Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
In privater Mission in die Partnerstadt
Offiziell feiert Neuss erst im Herbst das Goldjubiläum seiner Städtepartnerschaft mit Châlons-enChampagne. Doch Vereine und Privatleute ergreifen schon die Initiative und stellen zu dem Ereignis etwas auf die Beine.
NEUSS/CHALONS Der Geburtstag war schon, aber gefeiert wird später: Am 10. Juni 1972 unterzeichneten der damalige Oberbürgermeister Herbert Karrenberg und sein französischer Amtskollege Jean Degraeve die Urkunden, die die Städtepartnerschaft zwischen Neuss und Châlons-enChampgne, das damals noch Châlons-sur-Marne hieß, besiegelten. Die gegenseitigen Besuche der offiziellen Delegationen sind Mitte beziehungsweise Ende September geplant, doch rechtzeitig zum Termin hat es Hakan Temel in die erste und älteste Partnerstadt geschafft. „Ohne Mandat, ganz inoffiziell“, wie er betont. Drei Tage war er vor Ort.
Temel, seit Ende 2020 Vorsitzender des Komitees für Partnerschaften und internationale Beziehungen, hat sich für seine erste Amtszeit vorgenommen, die europäischen Partnerstädte zu bereisen. „Gerne mit dem Auto, gerne auch privat“, sagt der SPD-Stadtverordnete, der über Fronleichnam ins kroatische Rijeka – Partnerstadt seit 1990 – gereist ist.
In Châlons sei die Vorfreude auf den Besuch der Neusser groß, die vom 30. September bis 2. Oktober erwartet werden, berichtet Temel. Denn sein privater Besuch bekam schnell etwas Halboffizielles, als er kurz nach seiner Ankunft eher zufällig beim monatlichen Stammtisch der Ami C‘allemand landete, dem Partnerschaftsverein. Dort wurde er – angekündigt vom Deutsch-französischen Kulturkreis und mit NeussPräsenten aus der Tourist-Info im Gepäck – gut aufgenommen und erfuhr erste Details über die Jubiläumsfeierlichkeiten in Châlons.
In Neuss haben das Jubiläum auch schon viele im Visier. Das Partnerschaftskomitee billigte Anfang Mai das Programm für den „Bus nach Châlons“, der seit gut zwei Jahrzehnten Menschen nach Nordfrankreich bringt, die sonst keinen Zugang – etwa über Vereine – zu dieser Städtepartnerschaft haben. Anfang Juni stiftete der Kulturkreis aus Anlass des Jubiläums eine Bank, die nun an einer Boulé-Bahn im Jahnstadtion steht. Und die Jugendabteilung der DJK Gnadental hat – ganz aktuell – an diesem Wochenende drei Jugendmannschaften aus der französischen Partnerstadt zu Gast, um gemeinsame Trainingseinheiten und Freundschaftsspiele zu absolvieren und am Sonntag mit dem letzten Spiel der Seniorenmannschaft deren Saisonabschluss zu feiern.
Die Städtepartnerschaft war in Neuss zuletzt im Juni vor zehn Jahren groß gefeiert worden. Es gab eine Chronik zur Geschichte dieser Freundschaft, eine Champagner-Sonderabfüllung und eine neue Ehrengabe, um Verdienste um Städtepartnerschaften auszuzeichnen. Diese wurde dem damaligen Bürgermeister Bruno Bourg-Broc verliehen. Der wiederum machte Neuss eine Fahne seiner Heimatstadt zum Geschenk. Zum Programm gehörten damals ein gemeinsamer Besuch der Klassiknacht im Rosengarten, Festakt und ein Abend der Begegnung. Aber auch viele Vereine und Verbände stellten zu dem Anlass etwas
Wir müssen die Potenziale von Städtepartnerschaften besser nutzen
Hakan Temel Vorsitzender des Komitees für internationale Beziehungen auf die Beine. Die Pfadfinder vom Stamm „Alfred Delp“etwa organisierten ein erstes EU-Camp.
Der Kontakt der Partnerstädte war eher zufällig zustande gekommen, vermittelt durch die Präsidentin des Deutsch-Französischen Jugendwerks. Unterzeichnet wurde die Partnerschaft aber erst, wie sich die langjährige Komiteevorsitzende Angelika Quiring-Perl erinnert, „nachdem die schulischen und sportlichen Kontakte etwas gereift waren“.
Die Gäste aus Châlon werden vom 16. bis 18 September in Neuss erwartet. Und Temel freut sich darauf. Auch wegen der gut funktionierenden Partnerschaft mit Châlons sei Neuss im vergangenen Jahr durch das Land als „Europaaktive Kommune“ausgezeichnet worden, erinnert er, fügt aber gleich hinzu: „Wir müssen die Potenziale von Städtepartnerschaften und europäischer Zivilgesellschaft stärker ausarbeiten und besser nutzen, um dem Friedensprojekt Europa dauerhaft gerecht werden zu können.“Er begrüßt daher, dass sich der Rat der Gemeinden und Regionen Europas für eine stärkere Förderung der kommunalen Familie und ihrer (Städte)-Partnerschaften ausgesprochen hat.