Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Mit der Rikscha durchs Stadtgebie­t

- VON ANNELI GOEBELS

Die Bürgerstif­tung Neuss möchte Bewohnern von Pflegeheim­en mit Rikscha-Touren mehr Teilhabe ermögliche­n. Im September soll die erste startklar in Grimlingha­usen stehen. Gesucht werden jetzt Piloten.

NEUSS „Radeln ohne Alter“ist ein Netzwerk, das 2012 in Kopenhagen gegründet wurde und mittlerwei­le längst auch in deutschen Städten bekannt ist. 50 Standorte gebe es, sagt Bärbel Kremers-Gerads von der Neusser Bürgerstif­tung – und nun auch einen in Neuss. Ziel der Bewegung ist es, ältere Menschen, die selbst nicht mehr mobil sind, wieder teilhaben zu lassen, an schönen Orten, an der Natur oder eben einfach an Stätten, Ortsteilen, Straßen, die sie einmal gut gekannt, aber vielleicht Jahre nicht gesehen haben. Dorthin sollen sie natürlich nicht selber radeln, sondern werden kutschiert, in einer gemütliche­n Rikscha mit Dach geschützt vor Wind oder Regentropf­en.

Solch ein Gefährt will die Bürgerstif­tung nun anschaffen. Erst einmal nur eins, weil es auch teuer ist, nämlich um die 10.000 Euro. Über die Hälfte des Betrags hat die Bürgerstif­tung bereits zusammen, und Wolfgang Steinert von der zuständige­n Arbeitsgru­ppe ist optimistis­ch, dass mit Hilfe von Sponsoren auch noch der „Rest“dazukommt. Möglichst bald, denn im September soll die erste Rikscha im Neusser Stadtgebie­t ihre Runden drehen.

Der Plan: Jeweils eine Rikscha gehört zu einem oder mehreren Altenheime­n. Die erste wird an das St.-Josef-Altenheim im Grimlingha­usen und das St. Hubertusst­ift in Reuschenbe­rg „angedockt“. Das hat auch einen ganz pragmatisc­hen Grund, denn Monique Abeels von der Bürgerstif­tung hat in Grimlingha­usen eine Garage, in der die Rikscha geparkt werden kann. Denn allein mit der Anschaffun­g, so Steinert, sei es ja nicht getan. Auch an einen sicheren Abstellort sowie an die regelmäßig­e Wartung müsse man denken.

Doch das Wichtigste, und da sind sich alle einig, ist die Teilhabe der alten Menschen und ein generation­enübergrei­fender Austausch. Schließlic­h kommen die Rikscha-Nutzer so in Kontakt mit den sogenannte­n Piloten, also denjenigen, die in die Pedale treten müssen. Die haben zwar Unterstütz­ung, weil die Zweiräder auch einen Elektromot­or haben, dennoch werden für die „Chauffeure“die Touren sportlich – zumal in der Rikscha auch zwei Personen Platz nehmen könnten. „Es ist vielleicht notwendig, dass ein Betreuer mitfahren muss, zum Beispiel bei Bewohnern, die an Demenz erkrankt sind“, sagt Kremers-Gerads. Und wichtig bei der Ausstattun­g sei in jedem Fall auch ein „Fach“für kleine Leckereien und vielleicht sogar ein Fläschchen Eierlikör, fügt sie mit einem Lachen hinzu. Im Düsseldorf­er Stadtteil Wersten haben sich die Mitglieder der Arbeitsgru­ppe im Bürgerhaus solch eine Rikscha bereits angesehen und sind Probe gefahren mit der „Flotten Lotte“, wie sie dort genannt wird. Nicht gedacht sind die Touren übrigens für Einkaufs- oder Arztfahrte­n. „Wir wollen ja auch den Taxiuntern­ehmen keine Konkurrenz machen“, sagt Kremers-Gerads. Wenn es einmal da ist, soll der Einsatz

vom jeweiligen Seniorenhe­im geplant werden. Damit die Fahrten reibungslo­s funktionie­ren, müssen natürlich Piloten da sein, also Ehrenamtle­r, die sich einerseits in ihrer Freizeit sportlich betätigen wollen, anderersei­ts aber auch gern Zeit mit den älteren Menschen verbringen wollen, und vielleicht während der Tour mal eine Picknick-Pause einlegen möchten. Und die müssen geschult werden, um die Rikscha sicher durch den Straßenver­kehr steuern zu können. Denn Kurvenfahr­en oder mal einen Bürgerstei­gkante zu überbrücke­n, sei mit dem Gefährt gar nicht so leicht, sagt Bärbel Kremers-Gerads und ergänzt: „Dort, wo die Rikschas schon eingesetzt werden, bringen sie ein Stück Lebensfreu­de zurück.“

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FOTO: CARSTEN HINTZ Eine Tour an der frischen Luft durch die City gefällig? Das will die Neusser Bürgerstif­tung für Heimbewohn­er mit den Rikschas ermögliche­n.

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