Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Die CDU sucht nach Führung
Corona wird dafür verantwortlich gemacht, dass die CDU keinen neuen Vorstand wählen kann. Vorsitzender Dickers sieht sich als „lame duck“. Ein Kandidat für die Nachfolge ist da, noch ist das Rennen für weitere Bewerber offen.
DORMAGEN Es ist fast genau sieben Monate her, seitdem Ludwig Dickers auf der Mitgliederversammlung der Dormagener CDU angekündigt an, bei der nächsten Versammlung des Stadtverbandes nicht mehr zu kandidieren. Die sollte (eigentlich) sehr zeitnah stattfinden, am liebsten noch im alten Jahr, meinten die Mitglieder, die unzufrieden mit dem Abschneiden bei der Kommunalwahl, aber auch mit der Arbeit des amtierenden Vorstands im Vorfeld sind. Spätestens aber Anfang 2021. Daraus ist nichts geworden. „Die Corona-Pandemie macht uns einen Strich durch alle Planungen“, sagt Dickers.
Er hofft auf einen Termin Ende Mai. Dann hört er auf. Und was dann? Bislang hat mit Michael Conrad ein Kandidat den Hut in den Bewerber-Ring geworfen. Ob es dabei bleibt, ist ungewiss. Klar ist, sagen Mitglieder, dass dringend Impulse aus dem Stadtverband kommen müssen, von denen auch die Fraktion im Stadtrat profitieren würde.
Die Christdemokraten haben jetzt den
26. Mai ins Visier genommen und wollenimGespräch mit der
Stadt feststellen, ob die Corona-Lage es ermöglicht, dass die Mitgliederversammlung im Hubertussaal in Straberg zusammenkommen kann. Denn eine solche Versammlung mit Vorstandswahlen kann nur in Präsenz über die Bühne gehen, betont der scheidende Vorsitzende Dickers. „Ansonsten sollte es aber bis zu den Sommerferien klappen.“Er sieht sich selbst als „lame duck“, also jemand, also als lahme Ente, als die im Ursprung ein US-Präsident bezeichnet wird, der nicht mehr zur Wiederwahl antritt. Dickers: „Das ist nicht gerade sehr zielführend.“Also eine „lahme Ente“an der Parteispitze und ein Vorstandsteam, das komplett neu gewählt werden muss.
Was, besser gesagt, wer folgt? Mit Michael Conrad tauchte schon in der damaligen Versammlung in der Kulturhalle ein Bewerber auf, der, im Vorfeld abgesprochen oder nicht, als Kandidat aufgerufen wurde. Das Neu-Ratsmitglied will denn auch antreten. Gibt es weitere Kandidaten oder Kandidatinnen? Bis heute offiziell nicht. Nimmt man die vielfältige, zum Teil sehr konstruktive Kritik von einigen Mitgliedern bei der damaligen Versammlung, so könnte es kurzfristig aus der Mitgliederschaft durchaus noch weitere Bewerbungen.
Vielleicht von Leuten, die bis dato noch nicht in irgendeiner Funktion bekannt sein. Hört man sich in CDU-Kreisen um, gibt es auch Stimmen, die die Kandidatur einer Frau für diese Spitzenposition für längst überfällig halten.
Sorgen, dass sich das poröse Machtgefüge negativ auf den Bundestagswahlkampf auswirken könnte, sieht Ludwig Dickers nicht: „Das Wahlkampfteam für unseren Kandidaten Hermann Gröhe unter Leitung von Carola Westerheide und Michael Conrad steht. Da sind keine negativen Auswirkungen zu befürchten.“Wie es auch hätte anders gehen können, beschreibt einer, der lange zu den führenden Köpfen in der CDU gehörte, der Partei aber abgeschworen hat: Peter-Olaf Hoffmann. Der ehemalige Bürgermeister spricht von „keiner berauschenden Situation“für die CDU ohne eine Führung, die etwas entwickelt. Seit zehn Jahren befinde sich die CDU auf dem „absteigenden Ast“und jetzt in der Opposition. „Man hätte mit einer kommissarischen Führung mit neuen Leuten arbeiten können, die vom Vorstand kooptiert werden und die Arbeit machen.“Die CDU „dümpelt“jetzt vor sich hin, in der öffentlichen Wahrnehmung seien SPD und Grüne präsenter.