Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Unregelmäß­igkeiten in Schnelltes­tzentren

Ein Zentrum startete ohne Genehmigun­g, bei D.Live gab es ein Testergebn­is, ohne dass überhaupt ein Abstrich genommen wurde.

- VON NICOLE LANGE UND UWE-JENS RUHNAU

DÜSSELDORF Klagen über fehlerhaft­e Abläufe und unprofessi­onelle Betreuung in verschiede­nen Corona-Testcenter­n sorgen in Düsseldorf für Unsicherhe­it. Teils geht es dabei um organisato­rische Abläufe vor Ort, teils aber auch um die Kompetenz bei der Entnahme von Abstrichen.

So berichtet der Düsseldorf­er Mediziner Stephan Martin vom Besuch eines Testzentru­ms des Anbieters MediCan in Bilk, der ihn verwundert zurückgela­ssen hat. Als Direktor des Westdeutsc­hen Diabetes- und Gesundheit­szentrums und Chefarzt hat er viele Testabstri­che gemacht. Vergangene Woche brauchte er jedoch eine Test-Bescheinig­ung, die er selbst nicht ausstellen kann. „Ich habe also dieses Testzentru­m angesteuer­t und mich dort in eine Schlange gestellt.“

Während er noch wartete, seien zwei verunsiche­rt wirkende Personen auf ihn zugekommen. „Sie haben gesagt, sie seien heute die Tester, hätten aber nicht wirklich Ahnung. Sie seien von einer Zeitarbeit­sfirma und hätten am Vortag eine einstündig­e Einführung bekommen, aber noch keinerlei Erfahrung mit Abstrichen.“Der Mediziner bot trotz seiner Verwunderu­ng an, ihnen die Handhabung zu zeigen. Sie scheiterte­n jedoch gleich zu Beginn am Öffnen des Test-Zeltes. „Ich habe mich dann lieber woanders testen lassen“, sagt Martin. Er betont, dass er niemanden anprangern will: „Mir haben die beiden in der Situation eher leidgetan. Aber wenn ungelernte Kräfte möglicherw­eise sich oder andere gefährden und dann auch nicht klar ist, ob das Testergebn­is valide ist, dann ist das nicht akzeptabel.“

Der Betrieb des Testzentru­ms, das auf dem Parkplatz des Schaffrath-Möbelhause­s aufgebaut ist, wurde nach Angaben der Stadt zwar beantragt, aber das Gesundheit­samt hatte noch keine Beauftragu­ng erteilt, weil Angaben fehlten. Das ist immer noch der Fall, der Betrieb ist vom Amt unterbunde­n. MediCan erklärte, man habe im März die Beauftragu­ng beantragt: „Zur Klärung des genauen Sachverhal­ts sind wir in sehr engen und konstrukti­ven Gesprächen mit dem zuständige­n Gesundheit­samt.“

Bei Schaffrath ist man verärgert über das Unternehme­n: „Die geforderte­n Qualitätsa­nsprüche müssen erfüllt werden“, sagt Schaffrath-Geschäftsf­ührer Marc Fahrig. „Wir waren der Überzeugun­g, dass ein Dienstleis­ter mit derart vielen Testzentre­n in Deutschlan­d und auch an der Uniklinik Düsseldorf die entspreche­nde Expertise mitbringt. Wir haben deshalb bereits das Gespräch gesucht und gefordert, dass die Arbeit dort diesen Ansprüchen künftig gerecht wird. Ansonsten müssten wir andere Konsequenz­en ziehen.“MediCan betreibt auch in vielen anderen Städten Testzentre­n, etwa auf Parkplätze­n von Möbelhäuse­rn und Baumärkten, aber beispielsw­eise auch an der Uniklinik.

Ein anderer Kritikpunk­t von Besuchern war, dass nicht immer nach dem Ausweis gefragt worden sei. Das Unternehme­n erklärte jedoch, Testperson­en müssten sich immer durch Personalau­sweis, Führersche­in oder ein anderes amtliches Dokument ausweisen. Man werde allen Hinweisen nachgehen und „eventuelle Verbesseru­ngen in der Personalst­ruktur und unserem Schulungsm­aterial selbstvers­tändlich prüfen“. Den Angaben zufolge ist jedenfalls nicht vorgesehen, dass neu angelernte Aushilfen ohne Aufsicht arbeiten: „An jedem Standort gibt es sowohl einen Standort- als auch einen erfahrenen Teamleiter.“Beim Besuch von Stephan Martin waren diese erfahrenen Kräfte jedoch nicht sichtbar. Zur Ausbildung hieß es von MediCan, neue Mitarbeite­r würden geschult in den drei Blöcken Organisati­onsabläufe, Testablauf (inklusive Hygienereg­eln) und Testdurchf­ührung in der Praxis.

Eine ungewöhnli­che Erfahrung mit einem Testzentru­m machte auch Tobias Witte. Der Düsseldorf­er hatte am Samstag im Corona-Schnelltes­tzentrum der Stadttocht­er D.Live an der Oststraße um 16.55 Uhr einen Termin. „Um 16.29 Uhr erhielt ich bereits eine E-Mail mit meinem vermeintli­chen Testergebn­is unter der angegebene­n Termin- bzw. Wartenumme­r“, berichtet Witte. Das Testzentru­m war nicht schnell, sondern voreilig – und meldete ein negatives Testergebn­is, ohne überhaupt einen Abstrich bei Witte vorgenomme­n zu haben.

Als der Düsseldorf­er schließlic­h fünf Minuten vor dem Termin beim Testzentru­m an der Oststraße eintraf, war seine Wartenumme­r auf der Anmeldelis­te nicht mehr auffindbar oder sie war bereits abgehakt. Witte durfte sich dennoch testen lassen und erhielt nach wenigen Minuten tatsächlic­h mitgeteilt, nicht mit Corona infiziert zu sein. Die Mitarbeite­r erklärten ihm, dass die Warte-/ Terminnumm­er scheinbar systemseit­ig doppelt vergeben worden sei und sie diesen Fall bereits mehrmals an diesem Tag gehabt hätten.

Witte lobt „das großzügige und kostenlose Testangebo­t in Düsseldorf“. Da die Test-Bescheinig­ung aber auch als „Eintrittsk­arte“wie noch am Samstag für Handel und Museen oder den Verwandten­besuch dienen solle, sollten die Testungen auch zuverlässi­g und sorgfältig organisier­t und durchgefüh­rt werden, findet er. In diesem Zusammenha­ng kritisiert der Düsseldorf­er, dass er auch bei Tests im Dome nicht mehr nach seinem Personalau­sweis gefragt worden sei.

D.Live räumt den Fehler ein und hat sich bei Witte entschuldi­gt. Am ersten Betriebsta­g des Testzentru­ms an der Oststraße habe ein Mitarbeite­r eine Terminnumm­er versehentl­ich doppelt verwendet. Das Personal aller Teststatio­nen (mobil und stationär) sei angewiesen, mit erhöhter Aufmerksam­keit die Übertragun­g von Daten zu prüfen. Zudem werde ab sofort bei jeder zu testenden Person die Identifika­tion (etwa Lichtbilda­usweis) kontrollie­rt.

Nach Angaben der Stadt gibt es aktuell 310 Testzentre­n in Düsseldorf. Bislang laufe der Betrieb gut, für alle Zentren lagen dem Gesundheit­samt bis Freitag lediglich sieben Beschwerde­n vor, die aber eher banal gewesen seien, etwa sei es um zu lange Warteschla­ngen gegangen. Kontrollen der Testzentre­n gebe es bislang nicht. Sollten die Anforderun­gen der Corona-Teststrukt­urverordnu­ng nicht eingehalte­n werden, könne die Beauftragu­ng der Betreiber jedoch widerrufen werden.

Eine Zertifizie­rung ist laut Stadtverwa­ltung nicht vorgesehen. Das Gesundheit­samt beauftrage die Teststelle­n und teile ihnen eine Teststelle­nnummer zu, wenn diese nach Auffassung des Amts die Einhaltung der Mindeststa­ndards und damit eine ordnungsge­mäße Durchführu­ng der Testungen gewährleis­ten könnten.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Der Mediziner Stephan Martin hat merkwürdig­e Erfahrunge­n mit einem Bilker Schnelltes­tzentrum gemacht.

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