Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Absehbar keine Steuersenkungen
Scholz und Habeck schnallen den Gürtel eng – Entlastung gibt es nur beim Strompreis.
BERLIN Die sich abzeichnende Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP wird für Bürger und Firmen steuerpolitisch absehbar eine Enttäuschung: Im Wahlkampf von den Parteien in Aussicht gestellte Steuersenkungen wird es nach Angaben des amtierenden Finanzministers und möglichen nächsten Kanzlers Olaf Scholz zunächst nicht geben.
Die Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen durch eine Steuerreform sei nur bei steigenden Steuereinnahmen möglich, sagte der SPD-Kanzlerkandidat in der ARD. Er bekräftigte damit Festlegungen der Parteien nach ihren Sondierungen. Gleichlautend äußerte sich Grünen-Chef Robert Habeck.
Weil die FDP bei Steuererhöhungen nicht mitmache, gebe es derzeit keine Spielräume für Steuersenkungen: „Das muss man ehrlich sagen.“Habeck wird als Finanzminister gehandelt, falls die Grünen das Schlüsselressort bekommen. Wahrscheinlicher ist, dass FDP-Chef Christian Lindner zum Zuge kommt.
Wie SPD, Grüne und FDP das knappe Haushaltsgeld verteilen wollen, wird sich in den kommenden zwei Wochen zeigen. An diesem Mittwoch treffen sich die 22 Arbeitsgruppen erstmals in Berlin, um die fachliche Grundlage für einen Koalitionsvertrag zu erarbeiten. Die Leitungsrunde mit den Spitzen der Parteien soll erst im November wieder tagen. Die von der FDP geforderte komplette Abschaffung des SoliSteuerzuschlags
flog auf Druck von SPD und Grünen vom Tisch. Hier steht aber noch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts an.
Die FDP will die Steuer, die zum 1. Januar 2020 für mehr als 90 Prozent der Steuerzahler bereits ersatzlos gestrichen worden war, auf diesem Weg kippen. Scholz glaubt, dass die Soli-Erhebung für Topverdiener in Karlsruhe bestehen wird. Eine vollständige Streichung würde in den Bundeshaushalt ein Loch von mehr als zehn Milliarden Euro pro Jahr reißen. Völlig leer würden Verbraucher aber nicht ausgehen, betonten Scholz und Habeck. Durch die geplante Abschaffung der Ökostromumlage (EEG) werde eine vierköpfige Familie beim Strom um jährlich 300 Euro entlastet werden.