Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Neusser Luft so sauber wie lange nicht
Die Stickstoffdioxid-Werte in Neuss waren 2020 auf einem Rekordtief. Das hat nur teilweise mit der Pandemie zu tun.
NEUSS Die Neusser Luft ist im Jahr 2020 so sauber gewesen wie lange nicht. Die drei Messstellen an der Batteriestraße, der Friedrichstraße und der Krefelder Straße wiesen einen niedrigeren Gehalt von schädlichem Stickstoffdioxid (NO2) in der Luft aus als 2019. Neuss blieb damit wie alle Städte NRWs unter dem EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter.
Dazu hat auch der durch die Pandemie reduzierte Autoverkehr in der Stadt beigetragen. Er ging an den Verkehrs-Hotspots Batteriestraße und Friedrichstraße über den Verkehrsdaten des Navigationsanbeiters TomTom zufolge um zehn beziehungsweise 18 Prozent zurück. Im gesamten Stadtgebiet gab es 10,5 Prozent weniger Autoverkehr als im Vorjahr. Doch welchen Anteil hat das niedrigere Verkehrsaufkommen an der Abnahme des Stickstoffdioxids von 14 bis 18 Prozent?
Eine Sprecherin des Umwelt-Landesamtes (Lanuv) sagt dazu: „Viele meinen jetzt, Corona hat die Welt gerettet. So einfach ist es nicht.“Als der erste Lockdown im März 2020 kam, seien die Menschen verstärkt zuhause geblieben, „später im Jahr, auch während der zweiten Welle, bewegte sich der Verkehr dann fast wieder auf Normalniveau“. Einem Bericht des Bundesumweltamtes zufolge ist mit der Pandemie deutschlandweit nur rund ein Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft eingespart worden. In Neuss war aber alleine auf der Batteriestraße
ein Rückgang von sieben Mikrogramm zu verzeichnen.
Der Umweltdezernent der Stadt, Matthias Welpmann, hat für die bessere Luft eine Erklärung: „Die Stadtwerke haben ihre Busflotte auf schadstoffärmere Euro-6-Fahrzeuge umgestellt. Das macht sich bemerkbar“, sagt er. Doch gerade in der in der Krefelder Straße, wo außer Bussen keine benzinbetriebenen Fahrzeuge
fahren, bewegten sich die Messwerte auf dem gleichen Niveau wie an der vielbefahrenen Batteriestraße. Welpmann führt das darauf zurück, dass Anbieter der Regionalbuslinien ihre Fahrzeuge eben noch nicht modernisiert hätten.
Viel wichtiger als die Busse sei aber, so die Sprecherin des Umwelt-Landesamtes, dass die schmutzigsten Autos nach und nach von den Straßen verschwinden. Immer mehr Menschen würden sich einen Euro-6-Diesel anschaffen. Vom Bundesumweltamt heißt es, das reduziere die Stickstoffdioxide um durchschnittlich zwei Mikrogramm: Diesel-Autos sind Hauptquelle für Stickstoffdioxid. Durchschnittlich ein weiteres Mikrogramm habe zudem durch die infolge des Diesel-Skandals mit Softwareupdates nachgerüsteten Autos eingespart werden können. Welpmann betont, dass auch durch Maßnahmen wie eine bessere Steuerung der Parkhäuser oder eine intelligentere Ampelschaltung Schadstoffe in Neuss reduziert worden wären.
Bei der Feinstaub-Belastung blieb Neuss ebenso deutlich unter dem Grenzwert. Für die Zukunft könnte Feinstaub aber wieder relevanter werden, denn er ist schädlicher als angenommen: In Deutschland gibt es sieben Mal so viele vorzeitige Todesfälle wegen Feinstaub wie bei NO2. Die WHO überarbeitet gerade ihre Grenzwert-Empfehlungen.
In Neuss sind für die nahe Zukunft Elektrobusse geplant, es wird ein Mobilitätsentwicklungskonzept diskutiert, das Modellversuche mit autobefreiten Straßen in der Innenstadt vorsieht. Das würde dann auch die Neusser Luft weiter verbessern.