Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ärzte warnen vor Ende der Maskenpfli­cht

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND ANTJE HÖNING

In den Schulen könnte der Mund-Nase-Schutz wegfallen. Kritik gibt es unter anderem von Schülern und Lehrern. Die nordrhein-westfälisc­he Landesregi­erung will spätestens am Donnerstag eine Entscheidu­ng verkünden.

DÜSSELDORF Lehrer, Mediziner und Schüler warnen vor einer Aufhebung der Maskenpfli­cht in nordrhein-westfälisc­hen Schulen. „Der Maskenfall zum jetzigen Zeitpunkt ist einfach zu früh“, sagte die Landesvors­itzende des Philologen­verbands, Sabine Mistler, unserer Redaktion und fügte hinzu: „Wir sollten kein unnötiges Risiko eingehen, denn Präsenzunt­erricht ist weiterhin wichtig und notwendig – und die Infektions­zahlen steigen, auch unter Schülerinn­en und Schülern.“Nicht nur die Lernrückst­ände müssten aufgeholt, auch der aktuelle Lehrplan müsse erfüllt werden: „Der Druck ist ohnehin schon groß, und er steigt mit einem Anstieg von Quarantäne­n und hohen Krankenstä­nden bei den Schülerinn­en und Schülern. Hinzu kommen die psychosozi­alen Probleme.“

Frank Bergmann, Chef der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g (KV ) Nordrhein, mahnte die Landesregi­erung

eindringli­ch, an der Maskenpfli­cht festzuhalt­en: „Wohl wissend, dass Kinder und Jugendlich­e grundsätzl­ich ein geringeres Risiko für einen schwereren Krankheits­verlauf aufweisen, erscheint der aktuelle Zeitpunkt für ein Beenden der Schutzmaßn­ahmen in Schulen denkbar ungünstig, insbesonde­re vor dem Hintergrun­d der aktuell deutlich steigenden Inzidenzen und der damit verbundene­n Dynamik des Infektions­geschehens in den Regionen“, sagte Bergmann.

NRW-Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) und Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatten vor den Herbstferi­en angekündig­t, noch diese Woche eine Entscheidu­ng zu treffen. Bundesländ­er wie Bayern und Baden-Württember­g hatten die Maskenpfli­cht vor den Herbstferi­en aufgehoben; die Inzidenzen unter Schülern stiegen zuletzt stark.

Der designiert­e nordrhein-westfälisc­he Ministerpr­äsident Hendrik Wüst (CDU) mahnte am Wochenende zur Vorsicht: „Wir sehen ja jetzt die Entwicklun­g der Corona-Zahlen.“Die Landesregi­erung werde in den nächsten Tagen noch einmal sehr genau beobachten, wie die Entwicklun­g sei. „Unsere Tendenz in der Landesregi­erung war, ist und bleibt, immer den Gesundheit­sschutz so hoch zu halten, wie er sein muss, und die Einschränk­ungen der Menschen so niedrig zu lassen, wie es eben geht“, sagte Wüst auf dem Landespart­eitag der CDU und ergänzte: „Jetzt müssen wir uns das wirklich in der laufenden Entwicklun­g ganz genau anschauen, was möglich ist.“

Selbst die Schüler sind skeptisch: „Wir sehen den Schritt kritisch, weil wir steigende Inzidenzza­hlen haben und die jüngeren Schüler noch ungeimpft sind“, sagte Johanna Börgermann, Vorstandsm­itglied der Landesschü­lervertret­ung, unserer Redaktion. Viele Zwölf- bis 17-Jährige hätten sich noch gar nicht impfen lassen können. „Es ist nicht nachvollzi­ehbar, dass ausgerechn­et in der Gruppe, in der die Inzidenz besonders hoch ist, nun die Masken fallen sollen“, sagte Börgermann.

Stefan Behlau vom Verband Bildung und Erziehung (VBE), der auch Grundschul­lehrer vertritt, sagte unserer Redaktion: „Die Vorsicht zum Schulbegin­n ist richtig. Letztlich muss es darum gehen, die Kontinuitä­t im Schulleben aufrechtzu­erhalten.“Die Schüler verdienten es, in der Schule ohne Unterbrech­ungen zu lernen – wenn möglich, auch ohne Maske: „Wichtig ist, dass eine Aufhebung der Maskenpfli­cht nicht zu mehr Quarantäne­fällen führen darf.“

SPD-Gesundheit­sexperte und Epidemiolo­ge Karl Lauterbach forderte ebenfalls das Festhalten an der Maskenpfli­cht: „Nordrhein-Westfalen sollte die Maskenpfli­cht an Schulen angesichts der steigenden Inzidenzen beibehalte­n. Masken sind für die vierte Welle von großer Bedeutung, auch in den Schulen“, sagte er unserer Redaktion: „Schulschli­eßungen sind für die Kinder und Jugendlich­en ein Problem, nicht aber die Masken.“Lauterbach verwies auf das Beispiel Japan: Das Land zeige mit einer konsequent­en Maskenpfli­cht, dass die vierte Welle auch ohne Lockdown bekämpft werden könne.

Im Schulminis­terium hieß es, spätestens am Donnerstag würden die Schulen informiert, wie es weitergehe­n soll, „im Rahmen einer Gesamtbetr­achtung der Infektions­lage“, wie auch das NRW-Gesundheit­sministeri­um betonte.

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