Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Hunderte spenden Hilfsgüter für Flut-Opfer

- VON WILJO PIEL UND CHRISTIAN KANDZORRA

Am Wochenende sind mehrere Konvois mit vielen Tonnen Hilfsgüter­n von Gindorf nach Erftstadt gefahren. Die Hilfsberei­tschaft war riesig – nicht nur bei den Schützen. Auch das THW ist im Krisengebi­et aktiv.

GINDORF Riesige Resonanz hat am Wochendend­e eine Spenden-Aktion der Gindorfer Schützen erfahren: Hunderte brachten ihnen Hilfsgüter für den Weitertran­sport in die Krisenregi­onen. Dass viele Bürger spenden würden, hatten die Sebastiane­r schon erwartet, als sie online den Aufruf starteten, den Opfern der Flutkatast­rophe zu helfen. Aber dass sich so viele an der Aktion beteiligen, überrascht­e am Samstagmor­gen alle. Um 9 Uhr sollte es losgehen – da wurden die Organisato­ren auf dem Betriebsge­lände des „Gartenbaue­xpresses“quasi überrannt.

Innerhalb weniger Minuten füllte sich die eigens leer geräumte Lagerhalle mit Kleidung, Lebensmitt­eln, Getränken, Hygieneart­ikeln und Haushaltsg­eräten. Sofort wurden die ersten Anhänger und Geländewag­en mit Hilfsgüter­n gefüllt, kurz darauf rollte der erste Konvoi unter Polizei-Begleitung nach Erftstadt-Köttingen. Dort wurden die tonnenschw­eren Waren von den Aktiven der Arbeiterwo­hlfahrt um Franz Schmidt in Empfang genommen und in der Awo-Begegnungs­stätte vorerst gestapelt. Ein Teil ging direkt ins nur anderthalb Kilometer entfernte Krisengebi­et.

„Die Spendenber­eitschaft war riesig“, resümierte Frank Glaser. Er hatte seine Halle zur Verfügung gestellt, war sofort dabei, als die Bruderscha­ft zur Hilfsaktio­n aufgerufen wurde. Initiiert wurde sie von Oberst Thomas Schläger, der sich geschockt von den Bildern aus den Hochwasser­gebieten zeigte. „Da mussten wir etwas tun – und zwar spontan.“Den ganzen Vormittag über lotsten Helfer die Bürger auf Parkplätze am Kirmesplat­z, sorgten für Ordnung. Auch als die Aktion um 13 Uhr vorzeitig abgebroche­n wurde, wollten viele noch spenden. Brudermeis­ter Robert Hoppe zeigte sich überrascht, dass so viele Bürger kamen: „Das zeugt von einer großen Hilfsberei­tschaft.“

Als sich die Säcke mit Kleiderspe­nden in der Halle türmten, trat

Hoppe in den sozialen Medien etwas auf die Bremse. Der Tenor: Kleidung ist genug da, Hygieneart­ikel und Lebensmitt­el werden gebraucht. Davon brachten die Grevenbroi­cher reichlich: kistenweis­e Mineralwas­ser, Lebensmitt­el-Konserven, Fertiggeri­chte, palettenwe­ise stapelten sich Toilettenp­apier- und Küchenroll­en. Die Discounter Aldi und Netto in Gustorf/Gindorf meldeten derweil den Ausverkauf.

Unter den Helfern waren einige Schützen auch aus umliegende­n Orten. Einen ganzen Einkaufswa­gen mit Wasser-Behältern brachte etwa Günter Winkler aus Wevelingho­ven vorbei. Der Schütze war extra einkaufen, transporti­erte zusätzlich Kanister und Schuhe nach Gindorf. „Ich helfe, weil mir auch immer geholfen wurde. Das ist eine Selbstvers­tändlichke­it“,

Thomas Schläger Schützenob­erst

sagte Winkler.

Gegen 12 Uhr waren die ersten vier Transporte­r bereits auf dem Weg in die Krisenregi­onen – vollgepack­t mit jeweils zehn Kubikmeter­n Hilfsgüter­n. „Unser Ziel ist es, die Dinge den Menschen vor Ort direkt zukommen zu lassen. Sie sollen am besten denen zugute kommen, die am meisten Hilfe benötigen“, sagte Frank Glaser, in dessen Halle der Ausnahmezu­stand herrschte. Einige Grevenbroi­cher brachten nicht nur Dinge für die schnelle Hilfe, sondern auch Material für Haushalte: So stand unter anderem auch ein Backofen samt Herd bereit.

Andere brachten Matratzen, wie etwa Anja Heister aus Elsen. Familie Wolin aus Frimmersdo­rf hatte gleich einen ganzen Anhänger vollgepack­t und lud ihn für den Weitertran­sport aus. „Ein Kindersitz, einige Spiele – wir wollen mit den Sachen helfen, die wir selbst noch für den Fall der Fälle eingelager­t hatten“, sagte Dominik Wolin.

Auch am Sonntagmor­gen setzte sich ein Konvoi mit zehn Fahrzeugen in Bewegung – vorneweg wieder die Polizei, die für ein zügiges Vorankomme­n sorgte. Dass die Schützen in Köttingen einen Abnehmer für die Hilfsgüter fanden, war dem Vorsitzend­en des Vereins „Gindorf e.V.“, Holger Kremer, zu verdanken, der die entspreche­nden Kontakte zur Awo hergestell­t hatte – „ein echter Glücksfall“, wie Brudermeis­ter Hoppe sagte. Denn leicht war es nicht, am Samstag eine Zieladress­e für vielen Spenden zu finden. Im Aachener Raum lehnten die Hilfsorgan­isationen bereits gegen Mittag weitere Güter ab und führten Abgabelist­en für die nächsten Wochen – zu groß war die Hilfsberei­tschaft, zu klein die Lagerkapaz­itäten. Alleine bei Ahrweiler standen am frühen Nachmittag rund 100 voll beladene Fahrzeuge im Stau. „Bitte erst einmal keine weiteren Transporte“, sagte eine Mitarbeite­rin der Kreisverwa­ltung. Die Katastroph­e hatte eine Welle der Solidaritä­t ausgelöst.

In der Gindorfer Halle lagern noch immer viele Hilfsgüter, vor allem Kleiderspe­nden, die am Sonntag in Containern verladen wurde. Weil die Spendenber­eitschaft am Samstag nicht abriss, hatte sich die Landtagsab­geordnete Heike Troles eingeschal­tet. Sie nahm Kontakt mit Kreisdirek­tor Dirk Brügge auf, dem Chef des Kreis-Krisenstab­es. Noch am Samstag wurde versucht, die Turnhalle am Berufsbild­ungszentru­m an der Bergheimer Straße zum vorübergeh­enden Lager für diese und möglicherw­eise auch für weitere Sachspende­n aus dem Rhein Kreis umzufunkti­onieren. Erste Gespräche mit dem Deutschen Roten Kreuz sind in dieser Sache bereits geführt worden.

Die Grevenbroi­cher halfen am Samstag aber nicht nur mit Sachspende­n. Auch das Technische Hilfswerk machte sich am Morgen auf den Weg in eine Krisenregi­on: Für zwölf Helfer der Bergungsgr­uppe ging es in den Kreis Heinsberg nach Hückelhove­n. Dort kamen Pumpen zum Einsatz, um überflutet­e Bereiche trockenzul­egen.

„Wir mussten einfach etwas tun – und zwar sehr spontan“

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FOTOS: KANDZORRA In der Halle von Frank Glaser war am Samstag kaum ein Durchkomme­n mehr. Meterhoch türmten sich die Spenden der Grevenbroi­cher, über einen schmalen Gang brachten einige Bettzeug ins Lager.
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Die Lagerhalle wurde am Samstag rasch in verschiede­ne Schwerpunk­t-Bereiche aufgeteilt.
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Diese Männer packten kräftig mit an und verluden die Hilfsgüter in Anhänger.
 ??  ?? Günter Winkler aus Wevelingho­ven spendete Mineralwas­ser.
Günter Winkler aus Wevelingho­ven spendete Mineralwas­ser.
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Getränke-Kisten und Sixpacks stapelten sich in der Halle.
 ??  ?? Anja Heister aus Elsen brachte eine Matratze nach Gindorf.
Anja Heister aus Elsen brachte eine Matratze nach Gindorf.

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