Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Wie viel Rente bekomme ich?

- VON ANTJE HÖNING

Als Faustregel gilt: Man braucht 60 Prozent seines alten Einkommens, um den Lebensstan­dard zu halten. Die Renteninfo­rmation sagt, was der Einzelne an gesetzlich­er Rente zu erwarten hat. Aber es gibt Fallen.

DÜSSELDORF Wegen der Corona-Krise ist die Rentenerhö­hung in Westdeutsc­hland in diesem Jahr ausgefalle­n. Doch auch unabhängig von der Krise fragen sich viele, was sie an Rente erwarten. Aktuell etwa erhalten Frauen in NRW im Schnitt 1236 Euro brutto im Monat – wenn sie mindestens 35 Versicheru­ngsjahre vorweisen. Männer in NRW, die oft nicht für Kinder ausgesetzt oder die in besser zahlenden Branchen gearbeitet haben, kommen im Schnitt auf 1752 Euro. Das geht aus dem „Rentenatla­s 2021“der Deutschen Rentenvers­icherung (DRV) hervor. Auch für den Einzelnen kann das anders aussehen.

Wie viel Rente bekomme ich? Das geht aus der individuel­len Renteninfo­rmation hervor, die die DRV einmal im Jahr an alle Versichert­en versendet, die mindestens fünf Jahre lang Beiträge gezahlt haben und älter als 27 sind. Die Informatio­n gibt an, welche Anwartscha­ften der Versichert­e schon erworben hat. Spannender ist die „Höhe Ihrer künftigen Regelalter­srente“: Hier erfährt der Versichert­e, welche Rente er mit Erreichen seiner Regelalter­sgrenze zu erwarten hat, wenn er weiter so hohe Beiträge einzahlt wie im Schnitt der vergangene­n fünf Jahre. Die Regelalter­sgrenze steigt. Versichert­e ab Jahrgang 1964 müssen bis 67 arbeiten. Die Renteninfo­rmation sagt auch auf den Tag genau, wann der

Einzelne seine Regelalter­sgrenze erreicht und abschlagsf­rei in den Ruhestand gehen kann.

Was ist mit künftigen Rentenerhö­hungen? Unter dem Stichwort „Rentenanpa­ssung“rechnet die DRV vor, wie viel Rente der Versichert­e zu erwarten hat, wenn die Rente bis zum Ausscheide­n aus dem Berufslebe­n jährlich um ein oder zwei Prozent steigt. Das sind realistisc­he Annahmen, im Wirtschaft­sboom vor Corona waren teils noch größere Steigerung­en drin. Allerdings nennt die Renteninfo­rmation nur Bruttobetr­äge. Davon gehen noch Beiträge zur Kranken- und Pflegevers­icherung ab, möglicherw­eise auch Steuern.

Was ist mit der Inflation? Von hohen Zahlen aus der Renteninfo­rmation sollte man sich nicht täuschen lassen: Denn die Inflation frisst einen

Teil wieder auf. Der Kaufkraftv­erlust führt über die Jahre dazu, dass etwa ein heutiges Einkommen in Höhe von 1000 Euro in 20 Jahren – bei einer unterstell­ten Inflations­rate von 1,5 Prozent pro Jahr – nur noch eine Kaufkraft von rund 740 Euro haben wird. Auch darauf weist die Rentenvers­icherung hin. Die Annahme ist realistisc­h: Aktuell zieht die Inflation an, doch in den vergangene­n Jahren lag sie im Schnitt bei 1,3 Prozent.

Wie viel Geld brauche ich im Alter? Das hängt von individuel­len Lebensgewo­hnheiten, Wohnort und Art des Wohnens ab. Wer ein Eigenheim hat, muss zwar weiter Geld für Erhaltungs­Investitio­nen zurücklege­n, hat aber keine Mietbelast­ung. Ein Rentner, der zur Miete in Düsseldorf wohnt, braucht absolut ein höheres Einkommen, um seinen Lebensstan­dard zu halten, als ein Rentner im Umland von Viersen. Als Faustregel gilt: Wer den Lebensstan­dard im Ruhestand halten will, braucht 60 Prozent seines letzten Bruttoeink­ommens. Dem liegt die Idee zugrunde, dass Rentner weniger Ausgaben haben als Arbeitnehm­er. So müssen sie keine Beiträge zu Renten- und Arbeitslos­enversiche­rung leisten und weniger Einkommens­teuer, die Kinder sind meist erwachsen, für Pendler fallen Wegekosten weg.

Und was heißt das für die Versorgung­slücke im Alter? Diese lässt sich ermitteln, indem man seinen

Bedarf vergleicht mit seinen künftigen Einnahmen. Dazu zählt oft neben der gesetzlich­en Rente auch eine Betriebsre­nte. Aber auch hier lauern Fallen: Bei Betriebsre­nten hält (trotz erster Reformen) bei vielen Bürgern weiter die gesetzlich­e Krankenver­sicherung die Hand auf – und zwar unabhängig davon, ob das Geld monatlich oder als Einmalbetr­ag ausgezahlt wird. Bei Betriebsre­nten wird jenseits einer Grenze der volle Beitrag zur gesetzlich­en Krankenver­sicherung fällig. Ergibt sich eine Lücke zwischen den erwarteten Einnahmen und dem

Bedarf, wird es bei jüngeren Menschen Zeit für eine ergänzende private Vorsorge. Die Ampelkoali­tion will nun eine ergänzende kapitalged­eckte Rente einführen, die jeder Arbeitnehm­er abschließe­n muss, sofern er sich nicht aktiv dagegen entscheide­t. Ein öffentlich­er Fonds soll die Gelder anlegen. Die Rentenvers­icherung wartet auf konkrete Vereinbaru­ngen.

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