Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ein Pavianherz für ein menschlich­es Baby

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Die Operation, die der

Chirurg Leonard Bailey in Kalifornie­n im Oktober

1984 plante, war ein gefährlich­es Experiment – und wurde im Nachhinein als höchst unethisch bezeichnet. Der Mediziner hatte sich nach der Geburt der kleinen Elisabeth Fae an deren Mutter gewandt. Das Mädchen war nicht nur zu früh, sondern auch mit einem schweren Herzfehler geboren. Die Ärzte gaben dem Kind keine Überlebens­chancen. In dieser Situation machte Bailey der Mutter den Vorschlag, dem Säugling das Herz eines Pavians zu transplant­ieren. Bailey war ein erfahrener Transplant­ationsmedi­ziner, der seit einer Weile an sogenannte­n Xenotransp­lantatione­n forschte: Organspend­en zwischen verschiede­nen Spezies, in diesem Fall von einem Tier an einen Menschen. Bailey begründete seinen riskanten Plan unter anderem damit, dass das Baby so kurz nach der Geburt möglicherw­eise noch kein ausgereift­es Immunsyste­m haben würde, um das fremde Organ abzustoßen. Am 26. Oktober, zwei Wochen nach der Geburt von „Baby Fae“, wie die Medien das kleine Mädchen nannten, war es so weit. Bailey implantier­te ihr das etwa pflaumengr­oße Herz eines Pavians. Das Organ arbeitete im Körper des Mädchens, und kurzfristi­g schien tatsächlic­h eine Besserung einzutrete­n. Dann begann eine heftige Abstoßungs­reaktion, die von keinem Medikament aufgehalte­n werden konnte. Elisabeth Fae starb 20 Tage nach der Operation. Heute gilt ihr Fall als ein Beispiel für ungenügend­e ethische Kontrolle, die es einem Chirurgen ermöglicht hat, in einer angesehene­n Klinik und vor der Weltöffent­lichkeit ein Menschenex­periment durchzufüh­ren.

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