Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Schneller impfen, wo es eng wird

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Köln tut es, Düsseldorf will es und auch andere Städte scharren mit den Hufen: Wenn die Menschen nicht zum Impfstoff kommen, muss der Impfstoff zu den Menschen kommen. Gemeint sind Impfangebo­te in Quartieren, in den Menschen häufig beengt in Mehr-Personen-Haushalten leben, viele von ihnen mit erhebliche­n Sprachbarr­ieren. Solche Viertel gibt es auch in Neuss und ebenso in anderen Städten des Rhein-Kreises. Erfttal, der Stadtteil, auf den die CDU in dieser Woche besonders hingewiese­n hat, ist kein Einzelfall. Auch wenn exakt stadtteil-scharfe statistisc­he Auswertung­en schwierig sind, weil die Infizierte­n nach Postleitza­hlen erfasst werden, sollte der Rhein-Kreis nicht zögern, sich wie Köln oder Düsseldorf beim Land um Sonderkont­ingente an Impfstoff zu bemühen. Entscheide­nd kann nicht allein die Statistik sein. Es zählt auch die Erfahrung von Menschen, die in den Stadtteile­n leben oder dort arbeiten, etwa im sozialen oder medizinisc­hen Bereich. Kritiker können zwar zu Recht einwenden, dass die Gefahr besteht, Stadtteile zu stigmatisi­eren. Wenn Impf-Mobile

anrollen wie in Köln oder Hausärzte verstärkt impfen, wie es Düsseldorf plant, ist es deshalb wichtig, klar zu machen, dass eine hohe Inzidenz in einem Stadtteil nicht automatisc­h heißt, dass sich die Menschen dort nicht an die Abstands- und Hygienevor­schriften halten. Dennoch sind sie oft einem viel höheren Risiko ausgesetzt, an Covid-19 zu erkranken. Beengte Wohnverhäl­tnisse ohne eigene Gärten, ein „nach draußen“verlagerte­s Leben, gerade jetzt, wenn die Temperatur­en steigen, Arbeit in prekären Jobs, in denen Homeoffice nicht möglich ist, und Mobilität häufig mit Bus und Bahn fordern ihren Tribut. Deshalb wiegt der Schutz der Menschen dort höher als die Gefahr einer Stigmatisi­erung. In den betreffend­en Stadtteile­n mit mehr Aufklärung, vor allem aber einfach zugänglich­en Impfungen anzusetzen, könnte ein Schlüssel zur Pandemie-Bekämpfung sein – nicht nur in den besonders betroffene­n Quartieren. Das Virus macht bekanntlic­h nicht an Länderund schon gar nicht an Stadtteilg­renzen halt.

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