Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Unregelmäßigkeiten in Schnelltestzentren
Ein Zentrum startete ohne Genehmigung, bei D.Live gab es ein Testergebnis, ohne dass überhaupt ein Abstrich genommen wurde.
DÜSSELDORF Klagen über fehlerhafte Abläufe und unprofessionelle Betreuung in verschiedenen Corona-Testcentern sorgen in Düsseldorf für Unsicherheit. Teils geht es dabei um organisatorische Abläufe vor Ort, teils aber auch um die Kompetenz bei der Entnahme von Abstrichen.
So berichtet der Düsseldorfer Mediziner Stephan Martin vom Besuch eines Testzentrums des Anbieters MediCan in Bilk, der ihn verwundert zurückgelassen hat. Als Direktor des Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrums und Chefarzt hat er viele Testabstriche gemacht. Vergangene Woche brauchte er jedoch eine Test-Bescheinigung, die er selbst nicht ausstellen kann. „Ich habe also dieses Testzentrum angesteuert und mich dort in eine Schlange gestellt.“
Während er noch wartete, seien zwei verunsichert wirkende Personen auf ihn zugekommen. „Sie haben gesagt, sie seien heute die Tester, hätten aber nicht wirklich Ahnung. Sie seien von einer Zeitarbeitsfirma und hätten am Vortag eine einstündige Einführung bekommen, aber noch keinerlei Erfahrung mit Abstrichen.“Der Mediziner bot trotz seiner Verwunderung an, ihnen die Handhabung zu zeigen. Sie scheiterten jedoch gleich zu Beginn am Öffnen des Test-Zeltes. „Ich habe mich dann lieber woanders testen lassen“, sagt Martin. Er betont, dass er niemanden anprangern will: „Mir haben die beiden in der Situation eher leidgetan. Aber wenn ungelernte Kräfte möglicherweise sich oder andere gefährden und dann auch nicht klar ist, ob das Testergebnis valide ist, dann ist das nicht akzeptabel.“
Der Betrieb des Testzentrums, das auf dem Parkplatz des Schaffrath-Möbelhauses aufgebaut ist, wurde nach Angaben der Stadt zwar beantragt, aber das Gesundheitsamt hatte noch keine Beauftragung erteilt, weil Angaben fehlten. Das ist immer noch der Fall, der Betrieb ist vom Amt unterbunden. MediCan erklärte, man habe im März die Beauftragung beantragt: „Zur Klärung des genauen Sachverhalts sind wir in sehr engen und konstruktiven Gesprächen mit dem zuständigen Gesundheitsamt.“
Bei Schaffrath ist man verärgert über das Unternehmen: „Die geforderten Qualitätsansprüche müssen erfüllt werden“, sagt Schaffrath-Geschäftsführer Marc Fahrig. „Wir waren der Überzeugung, dass ein Dienstleister mit derart vielen Testzentren in Deutschland und auch an der Uniklinik Düsseldorf die entsprechende Expertise mitbringt. Wir haben deshalb bereits das Gespräch gesucht und gefordert, dass die Arbeit dort diesen Ansprüchen künftig gerecht wird. Ansonsten müssten wir andere Konsequenzen ziehen.“MediCan betreibt auch in vielen anderen Städten Testzentren, etwa auf Parkplätzen von Möbelhäusern und Baumärkten, aber beispielsweise auch an der Uniklinik.
Ein anderer Kritikpunkt von Besuchern war, dass nicht immer nach dem Ausweis gefragt worden sei. Das Unternehmen erklärte jedoch, Testpersonen müssten sich immer durch Personalausweis, Führerschein oder ein anderes amtliches Dokument ausweisen. Man werde allen Hinweisen nachgehen und „eventuelle Verbesserungen in der Personalstruktur und unserem Schulungsmaterial selbstverständlich prüfen“. Den Angaben zufolge ist jedenfalls nicht vorgesehen, dass neu angelernte Aushilfen ohne Aufsicht arbeiten: „An jedem Standort gibt es sowohl einen Standort- als auch einen erfahrenen Teamleiter.“Beim Besuch von Stephan Martin waren diese erfahrenen Kräfte jedoch nicht sichtbar. Zur Ausbildung hieß es von MediCan, neue Mitarbeiter würden geschult in den drei Blöcken Organisationsabläufe, Testablauf (inklusive Hygieneregeln) und Testdurchführung in der Praxis.
Eine ungewöhnliche Erfahrung mit einem Testzentrum machte auch Tobias Witte. Der Düsseldorfer hatte am Samstag im Corona-Schnelltestzentrum der Stadttochter D.Live an der Oststraße um 16.55 Uhr einen Termin. „Um 16.29 Uhr erhielt ich bereits eine E-Mail mit meinem vermeintlichen Testergebnis unter der angegebenen Termin- bzw. Wartenummer“, berichtet Witte. Das Testzentrum war nicht schnell, sondern voreilig – und meldete ein negatives Testergebnis, ohne überhaupt einen Abstrich bei Witte vorgenommen zu haben.
Als der Düsseldorfer schließlich fünf Minuten vor dem Termin beim Testzentrum an der Oststraße eintraf, war seine Wartenummer auf der Anmeldeliste nicht mehr auffindbar oder sie war bereits abgehakt. Witte durfte sich dennoch testen lassen und erhielt nach wenigen Minuten tatsächlich mitgeteilt, nicht mit Corona infiziert zu sein. Die Mitarbeiter erklärten ihm, dass die Warte-/ Terminnummer scheinbar systemseitig doppelt vergeben worden sei und sie diesen Fall bereits mehrmals an diesem Tag gehabt hätten.
Witte lobt „das großzügige und kostenlose Testangebot in Düsseldorf“. Da die Test-Bescheinigung aber auch als „Eintrittskarte“wie noch am Samstag für Handel und Museen oder den Verwandtenbesuch dienen solle, sollten die Testungen auch zuverlässig und sorgfältig organisiert und durchgeführt werden, findet er. In diesem Zusammenhang kritisiert der Düsseldorfer, dass er auch bei Tests im Dome nicht mehr nach seinem Personalausweis gefragt worden sei.
D.Live räumt den Fehler ein und hat sich bei Witte entschuldigt. Am ersten Betriebstag des Testzentrums an der Oststraße habe ein Mitarbeiter eine Terminnummer versehentlich doppelt verwendet. Das Personal aller Teststationen (mobil und stationär) sei angewiesen, mit erhöhter Aufmerksamkeit die Übertragung von Daten zu prüfen. Zudem werde ab sofort bei jeder zu testenden Person die Identifikation (etwa Lichtbildausweis) kontrolliert.
Nach Angaben der Stadt gibt es aktuell 310 Testzentren in Düsseldorf. Bislang laufe der Betrieb gut, für alle Zentren lagen dem Gesundheitsamt bis Freitag lediglich sieben Beschwerden vor, die aber eher banal gewesen seien, etwa sei es um zu lange Warteschlangen gegangen. Kontrollen der Testzentren gebe es bislang nicht. Sollten die Anforderungen der Corona-Teststrukturverordnung nicht eingehalten werden, könne die Beauftragung der Betreiber jedoch widerrufen werden.
Eine Zertifizierung ist laut Stadtverwaltung nicht vorgesehen. Das Gesundheitsamt beauftrage die Teststellen und teile ihnen eine Teststellennummer zu, wenn diese nach Auffassung des Amts die Einhaltung der Mindeststandards und damit eine ordnungsgemäße Durchführung der Testungen gewährleisten könnten.