Jäger. Sie verbringen viel Zeit in ihrem Revier, das große Teile des Grevenbroicher Südens umfasst. Hege und Pflege, das sind ihre Aufgaben rund um Frimmersdorf und Neurath. Aktuell kommt noch die Aufklärungsarbeit hinzu: Die beiden Waidmänner machen verstärkt Hundebesitzer darauf aufmerksam, dass sie ihre Tiere abseits von Feldund Waldwegen an der Leine führen müssen. „In der Regel treffen wir bei unseren Gesprächen auf Verständnis“, sagt Gigowski. „Leider gibt es aber auch Ausnahmen.“
Und diese Ausnahmen würden den Wildtieren – gerade jetzt in
„Jeden Fall, der mir bekannt wird, werde ich zur Anzeige bringen“
Frank Wadenpohl Stadtförster der Brut- und Setzzeit – ordentlich zu schaffen machen. Erst kürzlich sei am Neurather See wieder beobachtet worden, dass ein Reh panisch flüchtete, weil es von einem Hund gehetzt und angegriffen wurde – obwohl dort komplett Leinenpflicht gilt. „Auf der Kreisstraße 39, in der Höhe des Sees, kam es schon ungewöhnlich früh im Jahr zu einer Häufung von Wildunfällen. Drei Rehe wurden in einem Abstand von etwa 20 Metern überfahren“, schildert Herbert Philipps. „Vielleicht sind freilaufende Hunde eine Erklärung dafür. Diese Tiere könnten auf der Flucht gewesen und vor ein Auto gerannt sein.“
Stadtförster Frank Wadenpohl unterstreicht diese Vermutung. Nahezu täglich ermahnt er Hundebesitzer, die ihre Tiere frei auf dem Feld oder im Wald herumlaufen lassen. Aus gutem Grund: „Alleine im Gustorfer Bend haben wir in diesem Jahr schon acht Rehe entdeckt, die von Hunden gerissen wurden“, sagt er. Und der Stadtförster macht deutlich: „Jeden Fall, der mir bekannt wird, werde ich zur Anzeige bringen. Irgendwann ist Schluss mit Lustig.“Zwar werden den Revierpächtern immer wieder Fälle geschildert, in denen Rehe oder andere Wildtiere von Hunden gejagt wurden – doch: „Leider werden uns die Namen der Besitzer nicht genannt“, bedauert Thomas Gigowski. „Wir würden gerne einmal mit denen sprechen.“
Die Corona-Pandemie hat das Freizeitverhalten geändert, viele treibt es hinaus in die Natur. „Das ist verständlich“, sagt Wadenpohl. „Allerdings schwinden damit auch die Rückzugsräume für Wildtiere. Sie haben weniger Ruhepausen, die Suche nach Nahrung wird schwerer und letztlich erleben sie mehr Stress durch die ständige Anpassung.“Gehen dann auch noch Hunde auf die Jagd, wird es noch kritischer für das Wild. Um darauf aufmerksam zu machen, haben Herbert Philipps und Thomas Gigowski in ihr Portemonnaie gegriffen und Broschüren mit dem Titel „Mit dem Hund durch die Natur“angeschafft. Diese – eigentlich simplen –Verhaltensregeln verteilen sie großzügig in ihrem Revier. „Dabei stoßen wir fast ausschließlich auf offene Ohren“, sagt Gigowski. „Es sind nur einige wenige, die völlig uneinsichtig sind.“
Corona hat viele auf den Hund gebracht. Nach Angaben des Verbands
für das deutsche Hundewesen (VDH) sind die Verkaufszahlen 2020 gegenüber den Vorjahren um rund 20 Prozent gestiegen. Dieser Trend macht sich auch in Grevenbroich bemerkbar. 2020 wurden 130 Hunde mehr angemeldet als 2019, sagt Stadtsprecherin Claudia Leppert. Förster Wadenpohl appelliert an die Halter, mehr auf ihre Tiere zu achten – nicht nur, weil Wildtiere gehetzt und Spaziergänger mit Kothaufen konfrontiert werden. „Hundebesitzer dulden mittlerweile auch, dass ihre Lieblinge unsere Holzbänke zerbeißen. Das ist ein Phänomen, das ich im ganzen Stadtwald beobachte.“