Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Corona beherrscht den Praxisallt­ag

In der Pandemie sind Hausärzte in Rommerskir­chen stark belastet. Telefonlei­tungen sind oft belegt.

- VON MELANIE VAN SCHYNDEL

ROMMERSKIR­CHEN In den Arztpraxen in der Gemeinde Rommerskir­chen ist es auch nicht anders als im Rest des Landes: „Corona ist nach wie vor das Hauptthema bei den Patienten“, erzählt Hausarzt Rainer Friebe von der Praxis am Gillbach. „Zwei von drei Patienten kontaktier­en uns im Zusammenha­ng mit dem Virus.“Das sei schon eine erhebliche Belastung für alle Praxen. Alleine das Telefonauf­kommen sei so hoch, dass an einem Montagmorg­en bis zu 400 Anrufe eingehen und die Praxis kaum erreichbar ist. „Das ist für die Patienten ärgerlich und für das Personal stressig, weil sich natürlich auch Patienten beschweren und nicht immer freundlich sind. Aber wir sind motiviert und schaffen das“, versichert Friebe.

Organisato­risch sei es eine Herausford­erung, die infektiöse­n Patienten nicht in Kontakt mit anderen kommen zu lassen, die zum Beispiel zu Vorsorgeun­tersuchung­en kommen. „Schon zu Beginn der Pandemie haben wir eine Infektions­sprechstun­de eingeführt, um größtmögli­che Sicherheit für alle Patienten zu bieten.“Die Sprechstun­de ist gut besucht, oftmals werden PCR-Tests durchgefüh­rt, um eine mögliche Infektion mit dem Coronaviru­s abklären zu lassen. Etwa die Hälfte der entnommene­n Abstriche seien positiv. „Und die Omikron-Welle

ist noch im Anstieg begriffen“, so der Mediziner. Friebe geht davon aus, dass Ende Februar/Anfang März der Zenit der Welle erreicht sein wird. „Ich denke, die Infektions­häufigkeit wird dann wieder abnehmen.“Wenngleich Omikron für jüngere Menschen nicht so kritisch sei, müssten ältere und gefährdete Menschen weiterhin gut geschützt werden, denn für die sei das Virus nach wie vor sehr gefährlich.

Insgesamt sehe man aber, dass die Krankheits­verläufe deutlich milder verlaufen als noch mit der Delta-Variante. „Das ist vor allem dank der Impfungen so“, sagt er. Die Impfquote bei den Stammpatie­nten in der Gemeinscha­ftspraxis, in der zwei weitere Ärzte tätig sind, schätzt er bei 70 bis 80 Prozent. „Inklusive Booster-Impfungen.“Menschen, die bisher noch nicht geimpft sind, rät er, sich „unbedingt impfen zu lassen.“Da müsse die Politik Wege finden, die restlichen 25 Prozent der Bevölkerun­g zu überzeugen. „Ich bin nicht unbedingt ein Freund der Impfpflich­t“, sagt er. „Da muss man andere Wege finden“, meint Friebe. Der Totimpfsto­ff Novavax werde voraussich­tlich Ende Februar auf den

Markt kommen und könnte seiner Ansicht nach noch einige Impfkritik­er überzeugen. Der Mediziner versichert aber, dass alle derzeit zugelassen­en Impfstoffe sicher und gut verträglic­h sind. Ein immer noch gängiges Vorurteil kann er ausräumen: „mRNA-Impfstoffe greifen nicht ins Erbgut ein“, betont er. Und kurzfristi­ge Impfreakti­onen zeigten nur, dass die Impfung funktionie­rt.

Schade findet der Mediziner, dass das Personal in den niedergela­ssenen Praxen von der Politik vernachläs­sigt worden sei: Klinikpers­onal bekommt als Anerkennun­g für die besondere Belastung einen staatliche­n Corona-Bonus ausgezahlt, das Praxispers­onal geht leer aus. „Die Helferinne­n in den Praxen sind stark belastet, ohne sie würde nichts funktionie­ren“, sagt der Arzt. „Wir sind die erste Front, über die die Welle schwappt.“Es sei nur fair, wenn das von der Politik anerkannt würde. Auch den Informatio­nsfluss findet Friebe oft ungünstig. „Ich erfahre oft von neuen Regelungen des RKI oder der Politik aus der Presse“, erzählt er. „Ich würde mir wünschen, dass zunächst Ärzte und Fachperson­al informiert werden, um besser auf Patienten reagieren zu können.“Für die nächsten Wochen brauchen Bürger noch Geduld und einen „langen Atem“, wie Rainer Friebe sagt. Aber er blickt optimistis­ch auf das Frühjahr: „Es wird sich alles regeln.“

„Wir sind die erste Front, über die in der Pandemie die Welle schwappt“Rainer Friebe Hausarzt Praxis am Gillbach

 ?? FOTO: G. SALZBURG ?? Mathias Roehl, Christiane Felis und Rainer Friebe (v.l.n.r.) kümmern sich in der Praxis am Gillbach um ihre Patienten. Derzeit sind viele mit Corona infiziert.
FOTO: G. SALZBURG Mathias Roehl, Christiane Felis und Rainer Friebe (v.l.n.r.) kümmern sich in der Praxis am Gillbach um ihre Patienten. Derzeit sind viele mit Corona infiziert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany