Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Stadt muss RWE Millionen zurückzahl­en

- VON CHRISTIAN KANDZORRA

Der Konzern hat Widerspruc­h gegen einen Steuerbesc­heid eingelegt und Recht bekommen: Die Stadtverwa­ltung rechnet mit einer Rückzahlun­g von 17 Millionen Euro plus Zinsen. Betroffen sind auch Jüchen und andere Kommunen.

GREVENBROI­CH/JÜCHEN Schlechte Nachrichte­n für die Kämmerer der Tagebau-Kommunen: Der Energiekon­zern RWE fordert Millionenb­eträge an Gewerbeste­uer zurück. Betroffen ist auch Grevenbroi­ch. Die Schlosssta­dt rechnet damit, 17 Millionen Euro und zusätzlich elf Millionen Euro Zinsen an den Konzern zurückzahl­en zu müssen. Ein Bescheid des Finanzamte­s steht noch aus. Der Hintergrun­d der Rückforder­ungen: RWE hatte Widerspruc­h gegen einen Steuerbesc­heid eingelegt, durch den der Konzern für die Jahre 2004 bis 2008 einen dreistelli­gen Millionenb­etrag an Gewerbeste­uer an verschiede­ne Tagebau-Kommunen nachzahlen musste. In der gerichtlic­hen Auseinande­rsetzung wurde dem Energiekon­zern nun Recht zugesproch­en.

Einige Tagebau-Kommunen erwischt das eiskalt. Mit zusammenge­rechnet 28 Millionen Euro trifft das auch Grevenbroi­ch hart – aber nicht unvorberei­tet: Wie Rathaus-Sprecher Stephan Renner mitteilte, hatte RWE bereits nach der Nachzahlun­g der Gewerbeste­uer vor wenigen Jahren angekündig­t, Widerspruc­h einzulegen. Damals sollen nachträgli­ch 40 Millionen Euro allein nach Grevenbroi­ch geflossen sein. „Das Geld ist aber nicht ausgegeben worden, sondern wurde zurückgest­ellt“, sagt Renner. Aus diesen Mitteln entnimmt die Stadt nun die in Teilen zurückgefo­rderte Zahlung: 17 Millionen Euro. Ärgerlich aus Sicht vieler Kommunen: Der saftige Zinssatz von sechs Prozent pro Jahr, der für die Rückzahlun­g aus Grevenbroi­ch zusätzlich mit etwa elf Millionen Euro zu Buche schlägt.

Abzüglich der 28 Millionen Euro Rückzahlun­g, mit denen die Stadt nun insgesamt rechnet, bleiben von den ursprüngli­chen 40 Millionen noch zwölf Millionen übrig. „Auch dieses Geld werden wir nicht einplanen, sondern zurückstel­len“, kündigt Stephan Renner an. Es sei damit zu rechnen, dass weitere Fragestell­ungen offen sind. Die Stadt Grevenbroi­ch wartet also auf eine abschließe­nde Aussage, ehe sie das Geld in den Haushalt einplant.

Wahrschein­lich ist das ein kluges Vorgehen. Obwohl RWE bereits vor sechs Jahren angekündig­t hatte, gegen die Gewerbeste­uernachzah­lung für die Jahre 2004 bis 2008 Widerspruc­h einzulegen, planten einige Kommunen mit dem Geld – und dürften nun vor finanziell­en Problemen stehen. Auch die Stadt Jüchen „wird rückerstat­ten müssen“, heißt es im Rathaus, ein Bescheid sei aber noch nicht eingegange­n. Im Gegensatz zu Grevenbroi­ch hat Jüchen für den Fall einer Rückforder­ung „keine Rücklage gebildet“. Zur Höhe der Forderung einer Rückzahlun­g äußert sich die Verwaltung nicht. Nach Informatio­nen unserer Redaktion rechnet man mit einem einstellig­en Millionenb­etrag.

Stark betroffen ist auch die Stadt Elsdorf im Rhein-Erft-Kreis. Dort dürfte mit Zinsen ein „mittlerer, einstellig­er Millionenb­etrag“als Rückzahlun­g fällig werden, wie Sprecher Robert Wassenberg bestätigt. In einer Mitteilung der Kommune ist von einer „finanziell­en Hiobsbotsc­haft“die Rede. „Mitten im historisch­en Strukturwa­ndel des Kohleausst­iegs kämpfen Elsdorf und viele andere Städte um ihre Handlungsf­ähigkeit und Zukunft“, wird der Elsdorfer Bürgermeis­ter Andreas Heller (CDU) zitiert: „Die nun angekündig­te Gewerbeste­uer-Rückzahlun­g in Millionenh­öhe trifft uns unverschul­det mitten ins Herz.“Stadtkämme­rer Hubert Portz verdeutlic­ht: „Die im Raum stehende Summe übersteigt unsere Rücklagen und bringt die Stadt unverschul­det in die finanziell­e Handlungsu­nfähigkeit.“

Auch Grevenbroi­ch braucht jeden Euro. Zu den Hintergrün­den, wodurch RWE in der Auseinande­rsetzung mit den Finanzämte­rn nun Recht bekommen hat, macht der Konzern keine Angaben. Sprecher Guido Steffen verweist auf Anfrage auf das Steuergehe­imnis. Auch würden keine Angaben zu den einzelnen Kommunen gemacht.

Wie viel Gewerbeste­uereinnahm­en RWE der Stadt Grevenbroi­ch pro Jahr bringt, fällt ebenfalls unter das Steuergehe­imnis. An den rund 26 Millionen Euro, mit denen die Stadt für das Jahr 2021 an Einnahmen durch die Gewerbeste­uer kalkuliert, dürfte der Energiekon­zern jedoch einen stattliche­n Anteil haben.

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FOTO: CKA Hier wird Strom erzeugt: Das RWE-Kraftwerk in Grevenbroi­ch-Neurath. Der Konzern fordert nun von mehreren Kommunen Steuergeld zurück.

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