Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Ein Innovator für die Lebensmittelwirtschaft
Mit dem Launch-Center für die Lebensmittelwirtschaft steht ein spannendes Strukturwandel-Projekt in den Startlöchern. Welche Ziele es hat und wie die Region profitiert.
NEUSS Wenn alles glatt geht, dann erfolgt der Startschuss schon im vierten Quartal. Mit dem Launch-Center für die Lebensmittelwirtschaft (LCL) steht ein spannendes Strukturwandel-Projekt in den Startlöchern. Zurzeit wird der Förderantrag geschrieben, erklärt Kreisdirektor Dirk Brügge, zugleich läuft die Suche nach einem Mietobjekt in Neuss. Denn, dass die Quirinus-Stadt der ideale Standort ist, betont Alexander Prange, Professor und Vizepräsident für Forschung und Transfer an der Hochschule Niederrhein. Er nennt die Nähe zu den etablierten Unternehmen, insbesondere den Lebensmittel- und Tiernahrungsherstellern, als wichtigen Standortfaktor und betont, dass zum Beispiel der Neusser Produktenmarkt und Unternehmen wie die Maschinenfabrik Reinartz oder die Ölmühle Sels wichtige Partner seien. „Diese Unterstützung ist wie das Salz in der Suppe“, sagt Prange.
Das Bild passt. Schließlich geht es beim LCL stark vereinfacht um den Transfer von Ideen, die gemeinsame Entwicklung von Produkten im Lebensmittelbereich und darum, sie auf den Markt zu bringen. Wissenschaft und Wirtschaft sollen dabei ihre Stärken bündeln und voneinander profitieren. Die Hochschule Niederrhein ist als Partner des Rhein-Kreises bei der Umsetzung des LCL im Boot, in Neuss wird dabei auch ein Lernort entstehen. Denn Forschung, Entwicklung und Weiterbildung sollen Hand in Hand gehen.
Zwei Dinge sind dabei, wie Dirk Brügge betont, vor dem Hintergrund des Strukturwandels besonders im Blick. Erstens: der Erhalt von Arbeitsplätzen. Und zweitens: Wachstum, das Schaffen neuer, gut bezahlter Arbeitsplätze und die Erschließung neuer beziehungsweise erweiterter Wertschöpfungsmodelle. Die Nähe zu den etablierten Unternehmen ist dabei das eine. Das andere ist: Um das LCL als Zentrum sollen sich auch Startups ansiedeln oder Spinoffs aus der gemeinsamen Arbeit hervorgehen. Perspektivisch könnten ein Food Park und ein Food Hub entstehen – mit dem LCL als Anker.
Alexander Prange erklärt, wie die Arbeit vor Ort konkret aussehen könnte. „Pilze zum Beispiel sind enorm gefragt“, sagt der Experte, der von Hause aus Mikrobiologe und Agrarwissenschaftler ist. Zusammen mit der Industrie vor Ort könnten neue Möglichkeiten für den Champignons-Anbau entwickelt werden. Zum Beispiel, indem dabei natürliche Bestandteile, die in der Nahrungsmittelproduktion übrig bleiben, als Boden-Ersatz verwendet würden. Die Idee: mehr Nachhaltigkeit, mehr Klimaschutz, neue Wertschöpfung. Schließlich sollen, betont Dirk Brügge, nicht nur neue Ideen entwickelt und Produkte zur Marktreife gebracht werden, sondern Produktionsprozesse
noch effizienter werden. „Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Wertschöpfung – das gehört alles zusammen“, sagt er.
Mit dem LCL soll der Rhein-Kreis noch mehr ins Zentrum der Lebensmittelproduktion in NRW rücken. Als Projekt der etablierten Lebensmittelund Tiernahrungshersteller bis hin zu den Niederlanden soll das LCL eine offene Entwicklungsplattform mit dem Ziel einer Überführung in eine öffentlich-private Partnerschaft bieten. Entlang der Produktionskette geht es um pflanzliche Lebensmittel, alternative Proteine sowie die Verwertung pflanzlicher Roh- und Reststoffe. Die Nähe zu den forschenden und produzierenden Unternehmen ermöglicht einen direkten und unkomplizierten Austausch. Zu den Zielen gehören neben der Erschließung neuer beziehungsweise erweiterter Wertschöpfungsmodelle sowie dem Erhalt und der Schaffung von Arbeitsplätzen – auch hochwertiger Jobs durch Qualifikation und Schulung im direkten Betriebskontext – auch die Beratung und Dienstleistungen im Bereich Unternehmensstrategie.
Schon jetzt hat das Projekt etwas, das mancher Fußball-Bundesligist gerne eines Tages hätte: einen dritten Stern. Im Sport steht das für Meisterschaften, den ersten Stern gibt's für drei Titel, den zweiten für fünf, den dritten für zehn. Und im Grunde ist der dritte Stern, den die Zukunftsagentur Rheinisches Revier (ZRR) für Strukturwandel-Projekte vergibt, ebenfalls äußerst meisterlich. Er zeigt: Dieses Vorhaben hat
Zukunft und kann neue Wertschöpfung und Arbeitsplätze generieren und Nachhaltigkeit fördern. Der dritte Stern ist aber noch aus einem anderen Grund wichtig: Er bedeutet, dass ein konkreter Förderantrag im
Zuge des Bundesprogramms „Stärkung der Transformationsdynamik und Aufbruch in den Revieren und an Kohle-Kraftwerksstandorten“gestellt werden kann. An diesem Punkt steht das LCL gerade.