Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Corona beherrscht den Praxisalltag
In der Pandemie sind Hausärzte in Rommerskirchen stark belastet. Telefonleitungen sind oft belegt.
ROMMERSKIRCHEN In den Arztpraxen in der Gemeinde Rommerskirchen ist es auch nicht anders als im Rest des Landes: „Corona ist nach wie vor das Hauptthema bei den Patienten“, erzählt Hausarzt Rainer Friebe von der Praxis am Gillbach. „Zwei von drei Patienten kontaktieren uns im Zusammenhang mit dem Virus.“Das sei schon eine erhebliche Belastung für alle Praxen. Alleine das Telefonaufkommen sei so hoch, dass an einem Montagmorgen bis zu 400 Anrufe eingehen und die Praxis kaum erreichbar ist. „Das ist für die Patienten ärgerlich und für das Personal stressig, weil sich natürlich auch Patienten beschweren und nicht immer freundlich sind. Aber wir sind motiviert und schaffen das“, versichert Friebe.
Organisatorisch sei es eine Herausforderung, die infektiösen Patienten nicht in Kontakt mit anderen kommen zu lassen, die zum Beispiel zu Vorsorgeuntersuchungen kommen. „Schon zu Beginn der Pandemie haben wir eine Infektionssprechstunde eingeführt, um größtmögliche Sicherheit für alle Patienten zu bieten.“Die Sprechstunde ist gut besucht, oftmals werden PCR-Tests durchgeführt, um eine mögliche Infektion mit dem Coronavirus abklären zu lassen. Etwa die Hälfte der entnommenen Abstriche seien positiv. „Und die Omikron-Welle
ist noch im Anstieg begriffen“, so der Mediziner. Friebe geht davon aus, dass Ende Februar/Anfang März der Zenit der Welle erreicht sein wird. „Ich denke, die Infektionshäufigkeit wird dann wieder abnehmen.“Wenngleich Omikron für jüngere Menschen nicht so kritisch sei, müssten ältere und gefährdete Menschen weiterhin gut geschützt werden, denn für die sei das Virus nach wie vor sehr gefährlich.
Insgesamt sehe man aber, dass die Krankheitsverläufe deutlich milder verlaufen als noch mit der Delta-Variante. „Das ist vor allem dank der Impfungen so“, sagt er. Die Impfquote bei den Stammpatienten in der Gemeinschaftspraxis, in der zwei weitere Ärzte tätig sind, schätzt er bei 70 bis 80 Prozent. „Inklusive Booster-Impfungen.“Menschen, die bisher noch nicht geimpft sind, rät er, sich „unbedingt impfen zu lassen.“Da müsse die Politik Wege finden, die restlichen 25 Prozent der Bevölkerung zu überzeugen. „Ich bin nicht unbedingt ein Freund der Impfpflicht“, sagt er. „Da muss man andere Wege finden“, meint Friebe. Der Totimpfstoff Novavax werde voraussichtlich Ende Februar auf den
Markt kommen und könnte seiner Ansicht nach noch einige Impfkritiker überzeugen. Der Mediziner versichert aber, dass alle derzeit zugelassenen Impfstoffe sicher und gut verträglich sind. Ein immer noch gängiges Vorurteil kann er ausräumen: „mRNA-Impfstoffe greifen nicht ins Erbgut ein“, betont er. Und kurzfristige Impfreaktionen zeigten nur, dass die Impfung funktioniert.
Schade findet der Mediziner, dass das Personal in den niedergelassenen Praxen von der Politik vernachlässigt worden sei: Klinikpersonal bekommt als Anerkennung für die besondere Belastung einen staatlichen Corona-Bonus ausgezahlt, das Praxispersonal geht leer aus. „Die Helferinnen in den Praxen sind stark belastet, ohne sie würde nichts funktionieren“, sagt der Arzt. „Wir sind die erste Front, über die die Welle schwappt.“Es sei nur fair, wenn das von der Politik anerkannt würde. Auch den Informationsfluss findet Friebe oft ungünstig. „Ich erfahre oft von neuen Regelungen des RKI oder der Politik aus der Presse“, erzählt er. „Ich würde mir wünschen, dass zunächst Ärzte und Fachpersonal informiert werden, um besser auf Patienten reagieren zu können.“Für die nächsten Wochen brauchen Bürger noch Geduld und einen „langen Atem“, wie Rainer Friebe sagt. Aber er blickt optimistisch auf das Frühjahr: „Es wird sich alles regeln.“
„Wir sind die erste Front, über die in der Pandemie die Welle schwappt“Rainer Friebe Hausarzt Praxis am Gillbach