Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Umweltbildung zum Anfassen
Iris Niehörster hat vor 15 Jahren angefangen, Kindern den Zauber des Waldes zu vermitteln. „Alles anfassen, alles ausprobieren“, ist ihr Motto. Mit ihren Kursen bereichert sie die Arbeit des SV Rosellen.
ROSELLERHEIDE Was man liebt, das schützt man – mit diesem Wunsch geht Iris Niehörster aus Rosellerheide seit mehr als 15 Jahren mit Kindern in den Wald: „Durch vielfältige Sinneseindrücke, Fantasie und Freude hoffe ich, dass die nächste Generation eine emotionale Bindung zur Natur entwickelt und unsere Umwelt dadurch als schützenswert betrachtet – und liebevoll und achtsam mit ihr umgeht.“
Das offene Konzept, das dahinter steckt, ist einfach erklärt: Iris` Wald rucksack wird mit einigen Schätzen gepackt, die ein möglichst freies und absichtsloses Spiel ermöglichen. Seile in verschiedenen Stärken und Längen, Eimerchen und Schaufeln, Lupengläser, Murmeln oder auch Salzteig. Ansonsten verlässt sich die 52-Jährige auf das, „was Wetter, Wald und Jahreszeit zu bieten haben“.
Und das ist einiges. Im Sommer werden Barfußpfade angelegt, an selbstgemachten Lianen geschwungen oder mit Wasser geplantscht. Der Herbst eignet sich wunderbar zum Pfützen springen oder um im Matsch zu spielen. Und im Frühling gibt es einige Tiere zu beobachten. Aber auch der Winter im Wald hat seinen Reiz, denn dann ist es am Nachmittag schon dunkel. Das sorgt für ein ganz besonderes Erleben: „Sich zu trauen mit der vertrauten Gruppe in den stockfinsteren Wald zu gehen und diesen nur mit der Taschenlampe zu erkunden, ist ein echtes Abenteuer.“
Einmal in der Woche treffen sich circa 15 Kinder auf dem Waldparkplatz am Mühlenbusch und erkunden die Natur – Umweltwissen to go inklusive. „Ich war schon Waldbaden, als es das Wort noch gar nicht gab,“erinnert sich die Mutter von vier erwachsenen Kindern, die die Waldgruppe derzeit für den SV Rosellen anbietet.
Ihre Waldkinder sind zwischen drei und elf Jahren alt. Vanessa und
Noah begleiten als Gruppenhelfer schon seit Jahren und obwohl sie inzwischen studieren: „Im Wald kommen die Kinder auf sehr philosophische Fragen,“erklärt Noah seine anhaltende Begeisterung für dieses Format. Da sind Gespräche über – im wahrsten Sinne – Gott und die Welt keine Seltenheit.
Klara (11) kommt aus Allerheiligen und ist seit drei Jahren großer Fan der Waldgruppe: „Wir bauen etwas und lernen viel über die Natur,“berichtet sie. Aber auch über sprachliche Paradoxien hat sie mit Noah schon diskutiert. „Wir hatten das Thema im Philosophie-Unterricht in der Schule.“
Als „sich inspirierende Gruppe“bezeichnet Iris ihre Teilnehmer und betont: „Im Wald dürfen die Kinder alles anfassen, alles ausprobieren und jede Idee umsetzen - ganz ohne Leistungsdruck, Hektik oder Stress.“Ausgeglichen und ruhig kommen sie dann nach anderthalb Stunden zurück zu ihren Eltern. Bewegung, Luft
„Im Wald dürfen die Kinder alles anfassen und alles ausprobieren – ohne Druck“
Iris Niehörster Naturpädagogin und Tageslicht sind, gerade in Zeiten von Homeschooling, wichtige Aspekte. „Das Naturerlebnis im Wald ist einfach nur schön.“, sagt Felix Send aus dem Meertal. Seine Kinder Alina und Julian sind acht und fünf Jahre alt und kommen „schon immer“zur Gruppe. „Sie können dort selbständig spielen und denken sich immer etwas Neues aus.“
„Die Natur und den Lauf der Jahreszeiten spielerisch zu erleben und die Gedanken dabei auch einmal laufen zu lassen, sorgt für ein großes Umweltbewusstsein,“reflektiert die Gruppenleiterin die vielen Jahre ihrer Tätigkeit im Wald. Denn die Stille der Natur macht erst aufmerksam für elementare Sinneseindrücke, die im Gegensatz stehen zu der Reizüberflutung des Alltags. Die Schulung motorischer Fähigkeiten wie Gleichgewichts- oder Raumlagesinn, aber auch die spielerische Förderung von Fein- und Grobmotorik passieren fast nebenbei. Denn im Vordergrund steht die Freude an der Natur und das freie, achtsame Erleben der Umwelt: „Hier ist es nicht so, dass ich sage, was gemacht werden muss. Ganz im Gegenteil: Die Kinder zeigen mir das, was sie brauchen,“sagt Iris Niehörster.