Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Wie Unternehmer-Denken ins Rathaus kam
Johann-Josef Schmidt hat als Marketing- und Vertriebs-Profi ein neues Denken in die Wirtschaftsförderung der Verwaltung gebracht. Der 70-Jährige ist im Ruhestand agil, steht unter anderem auch vor Fernseh-Kameras.
ROMMERSKIRCHEN Wenn Johann-Josef Schmidt in seiner temperamentvollen Art loslegt, gibt es meist kein Halten mehr. Dann sprudelt es ohne Punkt und Komma nur so aus ihm heraus. Faszinierend sind die Daten, aufschlussreich die geknüpften Zusammenhänge, und die teils fein gesponnenen Details runden seine Sicht der Dinge aufs Trefflichste ab. Rommerskirchen-Eckum ist seine Heimat. Heute wohnt er in Grevenbroich. Wirtschafts- und Sozialwissenschaften hat der heute gut 70-Jährige einst studiert, drei geschlagene Jahrzehnte stand er in Amsterdam dem niederländischen Ölmulti Royal Dutch in Marketing und Vertrieb zu Diensten.
2007 hat ihn der damalige Rommerskirchener Bürgermeister Albert Glöckner als Wirtschaftsförderer angeheuert. „Du kommst aus der Industrie“, bekam der quirlige Business-Mann als Vertrauensvorschuss
„Mich kaputt zu kriegen, das ist verdammt schwierig“
Johann J. Schmidt Ex-Wirtschaftsförderer mit auf den Weg. Er sollte nicht mehr und nicht weniger leisten, als den Verwaltungsapparat der Gemeinde auf unternehmerisches Denken zu trimmen.
Herausforderungen gab es für den Neuling unter Beamten genug. Ein neues Gewerbegebiet sollte erschlossen werden. Und da wurde mit dem Formteile produzierenden Unternehmen Steland auch prompt ein Aushängeschild gefunden. „Die Verwaltung arbeitet am Sonntag nicht.“Das war für den Newcomer in der Amtsstube nicht unbedingt ein positives Aha-Erlebnis. Er selbst kannte die Denke der investierenden Neuansiedler, die zunächst überhaupt erst einmal ein Essential herausfinden mussten: „Wo liegt Rommerkirchen überhaupt?“Längst blüht und gedeiht heute das Gewerbegebiet mit seiner famosen Lkw-Anbindung.
Jetzt ist Johann-Josef Schmidt Ruheständler, wenn auch ein recht agiler. Weit zurückreichende Verbindungen zum Potsdamer Filmemacher UfA haben ihm regelmäßige Film- und TV-Auftritte eingebracht. Als Komparse in einer RTL-Serie fing alles an, dann klopften ZDF und ARD an. Die im Jahr 1947 spielende Serie „Unsere wunderbaren Jahre“war mit ihren 18 Drehtagen für ihn ein regelrechtes Highlight. Darin spielte er „unterschiedliche Typen“, wie er sich einlässt. Auf Nachfrage nach seinem ganz privaten Typ kommt Erhellendes heraus: „Wissbegierig
bin ich und sehr aktiv.“Mit einiger Berechtigung versucht Ehefrau Heidi ihn oft genug zu bremsen: „Jetzt reicht es aber“,wirft sie mitunter ein.
Johann-Josef Schmidt hat mit seinen Impulsen die Wirtschaftsförderung in Romerskirchen in Schwung gebracht. Nicht zuletzt ist Bürgermeister Martin Mertens von der neunjährigen Schmidt-Ära (bis 2015) sehr angetan. Er hatte auch die Idee, diesen umtriebigen Manager einmal skizzieren zu lassen. Dabei kann es kaum gelingen, ein umfassendes Bild von dieser Unternehmer-Persönlichkeit hinzubekommen.
Charakterlich Wesentliches kommt auch bei seinen Hobbys zum
Vorschein. „Ich mache nur, was mir Spaß macht“, bekennt er und dokumentiert dabei kräftiges Selbstbewusstsein. Er segelt gern, ist im Club der ausgiebig kochenden Männer („das Dessert gibt es erst morgens um 3“) und betreibt Holzbildhauerei. Was kann einen derart in sich selbst ruhenden Mann auf die Palme bringen? „Maulende, muffige, sich beschwerende Menschen, die völlig antriebslos bleiben“, ist die Antwort. Begeisterung kommt auf, wenn ihm etwas gelungen ist. Er wird weiter filmen, möchte autobiografisch tätig werden und schließt die Unterhaltung mit einem herausplatzenden Lachen: „Mich kaputt zu kriegen, das ist verdammt schwierig.“