Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Mehr Infektione­n bei Altenheim-Personal

Corona war beinahe aus den Seniorenhe­imen verschwund­en. Nun gibt es wieder vermehrt Infektione­n.

- VON VERENA KENSBOCK

DÜSSELDORF Das Coronaviru­s hat sich im vergangene­n Monat wieder verstärkt in Düsseldorf­s Seniorenhe­imen verbreitet. Zu Beginn des Monats waren die Fallzahlen noch gering: Ein Senior im St.-Anna-Stift sowie vier Beschäftig­te aus unterschie­dlichen Einrichtun­gen waren infiziert. Bis zum Ende des Monats haben sich die Infektions­zahlen jedoch vervielfac­ht – 16 Bewohnerin­nen und Bewohner sowie 20 Mitarbeite­nde wurden positiv getestet.

Zwar mag dieser erneute Anstieg beunruhige­n, dennoch hat sich die Situation verändert. Seit Mitte Oktober schlüsselt die Stadt Düsseldorf täglich in ihren Corona-Zahlen auch die Fälle in Altenheime­n auf. Hier zeigt sich, in welchen Wellen sich das Infektions­geschehen in den Einrichtun­gen bewegt. Während zunächst nur vereinzelt­e Fälle gemeldet wurden, kletterte die Zahl der Infektione­n im Winter allmählich in die Höhe. Am 28. Dezember wurden 122 Pflegeheim-Bewohner und 16 Beschäftig­te als infiziert gemeldet – der Höhepunkt zeitgleich zum Beginn der Corona-Schutzimpf­ungen. Mit den Impfungen schwanden die Zahlen allmählich. Im März gab es zeitweise keine bekannten Corona-Fälle unter den Bewohnerin­nen und Bewohnern von Altenheime­n, lediglich eine Pflegekraf­t war infiziert.

Dass die Infektione­n nun wieder angestiege­n sind, liegt den Zahlen zufolge vor allem am Personal. Anders als vor dem Start der Impfungen sind nun nicht mehr mehrheitli­ch die Senioren infiziert, sondern die Beschäftig­ten. Im Gerricusst­ift etwa wurden in der vergangene­n Woche drei Mitarbeite­nde positiv auf das Coronaviru­s getestet, zwei in der Seniorenre­sidenz Pro Seniore. In den meisten Fällen gelingt es offenbar jedoch, eine Übertragun­g auf die Heimbewohn­er zu verhindern, hier blieben alle Senioren gesund.

Ein großer Teil der jüngsten Infektione­n im April geht auf das Caritas-Altenzentr­um Herz-Jesu in Flingern zurück. 15 Senioren und acht Mitarbeite­nde waren hier in der Spitze infiziert. Für solch ein großes Haus aber keine bedenklich­e Zahl, sagt Rainer Schlagheck­en, der das Referat Pflege im Caritas-Verband Düsseldorf leitet. 183 Menschen leben und 80 Pflegekräf­te arbeiten hier.

Wie das Virus in die Einrichtun­g gelangen konnte, ist nicht ganz klar. Mindestens alle zwei Tage unterziehe­n sich Bewohner und Beschäftig­te einem Schnelltes­t – häufiger als gefordert. Am Freitag, 16. April, waren noch alle negativ, am Montag darauf fielen plötzlich 14 Tests positiv aus. Doch die Wirkung der Corona-Schutzimpf­ung zeige sich nun deutlich: „Die Infektione­n waren absolut unauffälli­g, die Betroffene­n haben kaum Symptome gezeigt“, sagt Schlagheck­en. Dennoch ist die Impfquote bei den Beschäftig­ten ein Thema.

Etwa 90 Prozent der Bewohnerin­nen und Bewohner haben sich impfen lassen, beim Personal waren es nur 70 Prozent, sagt Schlagheck­en. Immer wieder stecken sich Beschäftig­te im privaten Umfeld an, berichten auch andere Einrichtun­gen einstimmig. Die Impfquote liegt hier in allen Häusern deutlich unter der der Bewohner. „Wir stellen aber fest, dass die Zweifel von Impfskepti­kern immer mehr nachlassen“, sagt Schlagheck­en. „Es gibt eine große berufliche Verantwort­ung. Als Nicht-Geimpfter hat man immer die Gefahr, das Virus in die Einrichtun­g zu tragen – und das in einem helfenden Beruf. Das ist ein Widerspruc­h.“Zudem bringt die Impfung mittlerwei­le auch Verbesseru­ngen im Alltag mit sich: Geimpfte sollen künftig negativ Getesteten gleichgest­ellt werden.

Entscheide­n sich Pflegekräf­te nachträgli­ch dazu, sich impfen zu lassen, werden sie mit neu hinzugezog­enen Bewohnern bei der Stadt gemeldet. Für die Impfung der Seniorinne­n und Senioren kommen mobile Impf-Teams in die Einrichtun­g, das Personal kann die entspreche­nden Termine vorher im Impfzentru­m vereinbare­n. Auch die Betriebsär­zte der Caritas befinden sich in Vorbereitu­ng, um bald impfen zu können, sagt Schlagheck­en. Mittlerwei­le ist die Welle abgeflacht – die Stadt meldete am Freitag eine im Heim lebende Person und elf Beschäftig­te als infiziert. Die Besuchsreg­eln für Seniorenhe­ime hat die Verwaltung indes verschärft. Seit Donnerstag dürfen Gäste nur eine Pflegeeinr­ichtung betreten, wenn sie einen negatives Testergebn­is vorzeigen, das nicht älter ist als 24 Stunden – vorher galten 48 Stunden. Das Land NRW verpflicht­et alle Heime, den Besuchern einen Schnelltes­t oder Selbsttest anzubieten. An Lockerunge­n tasten sich die Heime trotz Impfungen und regelmäßig­er Tests nur langsam heran.

Sie sind nicht nur vorsichtig, sondern auch ängstlich. Ansteckung­en sind immer noch möglich und die gesundheit­lichen Auswirkung­en nicht zu kalkuliere­n, sagt eine Sprecherin der Caritas. „Wir stellen fest, dass bei den hochbetagt­en Menschen nach wie vor ein hohes Sicherheit­sbedürfnis besteht.“Sitzgymnas­tik, Kegeln, Gemeinscha­ftsspiele, Bastelkrei­se laufen darum nur langsam wieder an.

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