Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Joachim Lottmann über die Gegenwart
Roman Es ist immer schön, wenn Joachim Lottman einen neuen Roman veröffentlicht. Man bekommt dann nämlich endlich wieder Geschichten aus der unmittelbaren Gegenwart erzählt. Bei „Sterben war gestern“ist das genau so, da begegnet der in die Jahre gekommene Jugendforscher Johannes Lohmer der „Generation Greta“und versucht, sich einen Reim auf deren Themen zu machen. Er muss eine Studie darüber schreiben, also beschäftigt er sich mit Identitätspolitik und Klimawandel, und dann geht auch noch der Corona-Wahnsinn los. Lottmann gilt als einer der Erfinder jenes Stils, der irgendwann „Popliteratur“genannt wurde. Er schreibt ironisch, es geht schnell. Und wenn es ernst wird, merkt man es oft erst nicht, weil es so lustig klingt. „Sterben war gestern“ist jedenfalls ein heiteres Sittenbild der späten Merkel-Monate. Das Buch zeigt, dass Schelmenromane immer noch unbedingt zeitgemäß sind. hols angelegt ist und viele Tracks die Sechs-Minuten-Grenze reißen. Er empfindet einen Abend im Club nach; er drückt die Sehnsucht nach dem Zusammensein im Beat aus. Und in der Mitte dieser rund zwei Stunden legt Kaspar einige Bretter auf die Tanzfläche: den Hit „Conjure Superstar“von Maceo Plex etwa, „Take That“von Jürgen Paape auch und dann „Oblivion“
von Mano Le Tough und Who Made Who.
Kaspar feiert einige Größen der 2010er-Jahre, man begegnet Terranova wieder und Gus Gus. Und besonders schön ist, dass er das Ende wie jenen Moment inszeniert, in dem die Sonne wieder aufgeht und man nach getaner Nacht blinzelnd nach Hause diffundiert. Kaspar lässt das Finale dann sehr elegant ausfaden mit Ambient-Kompositionen von Ulf Lohmann und Andrew Thomas.
Philipp Holstein