Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Immer mehr Messer bei Jugendlichen
Nach den jüngsten Attacken wird über ein Verkaufsverbot von Messern an Heranwachsende diskutiert.
DÜSSELDORF/DUISBURG Mehrmals am Tag kommen Jugendliche zu Thomas Krachhel-Dressler ins Geschäft, die ein Messer bei ihm kaufen wollen. „Man kann es echt kaum glauben, wie viele es sind. Manche fragen sogar nach Pistolen“, sagt er. „Ich kann das nicht verstehen und weiß auch nicht, wieso sie die Waffen haben wollen“, sagt der Duisburger Geschäftsmann, der in seinem Geschäft „Outdoor Dressler“unter anderem Messer verkauft. Verkaufen tut er die Messer aber nicht an Jugendliche – auch wenn er es dürfte, denn eigentlich dürfen die Heranwachsenden Messer kaufen, bis auf Ausnahmen. KrachhelDressler verzichtet aber freiwillig auf den Verkauf. „Ich finde, dass diese Messer nicht in die Hände von Jugendlichen gehören“, sagt er.
Krachhel-Dressler bestätigt mit seiner Darstellung eine Entwicklung, die auch die Polizei schon seit längerer Zeit beobachtet: Immer mehr Jugendliche und junge Männer führen auf der Straße ein Messer mit sich. „Wir müssen mittlerweile bei fast jeder Kontrolle damit rechnen, dass die Person ein Messer hat“, sagt Erich Rettinghaus, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. Wohin das führen kann, hat erst am Wochenende die Messerattacke in der Düsseldorfer Altstadt gezeigt. Dort war am frühen Samstagabend ein Jugendlicher durch mehrere Messerstiche schwer verletzt worden – er überlebte die Attacke mit viel Glück.
Ersten Erkenntnissen zufolge waren zwei Gruppen aneinandergeraten.
Experten kritisieren, dass kleinere Stichwaffen wie Klappmesser zu einfach zu erwerben seien. „Es ist eine politische Frage, die auf Bundesebene gelöst werden muss: Will man den Verkauf von Messern strenger reglementieren oder nicht?“, fragt Michael Mertens, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei in NRW. Ihm geht es um die kleinen Messer, die in eine Handtasche passen und nicht weiter auffallen; um Spring-, Klapp- und Taschenmesser. Nur eine grundsätzliche Erhöhung des Mindestalters auf 18 Jahre für den Kauf von allen Messern würde nicht viel bringen, meint er. „Das würde nur eine kleine Gruppe ausschließen. Die Klientel, um die es geht, ist älter. Die könnten ihre Messer dann weiterhin problemlos kaufen“, sagt Mertens.
Erich Rettinghaus spricht sich für deutlich mehr Kontrollen und härtere Strafen aus. „Jeder in der Düsseldorfer Altstadt muss damit rechnen, jederzeit kontrolliert zu werden. Wenn Gruppen zusammenstehen und stören, müssen sie sofort kontrolliert werden“, so Rettinghaus. Wer mit einem Messer erwischt werde, müsse zudem hart bestraft werden – mit einem Platzverbot und einem Bußgeld von mindestens 250 Euro. „Man überlegt dann zweimal, ob man ein Messer mit sich führt oder nicht“, so Rettinghaus.
Diskutiert wird auch, ob die Messer womöglich zu stark in den Auslagen der Geschäfte beworben werden, und ob die Einzelhändler mehr tun könnten, um den Kauf von Messern zu erschweren. Doris Lewitzky vom Einzelhandelsverband Niederrhein hält das für den falschen Ansatz: „Es ist sicherlich nicht richtig, zu sagen: Wenn man so etwas nicht bewirbt, dann gibt es keine Kriminalität“, sagt sie: „Kein Einzelhändler wirbt damit, mit einem Messer eine kriminelle Handlung zu begehen. Messer sind ein Teil des Warenbestandes.“
Thomas Krachhel-Dressler würde es begrüßen, wenn auch andere Einzelhändler ihre Messer freiwillig nur noch an Erwachsene verkaufen würden. „Man muss nämlich grundsätzlich leider sagen: Jugendliche kommen zu leicht an Messer ran“, sagt er.