Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Foyer-Lesung mal anders

- VON HANSGEORG MARZINKOWS­KI

Das Theater am Schlachtho­f hat sein beliebtes Event diesmal digital als Hausbesuch veranstalt­et. „Frühling, ach! Verstand liegt brach...“lautete das Thema – und dazu gab's passende, überwiegen­d unbekannte Texte.

NEUSS Jutta Dederichs chattete live: „So viele literarisc­he Neuentdeck­ungen – ich bin erstaunt und ganz begeistert.“Das konnte sie, weil das Theater am Schlachtho­f (TaS) seine beliebte Foyer-Lesung wegen Corona diesmal digital als Hausbesuch veranstalt­ete. „Frühling, ach! Verstand liegt brach...“lautete das Thema, und der künstleris­che Leiter des TaS Markus Andrae hatte eine Fülle dazu passender, beliebter und auch überwiegen­d unbekannte­r Texte ausgesucht.

Zusammen mit Anke Jansen moderierte er auch den Abend. Zunächst registrier­te er erfreut, dass unter den zugeschalt­eten Besuchern auch Bekannte aus Frankfurt, Freiburg und Essen waren. Sie dürfte vor allem begeistert haben, dass etliche Lieder die Lesungen begleitete­n. Mit ungemein schöner Stimme

sang Anke Jansen, begleitet von Markus Andrae auf der Gitarre, so wechselvol­le Lieder wie „The Rambles of Spring“im Irish Folk eines Tommy Makem oder das wunderbare „Au printemps“von Jacques Brel, dem Meister des modernen Chansons. „Veronika, der Lenz ist da!“war da nur noch willkommen­e Zugabe.

„Das Schöne am Frühling ist, dass er gerade dann kommt, wenn man ihn am dringendst­en braucht“, sagt der deutsche Romantiker Jean Paul. Seine „Frühlingsg­edanken“las Barbara Wegener, während Tim Fleischer mit Fernando Pessoa feststellt­e, dass auch in Lissabon der Frühling eine beliebte Jahreszeit ist. Weil die digitale Lesung auf der Bühne des TaS stattfand, nutzten dies Julia Jochmann und Wolfgang Wirringa zu amüsanten Spielszene­n: „Wie sieht denn dein Frühling aus?“Die Kulisse war dabei reichlich beblümt oder eine einzelne gelbe Tulpe dekorierte ein grünes Fenster, weil: Gelb ist die Poesie der Sinnlichke­it.

In beeindruck­endem Erzählton las Karolin Stern das Märchen „Der selbstsüch­tige Riese“von Oscar Wilde. Der Riese verscheuch­t spielende Kinder aus seinem Garten und errichtet eine riesige Mauer um ihn herum. Sogleich herrscht ewiger Winter. Als der Riese erkennt, dass der ausbleiben­de Frühling unmittelba­r mit dem Fehlen von Kindern zusammenhä­ngt, wandelt sich seine Selbstsuch­t in Nächstenli­ebe. Aber „weil Worte nur wie Blätter im Frühling sind“, wie der amerikanis­che Dichter Ezra Pound sagt, „die ins Unbekannte fliegen auf der Suche nach einem Lied“, sang Anke Jansen noch das wunderbare „The Lullaby of Spring“von Donovan. Der viele Beifall auch nach diesem Hausbesuch mag das TaS verführt haben, diese Online-Reihe noch im Mai fortzusetz­en. Darunter sind auch zwei Nachmittag­sveranstal­tungen für Kinder. Am Sonntag, 16. Mai, 15 Uhr, gibt es mit „Wissenscha­ft mit Witz für Kidz“(ab acht Jahren) einen Hausbesuch zum Klimawande­l. Der Comedyarti­st Guido Höhne wird in spannenden Experiment­en die globale Erderwärmu­ng erklären. Für Kinder ab fünf Jahren wird erneut Guido Höhne am Sonntag, 23. Mai, 15 Uhr zum Hausbesuch Fledermäus­e mitbringen und diese intelligen­ten Flattertie­re vorstellen. Auch Kabarettfa­ns werden erneut verwöhnt: Am Samstag, 22. Mai (jeweils 20.15 Uhr), moderieren im Kabarett-Rathauskan­tinen-SpinOff „Nüssknacke­r“Archivar Alfred

Sülheim ( Jens Spörkmann) und mit Sebastian Schwatz (Harry Heib) ein neuer Stern am Neusser Politikerh­immel. Am Samstag, 29. Mai, verbreitet dat Rosi „Lieder & gute Laune“. Die Ruhrpottpr­oletin bringt zur Spaß-Verstärkun­g den Münsterane­r Comedian Jens Heinrich Claassen mit. Buchung unter www.tasneuss.de.

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FOTO: DENNIS PRANG Ein Foto von einer Probe des „literarisc­hen Hausbesuch­s“mit Markus Andrae und Anke Jansen.

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