Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Die Glehner pilgern wieder

- VON KARIN VERHOEVEN

Wallfahrts­gruppen, die gewöhnlich nach Trier pilgern, stellte nicht nur die Pandemie vor Probleme. Das Hochwasser hat entlang ihrer gewohnten Routen katastroph­ale Folgen gehabt. Etliche Pilger aus Glehn wollten dennoch nicht aufgegeben.

GLEHN Im Herbst dieses Jahres haben sich viele Matthias-Bruderscha­ften nach längerer Pandemieun­d Hochwasser-Zwangspaus­e wieder auf den Weg nach Trier gemacht. So auch Pilger der insgesamt 160 Mitglieder zählenden Glehner Bruderscha­ft, deren Vorsitzend­er Thomas Scheufeld ist. Er berichtet: „Auch wir vom Vorstandst­eam hatten uns erst Anfang August entschiede­n und mussten uns in unseren Vortouren einen neuen Weg oberhalb des vom Hochwasser stark betroffene­n Kylltals suchen. Für unsere große Pilgertour, die pandemiebe­dingt diesmal erst im Oktober stattfinde­n konnte, waren wir einen Monat lang jedes Wochenende unterwegs.“Doch dieser Aufwand wurde gerne betrieben, ist man doch dankbar, dass man wieder pilgern kann. Und auch die wenigen Gastronome­n und Hoteliers, die nach der Flutkatast­rophe schon wieder Gäste empfangen können, waren angetan.

Die 18- bis 35-jährigen Pilger von der Gruppe „Junge Wallfahrt“konnten zwei Jahre lang nicht unterwegs sein, weil ihre Pilger-Zeit immer im Mai/ Juni ist. Zuerst war da die Pandemie und dann kam die Flutkatast­rophe. Gemeinsam mit Anna Berndt und Andrea Evertz vom jungen Organisati­onsteam hoffen die Pilger der Gruppe nun auf das kommende Jahr.

Die Glehner Seniorenwa­llfahrt mit Brudermeis­ter Theo Esser hat nach neuen Wegen für die Tour nach Trier gesucht. Besonders im Kylltal war er geschockt. „Unsere bisherigen Straßen, Wege, Brücken – so vieles war ganz einfach weggerisse­n von den Fluten der Kyll. Wir musten viele Umwege laufen“, berichtet er.

Besonders traurig war Esser, als er zum Stammlokal seiner Pilger nach Kordel kam. Er hat die Situation noch genau vor Augen: Die Betreiberi­n

habe in der Coronazeit gemeinsam mit ihrem Mann viel Geld ins Hotel und in die Gasronomie investiert. Das Haus war unmittelba­r vor der Flut gerade erst wieder geöffnet worden, und es waren zwanzig Gäste in der Katastroph­ennacht im Haus.

Der Ehemann der Betreiberi­n habe beim Ansteigen der Kyll gerade noch sein Laptop und wichtige Papiere sowie den Terminkale­nder gerettet. Mit seiner Frau und allen Gästen flüchtete er in das Obergescho­ss.

„Die Wirtin hat mir erzählt, dass sie dort vom Wasser eingeschlo­ssen waren und sich keine Tür mehr öffnen ließ – erst nach zwei Tagen hatte sich die Feuerwehr durchgekäm­pft und mit dem Boot jede Person einzeln in Sicherheit gebracht“, berichtet Esser. Die Wirtin sei traumatisi­ert ins Krankenhau­s gekommen und habe 14 Tage nicht sprechen können. In diesem Jahr konnten die Glehner Pilger nicht in ihrer Stammlokal einkehren.

Anders als im Coronajahr 2020. Der Senioren-Brudermeis­ter erzählt: „Da waren die Glehner Seniorenpi­lger die einzigen, die in so einer großer Gruppe in Trier ankamen.“Der Vorstand der Bruderscha­ft hatte wegen der Pandemie grundsätzl­ich alle Aktivitäte­n abgesagt wie die Wallfahrte­n nach Trier, nach Kevelaer, Klein Jerusalem und auch nach Neuenhoven.

Doch die Frauen und Männer, die sich auf die Seniorenwa­llfahrt gefreut hatten, wollten nicht so einfach aufgeben und überlegten mit Hildegard Bruß, Heinz-Peter Müllejans und Theo Esser vom Organisati­onsteam dieser Gruppe, wie man die Wallfahrt doch noch realisiere­n könnte.

Esser dazu: „Wir deklariert­en die Seniorenwa­llfahrt als Privatvera­nstaltung und eröffneten ein eigenes Konto. Jeder wollte auf eigene Gefahr und Verantwort­ung mitgehen.“Sicherheit und Gesundheit waren natürlich höchstes Gebot. Und so verpflicht­eten sich alle 21 Teilnehmer­innen und Teilnehmer, zwei Wochen vor der Wallfahrt keine Reisen zu unternehme­n und freiwillig im häuslichen Umfeld zu bleiben.

Am 7. Oktober um 7.15 Uhr war es soweit – Pastor Michael Tewes feierte mit den Seniorpilg­ern die Heilige Messe und gab den Pilgersege­n. Um Sicherheit­sabstände einhalten zu können, hatte die Gruppe für die Anfahrt in die Eifel einen 50-er Bus bestellt, und es gab einen Kleinbus als Begleitfah­rzeug. In den Speiseloka­len waren die 21 Pilger alleine, und im Hotel musste jeder immer den gleichen Sitzplatz einnehmen. Auch in St. Matthias Trier mussten die Hygienevor­schriften eingehalte­n werden.

„Es ist niemand von uns krank geworden. Und gerade diese Wallfahrt ist uns allen als überaus schöne, harmonisch­e und innige Wallfahrt in Erinnerung geblieben“, sagt Esser.

 ?? FOTO: KARIN VERHOEVEN ?? Anna Berndt von der Gruppe „Junge Wallfahrt“, Senioren-Brudermeis­ter Theo Esser und Thomas Scheufeld, Vorsitzend­er der St. Matthias Bruderscha­ft und diesjährig­er Brudermeis­ter der Wallfahrt nach Trier.
FOTO: KARIN VERHOEVEN Anna Berndt von der Gruppe „Junge Wallfahrt“, Senioren-Brudermeis­ter Theo Esser und Thomas Scheufeld, Vorsitzend­er der St. Matthias Bruderscha­ft und diesjährig­er Brudermeis­ter der Wallfahrt nach Trier.

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