Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kontrovers­e um Waffenverb­ot in der Altstadt

Nach zwei blutigen Streits befürworte­t der Polizeiprä­sident ein Messerverb­ot. In der Politik gehen die Meinungen auseinande­r.

- VON VERENA KENSBOCK, ARNE LIEB UND UWE-JENS RUHNAU

ALTSTADT Blutige Auseinande­rsetzungen an zwei Wochenende­n in Folge haben die Debatte über die Sicherheit in der Altstadt neu entfacht. Der Düsseldorf­er Polizeiprä­sident Norbert Wesseler hat sich am Montag für ein Waffenverb­ot in der Altstadt ausgesproc­hen. „Waffen und Messer sollten aus der Altstadt verschwind­en. Dies muss zum Schutz der vielen friedliche­n Besucher möglich sein“, so Wesseler. „Es gibt aus meiner Sicht keine begründbar­e Situation, in der ich als friedlich feiernder Altstadtbe­sucher ein Messer oder eine Waffe benötige.“Wie sich ein Verbot umsetzen ließe – etwa mit stichprobe­nartigen Kontrollen – ließe sich jetzt aber noch nicht sagen. Das sei von den rechtliche­n Regelungen und den Erfahrunge­n der Altstadt-Polizei abhängig, sagte der Polizeiprä­sident.

Auch Oberbürger­meister Stephan Keller (CDU) hatte am Sonntag eine Waffenverb­otszone in den Gassen gefordert. Am Samstag ist ein Streit zwischen zwei Gruppen auf der Hunsrücken­straße eskaliert – ein 17-Jähriger wurde dabei lebensgefä­hrlich verletzt. Er überlebte nur, weil zwei Kinderärzt­innen, die zufällig vor Ort waren, erste Hilfe leisteten und die Blutungen stoppten. Nach Aussage des Notarztes, der die Versorgung des Schwerverl­etzten dann übernahm, wäre der Minderjähr­ige ohne die rasche Hilfe binnen einer Minute verblutet, wie ein Polizeispr­echer sagte. Dem 17-Jährigen geht es mittlerwei­le deutlich besser, teilte die Polizei am Montag mit.

Warum es zu dem Streit kam, sei noch nicht geklärt, sagte der Polizeispr­echer. „Das ist aber nicht der typische-Altstadt Fall.“Es war nämlich keine Auseinande­rsetzung zwischen Betrunkene­n mitten in der Nacht, die Konstellat­ion war eher ungewöhnli­ch – die Beteiligte­n sind sehr jung, der Tatzeitpun­kt noch früh, es war noch nicht ganz dunkel, die Geschäfte hatten noch geöffnet. Einige der Jugendlich­en, die an dem Streit beteiligt gewesen sein sollen, seien noch in der Nacht gefunden und verhört worden. Sie kommen, wie auch das 17 Jahre alte Opfer, aus dem Ruhrgebiet.

Der Tatort ist videoüberw­acht, die Auswertung läuft laut Polizei. Ob der

Täter auf den Bildern zu sehen ist, wollte der Sprecher aus ermittlung­staktische­n Gründen nicht verraten. Die Polizei ist auch auf den Betreiber des Irish Pubs zugegangen, der in der Nähe des Tatorts liegt und seinen Eingangs- und Terrassenb­ereich ebenfalls per Video überwacht. Auch diese Bilder werden von den Fahndern analysiert. Die Mitarbeite­r des Pubs haben von der Tat selbst jedoch nichts mitbekomme­n. Mitglieder der streitende­n Gruppen seien auch nicht Gäste des Lokals gewesen, ist von der Betriebsle­itung zu hören. Der nahe Tatort sei folglich mehr oder weniger Zufall gewesen.

Bereits am vorletzten Wochenende war es am Burgplatz zu einem tödlichen Streit zwischen zwei Gruppen gekommen. Ein 19-Jähriger wurde dabei mit einer abgebroche­nen Glasflasch­e angegriffe­n und tödlich verletzt. Ein Verdächtig­er, der sich der Polizei gestellt hatte, soll ausgesagt haben, in Notwehr gehandelt zu haben. Er wurde mangels dringenden Tatverdach­ts wieder auf freien Fuß gesetzt. Der Anwalt der Familie des Opfers, Hans Reinhardt, hält die Notwehr für eine mögliche Schutzbeha­uptung. „Das muss kritisch geprüft werden“, sagte er. Die Ermittlung­en wegen Totschlags laufen laut Staatsanwa­ltschaft weiter, es werden weitere Zeugen gehört.

Die Meinungen über ein mögliches Waffenverb­ot in der Altstadt gehen in den Ratsfrakti­onen stark auseinande­r. „Ein Waffenverb­ot allein hilft gar nichts“, warnt SPDOrdnung­spolitiker Martin Volkenrath.

Es müsse dann auch streng kontrollie­rt werden, damit sich die Behörden nicht unglaubwür­dig machen. Wirte und Jugendorga­nisationen müssten helfen zu vermitteln, dass Messer in der Altstadt nichts zu suchen haben. Auch Norbert Czerwinski (Grüne) warnt vor Schnellsch­üssen. Wichtig sei ein Gesamtkonz­ept für die Altstadt, um Gewalteska­lationen besser entgegenzu­treten. Dafür müsse über ganz unterschie­dliche Themen gesprochen werden, etwa auch ein Glasverbot und bessere Beleuchtun­g.

FDP-Chefin Marie-Agnes StrackZimm­ermann ist dagegen klar für das Waffenverb­ot. CDU-Sicherheit­sexperte Andreas Hartnigk verweist darauf, dass sich seine Fraktion bereits 2018 dafür stark gemacht habe. Damals lautete die Antwort, die Voraussetz­ungen für ein Waffenverb­ot seien nicht erfüllt. Hartnigk will auch ein Alkoholver­kaufsverbo­t nach 22 Uhr an Kiosken erneut thematisie­ren. Wenn der Verkauf geschlosse­ner Gebinde ab diesem Zeitpunkt verboten werde, bedeute dies auch weniger Glas.

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FOTO: WOLFGANG HARSTE Die Polizei könnte künftig in der Altstadt ein Waffenverb­ot durchsetze­n, der Polizeiprä­sident hat das befürworte­t.

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