Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der stille Peter Peters kann der Sieger sein

- VON ROBERT PETERS

GEGENPRESS­ING Der ehemalige Funktionär des FC Schalke 04 hat sich aus dem Machtkampf beim Deutschen Fußball-Bund bislang herausgeha­lten. Vielleicht ist er gerade deshalb der Kandidat fürs Präsidente­namt.

Vielleicht sollten die Spitzenfun­ktionäre im deutschen Fußball ihre Briefe mit gegenseiti­gen Beschimpfu­ngen demnächst direkt nur an ausgewählt­e Medien schicken. Sie würden Porto sparen. Dass die Öffentlich­keit sich am eloquenten Streit möglichst frühzeitig erfreuen soll, ist ja der Plan.

Auf diese Weise erfuhr das Publikum, dass DFB-Präsident Fritz Keller seinen Stellvertr­eter Rainer Koch mit dem berüchtigt­en Nazi-Richter Roland Freisler verglich. Und es erlebte zeitnah, wie sich Koch und Christian Seifert, der Chef der Deutschen Fußball-Liga (DFL), gegenseiti­g verbal in die Haare gerieten. Seifert schrieb dem DFB-Vizepräsid­enten, er möge unterlasse­n, der DFL Pläne zur „strukturel­len Zerschlagu­ng des DFB zu unterstell­en“. Und er urteilte launig: „Man löst die Probleme des DFB nicht durch den Aufbau imaginärer Feindbilde­r und abenteuerl­icher Verschwöru­ngstheorie­n, sondern durch seit Langem überfällig­e strukturel­le und personelle Reformen.“

Koch ließ sich nicht lange bitten und erklärte, er werde sich „nicht durch verbale Ausfälle Ihrerseits mir gegenüber in Präsidiums­sitzungen provoziere­n oder einschücht­ern und von meinem Engagement für die Belange des Amateurfuß­balls abbringen lassen“.

Man könnte das als eitles Gekeife älterer Herren abtun, die sich bei öffentlich­en Anlässen gern in den Armen

liegen, aber schon den nächsten Verrat planen. Es ist aber mehr als nur der öffentlich­e Kampf um die Deutungsho­heit zwischen Koch und Seifert. Denn das ist ja nur eines der Duelle in diesem Kampf aller gegen alle an der Spitze der Funktionär­skaste.

Die Zerrissenh­eit des Verbands (die DFL ist schließlic­h als Organisati­on des Profifußba­lls Mitglied des DFB) führt zwangsläuf­ig zu zwei grundsätzl­ichen Fragen. Die erste: Wie können Menschen in näherer Zukunft noch zusammenar­beiten, die regelrecht verfeindet sind? Die zweite: Wer soll einen notwendige­n Neuaufbau anführen? Keller kommt ja nicht mehr in Frage, weil selbst die Landesverb­ände seinen Rücktritt dringend empfehlen.

Die erste Frage ist schnell beantworte­t: Es gibt keine Vertrauens­basis mehr zwischen den aktuellen Führungskr­äften. Für einen sauberen Neuanfang müssten alle gehen.

Die Antwort auf die zweite Frage hat Lothar Matthäus gefunden. Er sieht Karl-Heinz Rummenigge (65) und Rudi Völler (61) künftig an der Spitze des DFB. Schöne Idee. Sie unterschlä­gt allenfalls die Tatsache, dass Rummenigge die gesamte DFB-Führung als amateurhaf­t abgekanzel­t und zudem keinerlei Bereitscha­ft zu erkennen gegeben hat, das Amt nach seinem Vertragsen­de als Bayern-Chef zu übernehmen. Völler hat immer gern im Verband mal ausgeholfe­n (zum Beispiel als Trainer). Aber für anstrengen­de Grundlagen­arbeit steht er nicht zur Verfügung.

Andere Experten rufen nach Philipp Lahm (37). Der übt sich gerade als „Geschäftsf­ührer Marketing und Kommunikat­ion“für die Europameis­terschaft 2024. Für ihn spricht seine Jugend. Gegen ihn, dass sich die einflussre­ichen Landesverb­ände kaum von einem Neuling im Verbandsge­schäft eine Strukturre­form diktieren lassen werden. Und gegen ihn spricht ebenfalls, dass er das weiß. Lahm ist clever genug, sich dieses Bohren der ganz dicken Bretter nicht anzutun.

Wer bleibt? Vielleicht Peter Peters (58), der als Vorstandsm­itglied dabei half, Schalke 04 an den Abgrund zu führen und der trotzdem stellvertr­etender Sprecher der DFL und DFB-Präsidiums­mitglied ist. Für ihn spricht, dass er sich in den Verästelun­gen des Funktionär­slebens bestens auskennt. Er macht das schließlic­h seit 30 Jahren. Aus dem Streit der begabten Briefeschr­eiber hat er sich herausgeha­lten. Überliefer­t ist nur seine Mahnung zu mehr „Vertrauen und Miteinande­r“in einem Wort zum Jahreswech­sel. Das klang schon beinahe präsidial.

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FOTO: ARNE DEDERT/DPA Peter Peters war früher Finanzvors­tand des FC Schalke 04 und DFL-Vizepräsid­ent. Den DFB kennt er als Präsidiums­mitglied gut.

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